Reicher Mann und armer Mann

Reicher Mann und armer MannWenn Hochhäuser mittels Flugzeugen zum Einsturz gebracht werden, dann ist es für uns ganz selbstverständlich, dass diese Sache globale Folgen haben muss. Waffenlieferungen, Marionettenregimes und Klimawandel allerdings, also von den Industriestaaten gemachte Realitäten für Entwicklungsregionen, sollen bittesehr ohne Folgen für die Restwelt bleiben. Das ist die Doppelmoral, die uns heute begegnet, wenn wir uns in Europa vor Flüchtlingen verschanzen. Unsere Angelegenheiten der ganzen Welt; die ganze Welt ist jedoch nicht unsere Angelegenheit.

Endlich ist es so weit. Der Teil der Welt, der für den Wohlstand einer globalen Minderheit leiden muss, bricht auf in die Zonen, in denen es nach Lebensqualität duftet. Sie kommen nicht absichtlich, nicht mit Kalkül. Sie wurden getrieben. Europa bezahlt jetzt für eine Wachstumspolitik, die keine Nachhaltigkeit kannte. Für Ressourcenabbau, Verkarstung, politische Beeinflussung, Bestechung, Korruption und nicht zuletzt für einen exzessiven Waffenhandel. Wie lange hätte das noch gutgehen sollen? Einmal musste der Laden ja um die Ohren fliegen.
Nichts existiert in dieser Welt isolationistisch. Autismus ist eine Entwicklungsstörung, kein geiles Lebensgefühl, das einzuhalten völlig erstrebenswert ist. Wer das annimmt, wer heute so tut, als seien die Flüchtlingsströme eine quasi zufällige Laune von Völkern, die es vermasselt haben oder die einfach nur gierig sind, der hat nicht verstanden, dass wir alle denselben Planeten bevölkern. Eine Kugel, auf der man nichts tun kann, ohne im gleichen Zuge etwas anderes zu unterlassen. Oder andersherum. Alles was geschieht, das geschieht für alle. Reicher Mann und armer Mann / Standen da und sah'n sich an. / Und der Arme sagte bleich: / Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.

Abschottung ist in diesem Kontext nicht legitim. Es ist autistisch und die Verlängerung eines künstlichen Zustandes, in dem die westlichen Länder seit Jahrzehnten leben und florieren. Wer Flüchtlinge vermeiden will, der kann es nicht mit Auffanglager machen. Das rächt sich. Der muss Partizipation erlauben, darf nicht in die innenpolitischen Entwicklungen armer Staaten funken und muss die Entwicklungshilfe drastisch erhöhen. Solange zum Beispiel die Menschen, die auf Erdölreserven leben, genau aus diesem Grund ihrer Existenz in so einer Region besonders arm sind, darf man sich nicht wundern. Wenn man Quellen auch noch von Warlords bewachen lässt, die mit Waffen aus deutschen Schmieden ausgestattet sind, kann man in Sonntagsreden noch so viel von internationaler Solidarität sprechen. Dort fängt Asylpolitik an: Ursachen abstellen.
Nein, wir können nicht mehr alles haben: Profite durch Lieferung von Todeswerkzeug, Ausbeutung, Kulturimperialismus und zeitgleich diese in Unruhe geratenen Weltregionen zum Stillschweigen verdammen. Keine Chance. Irgendwann musste all das Folgen haben. Jetzt sind sie da.
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