Regierungssprecher Jens Weidmann erläutert der Welt die deutsche Position zur Eurozonen-"Rettung" (Euro-Rettung)


In seinem Hauptberuf ist Jens Weidmann (Wikipedia-Eintrag) bekanntlich Präsident der deutschen Bundesbank.
Liest man allerdings seinen langen Gastkommentar "Bundesbank-Chef zur Eurokrise. So wird der Euro stabil" heute auf der Webseite der Süddeutschen Zeitung, könnte man ihn glatt für den Pressesprecher der deutschen Bundesregierung halten.
Wenn man einmal davon absieht, dass wir mit dem übermorgen vom Deutschen Bundestag durchzuwinkenden Europäischen Stabilitäts Mechanismus (ESM) längst tief in den Sumpf einer europäischen Haftungsunion versenkt werden, könnte man alles das, was Weidmann schreibt, für die Position der Bundesregierung unter Angela Merkel halten.
Man hätte sich allerdings gewünscht, dass unsere Regierung selber ihre Ablehnung einer noch über die bisherigen (schon für sich genommen gigantischen und ungeheuerlichen) Inanspruchnahme des deutschen Steuerzahlers bzw. des europäischen Konsumenten (via Inflation) hinausgehenden europäischen Vergemeinschaftung der Staatsschulden und der Insolvenzrisiken der Geschäftsbanken in dieser klaren Weise vertritt, wie das Jens Weidmann in seinem SZ-Kommentar tut.
Ohne unnötig auf Konfrontationskurs zu gehen macht Weidmann in diesem geradezu genialen Text (der sicherlich ein Gemeinschaftswerk der Bundesbank-Fachleute und Kommunikationsspezialisten ist und nicht von ihm allein nächtens am einsamen Schreibtisch komponiert wurde) Europa und der Welt deutlich, wie unverschämt die Forderungen der Süd-Sünder nach weiteren Hilfen ohne Kontrollmöglichkeiten ist und wie ungeheuerlich die Bestrebungen sind, die Kaufkraftstabilität des Euro durch die von den Schuldensündern angestrebte monetäre Staatsfinanzierung zu ruinieren.
Vor allem nimmt Weidmann auch insoweit kein Blatt in den Mund als er darauf hinweist, dass eine Überbürdung der deutschen (bzw. nordeuropäischen) Steuerzahler und ein Inflationskurs der europäischen Zentralbank "die politische Akzeptanz der Währungsunion insgesamt zu untergraben".
Die Bundesregierung ist offenbar zu "diplomatisch", derartige Wahrheiten zusammenhängend und umfassend auszusprechen. Sie fürchtet wohl, unsere kriselnden Partnerländer damit vor den Kopf zu stoßen.
Genau das Gegenteil tritt aber ein, wenn sie schweigt, oder nur hier und da abwehrt: Alle Welt prügelt auf uns ein, nicht nur weil es im (kurzsichtig verstandenen) eigenen Interesse, sondern auch deshalb, weil wir kein Verständnis für unsere legitimen Interessen wecken.
Und nicht nur unsere Interessen: jeder, die mittel- bis längerfristigen Konsequenzen so durchdenkt, wie Weidmann das im Ergebnis tut, muss zu dem Schluss kommen, dass die Eurozone zerbrechen wird, wenn sich Erpresser, Rechtsbrecher, Trickser und inflationistische Staatsschuldenmonetarisierer durchsetzen.
Mit dem ESM sind wir schon sehr weit (aus meiner Sicht: zu weit!) gegangen. Auch insoweit ist es eine Dreistigkeit sondergleichen, wenn uns die Südeuropäer mit immer neuen Forderungen anfallen wie die Wegelagerer. DAS müsste die Bundesregierung nun endlich auch selber sagen. Nicht so, wie ich es hier in meinem Blott formuliere, sondern in jener unaufgeregten aber unverrückbaren Art, wie Jens Weidmann das in seinem SZ-Text tut.
Auszüge aus dem Weidmann-Aufsatz (meine Hervorhebungen):
"Der im Maastricht-Vertrag festgeschriebene Ordnungsrahmen wird aufgeweicht, ohne dass eine tragfähige Perspektive für die Währungsunion erkennbar ist. ..... Ein Mehr an Integration hat das Potenzial, die Währungsunion tatsächlich auf eine stabile, zukunftssichere Grundlage zu stellen. Falsch ausgestaltet birgt es aber das Risiko, einen prekären Status quo zu verschlimmern und die politische Akzeptanz der Währungsunion insgesamt zu untergraben. Daher erfordert dieser Weg eine Zustimmung durch die Bevölkerung aller Länder. Dabei müssten strenge Regeln unverrückbar festgeschrieben werden, damit diese Fiskalunion zu einer Stabilitätsgemeinschaft wird und nicht zu einem Schuldenclub. ..... Der gesamtwirtschaftlich schädlichen Vereinnahmung der Geldpolitik für die Haushalts- oder Wirtschaftspolitik sollten mit dem EU-Vertrag rechtliche Riegel vorgeschoben werden ..... . Denn in den 1970er und 1980er Jahren hatten viele europäische Länder die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass eine vor den Karren der Finanzpolitik gespannte Notenbank ein Irrweg ist, der zwar zu hoher Inflation, nicht aber zu mehr Wachstum und Beschäftigung führte. ..... Bei den bisherigen Krisenmaßnahmen wurden beträchtliche Risiken vergemeinschaftet, und die disziplinierende Wirkung von Zinsen wurde zunehmend geschwächt. Nicht zuletzt ist eine nachlassende Bindungswirkung getroffener Vereinbarungen festzustellen, ohne die ein Ordnungsrahmen letztlich souveräner Staaten keine Glaubwürdigkeit entfalten kann. Besonders irritierend ist, dass einige Regierungen unverhohlen darauf dringen, dass die Geldpolitik den Ausputzer der Fiskalpolitik spielt und Probleme mit der Notenpresse löst. ..... Mehr Integration durch eine Fiskalunion bedeutet, es nicht bei strengen Regeln für die Verschuldungsspielräume der Mitgliedstaaten zu belassen, sondern deren Einhaltung auch durchzusetzen. Dies setzt direkt bei der Souveränität der Mitgliedstaaten an, da nationale Haushaltsbefugnisse an die Ebene der EU abzugeben wären - zumindest dann, wenn ein Mitgliedstaat wiederholt gegen die Haushaltsregeln verstieße. ..... Angesichts der wachsenden Verunsicherung muss die Politik Klarheit schaffen, wohin die Reise geht: Zurück zu einer Währungsunion wirklich eigenverantwortlicher Staaten oder in eine stärker integrierte Union, die in eine Politische Union münden mag, aber selbst in der Basisausführung einer Fiskalunion einen substanziellen Souveränitätsverzicht erfordert, um ein solides Fundament für eine Stabilitätsunion zu gewährleisten. ..... Kaum etwas würde Akzeptanz und Stabilität der Währungsunion und den politischen Integrationsprozesses nachhaltiger beschädigen als die Beantwortung einer solch grundlegenden Frage, ohne dass diese Antwort von den nationalen Parlamenten und den Bürgerinnen und Bürgern sorgfältig erwogen und mit breiter Zustimmung demokratisch legitimiert worden wäre. ..... Die bisherige Erfahrung der Währungsunion lehrt, dass diese Regeln nur dann bindend und praktisch relevant sind, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung sie unterstützt und die Regeln tatsächlich gelebt werden. ..... Deutschland hat die D-Mark im Vertrauen aufgegeben, seine Stabilitätskultur gelte auch in der Währungsunion fort, und kann im gegenwärtigen Rahmen der Währungsunion immerhin noch in vielen Fragen sein Veto einlegen. Darauf im Zuge einer vertieften Integration zu verzichten, wäre nicht ratsam, wenn die künftigen Regeln nicht eine Union formten, in der Stabilität dauerhaft gewährleistet wäre. Denn was wäre der Wert einer politischen Union, in der mit Mehrheitsentscheid Grundprinzipien wie die Geldwertstabilität als Hauptziel der Geldpolitik oder das Verbot der monetären Staatsfinanzierung abgeschafft werden könnten? .....  Der Einführung einer umfassenden Gemeinschaftshaftung steht meines Erachtens der Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - "Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten ... eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein ..." - entgegen. Versuche, sich daran trickreich vorbeizumogeln, untergraben mehr und mehr das für die Zukunft der Währungsunion erforderliche Vertrauen. Unter solchen Vorzeichen wird aber keine Stabilitätsunion entstehen, im Gegenteil. Der Versuch, mit einer umfassenden Gemeinschaftshaftung den letzten Schritt einer vertieften Integration zuerst zu machen und die anderen zu unterlassen, droht die Währungsunion zu gefährden. ..... Dies ist gerade aus Sicht Deutschlands bedeutsam.  Deutschland hat ..... eine eher größere Bereitschaft zu weiteren Integrationsschritten als viele seiner Partner. Aber gerade deshalb besteht es mit Recht auf der Einhaltung geschlossener Verträge ..... und sollte weiter entschieden Bestrebungen entgegentreten, die unter dem Deckmantel eines krisenbedingten Notstandes vollendete Tatsachen schaffen wollen und die Stabilitätsorientierung der Währungsunion aushebeln würden. ..... notwendige Reformen würden durch abnehmenden Handlungsdruck eher noch verschleppt. In einer Schuldenunion wäre auch das den Deutschen gegebene Versprechen gebrochen, dass der Euro so stabil sein wird, wie die D-Mark es war."
Da ich persönlich wenig Hoffnung habe, dass sich die Position von Weidmann (und mutmaßlich auch der Bundesregierung) gegen die Meute der südeuropäischen Beutegreifer durchsetzen wird, ändert Weidmanns Aufsatz nichts an meinem
ceterum censeoZerschlagt die UdESFR, die Union der Europäischen Sozialistischen Falschgeldrepubliken! Textstand vom 27.06.2012. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm.

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