Ratzinger-Papst rügt derzeitigen Mangel an „Glaubenswissen“

WEIMAR. (fgw) Trotz der Fülle der von ihm ange­scho­be­nen Aktivitäten, wie Neuevangelisierung, Vorhof der Heiden, ver­schie­dene Missionsreisen (Staatsbesuche) und Welt-Jugend-Tage, rügt der Papst der Catholica vor allem seine eige­nen Schwestern und Brüder im Glauben ob deren man­gel­haf­ten Wissens in Glaubenssachen. Das ehrt den alten Mann auf dem höchs­ten Thron der nach eige­nen Angaben größ­ten Religionsgemeinschaft der Welt. Alles Ignoranten, oder was?

von Georg Korfmacher

vatikan 179x300 Ratzinger Papst rügt derzeitigen Mangel an „Glaubenswissen“Der durch seine Geburt in Bayern geadelte deut­sche Papst ist tat­säch­lich erschüt­tert, dass trotz grund­ge­setz­lich ver­ord­ne­tem Religionsunterricht “..gar so wenig hän­gen bleibt,..”(Licht der Welt, Freiburg 2010, S. 169). Natürlich hat der Papst mit sei­ner Feststellung recht!

Gleichwohl, der Ansatz schon ist grund­sätz­lich falsch. Glauben ist eben nicht Wissen. Nach eige­nem Glaubensbekenntnis ist Glaube eben Glaube und steht über Wissen. „sola fide” war auch der Wahlspruch der Reformation. „Wahrscheinlich ist es die ein­zige Religion der Welt, die ver­spricht, man komme allein des­halb in den Himmel, wenn man nur feste glaubt. Die kon­krete Lebenserfahrung zählt nicht. Also, nach der Geburt harrt man glau­bens­fest 85 Jahre auf Erden aus, dann Himmelfahrt und Feierabend.” (Jürgen Fliege, in Frankfurter Rundschau, “Die Kirchen wis­sen wenig über die Seele”, 30.7.2009). Aber gibt es einen bes­se­ren Zeugen als Paulus ex Tarsus, den Erfinder des Christentums? „So hal­ten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben” (Römer 3,28).

Nur der Glaube also, so die selbst­si­chere Catholica, kann die letz­ten Dinge erklä­ren, wäh­rend die Wissenschaft sich beschei­det, (noch) nicht alles zu wis­sen – gleich­wohl immer ein wenig mehr. Und die­ses „wenig mehr” ist unend­lich mehr als das Wissen, das die Catholica sich in 2000 Jahren gebas­telt hat.

Während die Welt sich mit den Gedanken von Kopernikus, Giordano Bruno, Tycho Brahe und Galilei anfreun­dete, publi­zierte die Catholica zeit­gleich ein Traktat über die Saturnringe als Manifestation der in den Himmel auf­ge­fah­re­nen Vorhaut des Herrn. (Leo Allatius – 1661 bis 1669 Leiter der Vaticana – in sei­ner Schrift „Traktat über die Vorhaut unse­res Herrn Jesus Christus”) Grottengeil! Pfui Daifi!

„Selten sind Stimmen der Vernunft. So ver­öf­fent­lichte 1563 der deut­sche Arzt Johann Weyer eine Abhandlung “Von der Täuschung der Dämonen”, in der er nicht Hexen, son­dern Krankheiten für uner­klär­li­che Erscheinungen ver­ant­wort­lich machte. Die Kirche setzte das Buch auf den Index.” (Karl Pawek)

In Umkehr der Spezialisten-Definition von Hacker ist die Catholica wohl eher eine Institution, die immer mehr über immer weni­ger weiß, bis sie alles über gar nichts weiß.

Warum soll es auch im Religionsunterricht bes­ser lau­fen als in Mathematik, Chemie oder Physik? Spätestens zehn Jahre nach der Schule weiß man kaum noch etwas. Der Papst denkt da wohl an seine eigene Jugend, als der Religionslehrer die aller­höchste Kompetenz über­haupt und in allem und es ein Sport eif­ri­ger Schüler und Ministranten war, Gebete und Litaneien vor­wärts und rück­wärts abzu­spu­len, um diese Kunst dann aber auch schnell wie­der zu ver­ges­sen.

Gut also, dass es einen Glauben gibt, der über jedem Wissen steht? Genau das sehen gerade junge Menschen zuneh­mend kri­tisch. Nur mit Glauben kommt man nicht weit, kann man sich kein Handy kau­fen, kommt man im Beruf nicht wei­ter (außer als Religionslehrer), wird der Regelsatz im Alter nicht an die wirk­li­chen Lebensbedingungen ange­gli­chen etc. etc.

Aber viel­leicht sind Religionsunterricht und Bildung ja nur ein Vorwand für die Ausübung von Macht durch die Catholica. Groteskes Beispiel sind die Konkordatslehrstühle in Bayern. Dafür lässt aber auch ein bezeich­nen­des Beispiel aus Peru auf­hor­chen, wo die katho­li­sche Universität in Lima mit Rom über ihrer aka­de­mi­sche Freiheit und Autonomie in hef­ti­gem Streit liegt. Sie wehrt sich gegen Eingriffe der Kirchenleitung in Rom. „Im Fall der PUCP dreht sich der Streit vor allem um das Recht, den Rektor zu ernen­nen oder zu wäh­len, aber auch um die Hoheit über das beträcht­li­che Immobilienvermögen der Universität. Über letz­te­res tobt seit fünf Jahren ein Rechtsstreit zwi­schen dem Kardinal und der Universität.” (Domradion 5.3.2012) Macht ist geil! Hoch lebe die Befreiungstheologie!

Nun zurück zur baye­ri­schen Heimat des Papstes auf dem hohen Thron, gleich neben sei­nem Gott. Hier wer­den heute noch Kinder bei der Einschulung mit einem Faltblatt unter dem Titel „Fragen nach Gott und die Welt” trak­tiert. Ein sol­ches Angebot ist gera­dezu fahr­läs­sig. Erstens ist es schlam­pig for­mu­liert und zwei­tens bedeu­tet es umgangs­sprach­lich: über alles und nichts zu reden. Das aber ist ein unver­ant­wort­li­cher Umgang mit öffent­li­chen Steuergeldern, zumal von sol­chem Tun, laut Papst, so wenig hän­gen bleibt. Da wäre es doch viel bes­ser, den Glauben Privatsache sein zu las­sen und sich in der Schule voll auf Wissensvermittlung zu kon­zen­trie­ren. Dann würde sich Ignoranz in Glaubenswissen auch nicht in einer abstru­sen Benotung für Religion im Zeugnis nie­der­schla­gen. Einfach abschaf­fen. Basta, Amen!

[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]


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