Fragt mich nicht, weshalb es mich immer wieder nach Indien zieht! Ist es hauptsächlich Auroville, die «universelle Stadt», die niemandem gehört und eigentlich ein grosses (wiederaufgeforstetes) Waldgebiet ist, das einzelne Siedlungen und Gemeinschaften beherbergt? Es gibt an diesem Ort viel Natur – und viel Platz. Es lebt ein offener, experimenteller Geist. Und es ist dort für mich als Rollstuhlfahrer für indische Verhältnisse doch recht bequem: Erste barrierefreie Strukturen sind am Entstehen. Es gibt Guest Houses unterschiedlichster Art: von der schlichten Baumhütte für ein paar Rupien, bis zum recht komfortablen Appartement. Einzelne Unterkünfte sind auch für mich brauchbar. Und man bewegt sich dort eben in «Indien light», einer milderen Form von Indien. Das gilt übrigens für ganz Südindien: Es ist sanfter, friedlicher, freundlicher, weniger drastisch auch als das restliche Indiens. Wobei natürlich auch das sehr pauschal gesprochen ist. Indien besteht aus 29 Bundesstaaten – immerhin. Und jeder Staat hat eine eigene Geschichte, eine eigene Bevölkerung, eine eigene Kultur.
Da ist aber noch mehr, das mich an Indien fasziniert: die uralte, dunkle und reiche Kultur, die – zugegeben – auch ihre Schattenseiten hat, aber eben auch ihre lichten; die Menschen, die trotz ihrer Vielzahl deutlich offener, kontaktfreudiger sind als hier bei uns. Es ist wärmer in Indien, nicht nur vom Klima her, auch im Umgang miteinander. Ich spreche hier von meinen ganz subjektiven Erfahrungen, und man könnte jeder Aussage erbitterte Argumente entgegenschleudern – vor allem wenn man Indien nie selbst erlebt hat. Auch das spirituelle Indien interessiert mich.
Nun zu meinen Plänen: Diesmal habe ich vor, auch real India zu bereisen, also das restliche Indien jenseits von Südindien (und Auroville), das ich inzwischen schon recht gut kenne. (Mehr dazu in meinem Tagebuch Indien 2009 und unter dem Stichwort Indien 2013.)
Auroville
Bild: Magda Wojtyra (CC-Lizenz) via flickr
Ab dem 9. Januar 2015 bin ich in Auroville: Ankommen und Einleben, Freunde und Bekannte besuchen, den aktuellen Puls von Auroville messen – das sind wohl die wichtigsten Eckpunkte hier. Ich werde «nur» etwa einen Monat in Auroville sein.
Kuzhuppilly
Danach, um den 10. Februar, etwa fünftägige Reise nach Kerala. Da der Bus aus naheliegenden Gründen nicht in Frage kommt, werde ich einen Chauffeur anheuern. Das ist zwar nicht billig, aber als Schweizer in Indien kann man sich das schon leisten. Auch diese Reise ist nicht wirklich Neuland. Sie funktioniert … Ideal wäre, wenn ich Rajendran dafür gewinnen könnte, den Taxifahrer, der mich das letzte Mal begleitet hat. Er kennt sich gut aus und kommt mit meinem Rollstuhl und mir bestens zurecht. Inzwischen hat er einen geschärften Blick, welche Unterkunft geeigneter ist und welche weniger. So richtig rollstuhlgängig sind aber die wenigsten. Es geht vielmehr darum, die Einschränkungen möglichst zu minimieren.
Die einzelnen Stationen/Zwischenhalte sind auf der Karte fett hervorgehoben. Auf den Tempel von Chidambaram freue ich mich besonders. Stundenlang möchte ich dort – allerdings etwas zurückgezogen in einer Ecke oder Nische sitzend – einfach nur zuschauen, hören, riechen … Mehr wird es nicht brauchen.
Nilgiri-Berge
Ziel der Reise ist Kuzhupilly, wo ich Beat und Gaby treffen werde. Mit ihnen geht ein paar Tage später die Reise weiter in die Nilgiri-Berge. Dort werden wir zu dritt etwa 14 Tage unterwegs sein, natürlich nicht immer auf Achse. Die Details ergeben sich vor Ort.
Hier schon mal ein Bild für einen ersten Eindruck (Bhavaniamman temple waterfalls von Indianature SG, CC-Lizenz via flickr):
Ernakulam – New Delhi – Varanasi
Dann machen wir einen grösseren Sprung Richtung Norden. Zuerst aber Rückkehr nach Kuzhuppilli. (Es ist inzwischen Anfang März 2015.) Gabi verlässt uns hier Richtung Schweiz. Beat und ich reisen mit dem Zug von Ernakulam, dem grössten Bahnhof in der Nähe, nach New Delhi: eine Zugreise ohne Umsteigen über 2’943 Kilometer, die rund 44 Stunden dauert. Man tut sich ja sonst nichts zuleide … Allerdings ist der Duronto-Express recht komfortabel. Und Sitzleder war für mich noch nie ein Problem.
Von New Delhi geht es zwei Tage später mit dem Zug nach Varanasi.
Die Route ist hier nur angedeutet.
Varanasi
Diese Stadt am Ganges hat mich immer angezogen. Nun werde ich sie besuchen können. Es geht um Tod und die Liebe zum Leben. Es geht um uralten Glauben und neue Geburt. Es geht um hinduistische Bestattungsriten und Hochzeitsfeiern. Varanasi ist wohl so etwas wie das hinduistische Mekka – und eine Art Essenz des alten, im Vergehen begriffenen Indien. Ob das stimmt, werden wir sehen. Auch wie lange wir bleiben, ist völlig offen. Vielleicht möchte ich schon nach ein paar Tagen fliehen, weil alles zuviel ist. Vielleicht bleiben wir auch bis kurz vor der Rückreise in die Schweiz – weil wir aus dem Staunen nicht mehr heraus kommen, weil wir nicht so schnell wieder nach Varanasi zurückkehren werden.
Bild: Varanasi, India, 2012 von Fabio Campo, (CC-Lizenz via flickr)
Was nach Varanasi kommt ist, wie oben angedeutet, noch völlig offen. Einziger Fixpunkt: Rückflug am 30. März von Delhi nach Frankfurt.
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