red bull stutzt die flügel.

es war eine dramatische nachricht: servus.tv wird abgedreht, weil die wahl eines betriebsrates diskutiert worden war.

einen tag später die wohl viel dramatischere nachricht: servus.tv bleibt nun doch erhalten, die kündigungen werden widerrufen, alles paletti.

in wirklichkeit war es die öffentliche vorführung eines moraltheaters auf denkbar grösster bühne. einer, der mit dem glaubenssatz, flügel mittels eines dosendrinks verleihen zu können, unmengen an geld gescheffelt hat, zeigt es allen, wie es heute um das wertesystem in unserer gesellschaft steht.

mitarbeiter_innen sind untertanen eines sonnenkönigs, die, wenn sie auf die idee kommen, eventuell irgendwelche rechte zu haben, die volle wucht der macht zu spüren bekommen. der blitz aus nur scheinbar heiterem himmel sollte alle von einem tag auf den anderen tag verstossen. diese volle wucht bringt aber nicht nur die mitarbeiter_innen in eine peinliche situation, in der sie sich umgehend schriftlich von jeglicher gründungsidee eines betriebsrates und auch gleich noch von jeder gewerkschaftlichen vertretung distanzieren.

die volle wucht der macht führt auch gleich noch alljene vor, die noch immer geglaubt haben, arbeitnehmer_innenrechte würden in neoliberalen zeiten der postdemokratie noch irgendetwas wert sein.

der zustand der faymannschen sozialdemokratie ist also nicht ein einzelfall, sondern gut eingebettet in den gesellschaftlichen verfall jeglicher solidaritätskultur. politische embleme von parteien und institutionen sind augenscheinlich mindestens so hohl wie jene blechdosen, in denen mal dies und mal jenes gesöff gefüllt wird. gewerkschaften werden von dietrich mateschitz als lahme nostalgievereine vorgeführt.

dass sich die mitarbeiter_innen zu einem devoten bittschreiben hinreissen liessen, darf ihnen nicht zum vorwurf gemacht werden. wer kann schon sagen, was sie oder er tun würden, wenn die existenz plötzlich bedroht ist. dass es zu diesem schreiben kommen musste, das ist eine schamlosigkeit, die dem obersten herrscher im bullenreich anzulasten ist.

für die zweihundertfünfzig mitarbeiter_innen ist die geschichte nur scheinbar gut ausgegangen. die erniedrigung, die ihnen öffentlich zugemutet wurde, dürfte noch einige folgen haben. zumindest psychosomatisch im system des unternehmens.

die kritik an dietrich mateschitz ist verhalten und auffällig leise. während solche vorgänge noch vor wenigen jahrzehnten ein politisches beben der gröberen art nach sich gezogen hätten, dienen sich nun alle bei dietrich mateschitz an. die einen offen und laut, die anderen zumindest dadurch, dass sie die klappe halten, obwohl es ihre aufgabe wäre, gegen solches umspringen mit menschen einspruch zu erheben. aber zuviele erhoffen sich doch noch irgendwann einmal selbst in den genuss des dosenreiches zu kommen. und das macht viele stumm.

red bull stutzt die flügel.

 ps. dass die verballhornung der arbeitnehmer_innenrechte ausgerechnet unmittelbar nach dem 1.mai stattfand, ist vermutlich wirklich nur zufall.

dieser artikel ist heute auch auf derstandard.at erschienen.

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bild: psychopyko cc licence by nc nd
Schlagwörter: dietrich mateschitz, gewerkschaft, red bull, servus tv

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