Ratschläge gegen Profilneurosen

Die CDU, so vernehme ich, hat gerade eine Profildiskussion. Ich müsste eigentlich Experte für so was sein, ich bin ja selber in einer Partei, die seit Ewigkeiten in eben einer solchen Profilneurose um sich selbst kreist. Daher könnte ich wohl auch einen guten Ratschlag loswerden: Lasst es.

Der eine oder andere mag zwar tatsächlich glauben, man könne so die eigenen Wahlchancen verbessern. Dabei ist die Erkenntnis richtig, dass Leute einen nicht wählen, weil sie unzufrieden sind; Fehler einzugestehen, ist also ein guter erster Schritt. Allerdings nicht so. Indem Du sagst: Wir sind gar nicht so, wie die Politik, die wir machen – also im Endeffekt: Wir wären ganz anders, wären wir nicht so, wie wir sind - erzielst man nur einen messbaren Erfolg.

Bei der nächsten Umfrage, bei der gefragt wird, ob Deine Partei kein Profil hat, sagen 10 Prozent mehr: Ja, die haben kein Profil.

Es ist ein bisschen banal, aber man kann kein Profil diskutieren. Man kann es auch, genauso wenig wie Glaubwürdigkeit, nicht gewinnen. Profil entsteht durch Handeln. Wenn mir mein Profil nicht passt, muss ich anders handeln. Oder im Sinne der CDU: Dann muss ich überhaupt mal was machen.

Man kann zweifellos sein Programm diskutieren, auf dessen Basis man dann handelt. Aber sich im Fernsehen treffen und nölen, dass man irgendwie gerne anders wäre, als man durch sein Handeln rüberkommt, das löst das Problem nicht. So wird man auch ganz bestimmt nicht konservativer. Darum geht es ja scheinbar: Die CDU wäre so gerne christlich und konservativ. Ich könnte jetzt zu dem Stichwort „christlich“ sicherlich ein großes sozialstaatliches Fass aufmachen, aber bleiben wir mal bei konservativ.

Die CDU 2011 ist nicht mehr so wie die CDU 1980. Das heißt nicht, dass sie nicht mehr konservativ ist, denn dann müsste sie ja eigentlich noch immer dem Kaiser Wilhelm hinterherheulen. Konservativ sein, habe ich mal gelesen, bedeutet, die Flamme zu wahren, nicht die Asche zu hüten.

Wäre die CDU noch genauso wie vor 30 Jahren, dann hätte sie in der Tat ein Problem. Sie wäre weder politik- noch regierungsfähig. Und das gilt auch und ganz besondere für die finanz- und wirtschaftspolitischen Konzepte, die schon deswegen nicht mehr möglich wären, weil wir – genau wegen dieser Konzepte - mittlerweile die dreifache Staatsverschuldung zu bewältigen haben. Und wäre jemand an der Gesellschaftspolitik von vor 30 Jahren interessiert, dann hätten wir eine entsprechende Gesellschaft.

Wollten die Menschen hierzulande das Rad zurückdrehen, sie täten es, dort, wo sie es seit jeher getan haben: Im Alltag. Dass sie das nicht tun, dass sie das nicht wollen, daran kann keine Profildiskussion was ändern.

Man kann sich allerdings sehr schön damit lächerlich machen. Unsere Profildiskussion - also die der SPD- wurde mit der ernst gemeinten Forderung eröffnet, wir müssten jetzt alles anders machen, was wir in den letzten 10 Jahren gemacht haben, das war alles falsch, es war sogar so falsch, dass wir es rückgängig machen müssen. Ist tierisch gut angekommen. Genau wegen dieser Profildiskussion sind wir auch noch immer weit von der 30-Prozent-Grenze entfernt.

Deswegen kann ich der CDU noch was sagen: Wenn ich aus betonter Notwendigkeit (bzw. aus einer neuen Bewertung der "tatsächlichen Realität", wie Frau Merkel das formuliert) einen vor allem für die Partei schmerzhaften Schritt gehe, dann sollte ich das nicht "verkaufen" oder "kommunizieren" und dann irgendwann mittendrin stehen bleiben, weil das natürlich nicht klappt. Ich sollte die Partei beteiligen. Ich sollte sie nutzen. Ich sollte nicht gegen sie diskutieren, sondern mit ihr. Vielleicht wird aus dem hastigen, politisch umstrittenen Projekt so tatsächlich ... zum Beispiel eine Agenda 2020. Also alles anders machen als wir bei unserer Agenda 2010.

Da sind Parallelen zur Energiewende der Union zu entdecken – das ist auch eine Kröte, die ihnen irgendwie im Hals steckengeblieben ist, aber anstatt sie jetzt zu schlucken, stehen sie da und erzählen uns, dass die Partei gerne würgen würde und würgen auch richtig wäre, aber man stattdessen weiter röchelt und versucht, die Kröte zu ignorieren, weil so vielleicht eines Tages ein Prinz aus ihr wird. (Basta!)

Die Agenda 2010 hat man nie fertig gestellt, die Energiewende bleibt genau so unfertig. Beide sind Bestandteil des Profils der Parteien, in eben dieser unfertigen Form. Und das bleibt an einem hängen: Die Agenda 2010 fliegt uns heute noch genau so um die Ohren, wie die Union unter den absehbaren Spätfolgen ihrer Energiewende leiden wird.

Nun werde ich die Profildiskussion der CDU dann  – wohl bei Kerzenschein – weiter geniessen. Aber ich glaube, ich sollte mir mal Gedanken machen, wie das eigentlich aussähe, führe man die Agenda 2010 zu Ende. Davon dann demnächst aus diesem Theater.

Ich gebe zurück zum Wetter.

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