Rambo und der blaue Reiter (2)

“Wieso muss ich das eigentlich zahlen?”, nörgelte ich, während ich der Dame hinter der Kasse die 22 Euro reichte.
“Und den Ausstellungskatalog bitte auch!”, fügte Rambo noch an.”
“Was, bist du wahnsinnig?”, zischte ich.
“Das macht dann nochmal 35 Euro!”, erklärte uns die Dame.
“Nein, es gibt keinen Ausstellungskatalog!”, rief ich entsetzt.
Rambo machte ein Gesicht, dass keinen Zweifel dran ließ, dass wir einen Ausstellungskatalog benötigten. Ich seufzte und zahlte.
“Danke.”, sagte er freudestrahlend.
“Ey, dafür dass ich dich nicht mal besonders leiden kann, gebe ich schon verdammt viel Geld für dich aus.”
Rambo überging meinen Kommentar galant. Er zerrte mich in den ersten Ausstellungsraum und zeigte auf ein Bild.
“So, siehste, hier ist doch so ein Pferd. Was sage ich jetzt dazu? Klecksbild von Typen, der dafür viel Geld kassiert hat, obwohl ich hätte besser malen können.”
“Wo siehst denn du da ein Pferd?”, fragte ich.
Rambo zuckte mit den Schultern.
“Lass mal sehen… das ist ‘Träumerische Improvisation ‘ aus dem Jahre 1913.”
“Mann, der Typ muss doch voll auf Droge gewesen sein!”
“Ach, Rambo…”
“Ist doch wahr!”
“Das solltest du aber nicht sagen, wenn du deine neue Flamme beeindrucken willst.”
“Sondern?” Jetzt war Rambos Interesse geweckt.
“Mal sehen, was dazu im Ausstellungskatalog steht…” Ich blätterte in demselben. “Ah, hier… Also, die gesamte Komposition strahlt eine abgeklärt ruhige Stimmung aus..” Rambo fing an zu lachen. Das konnte ja heiter werden.
“Aaaaannnnnnnaaaa!”, ertönte es da plötzlich hinter mir. Oh je, dachte ich, diese Stimme kannte ich doch nur zu gut. Auch Rambo drehte sich jetzt interessiert um.
“Willi. Wie schön.”, sagte ich tonlos. Und tatsächlich wirbelte Willi etwas ungelenk heran und hatte auch noch die Nerven, mich stürmisch zu umarmen. Mir wurde übel. Der Höhepunkt allerdings versteckte sich hinter Willi.
“Anna, das ist ja eine Überraschung!” Allerdings. “Darf ich vorstellen?” Er machte eine ungeschickte Handbewegung in Richtung der Dame an seiner Seite. “Das ist Cornelia. Meine Freundin.” Er betonte das Wort “Freundin” besondern deutlich.
“Wat is? Du hast ne Freundin? Eine, für die du nicht bezahlen musst?”, entfuhr es mir. Cornelia schien mich nicht zu mögen, sie guckte etwas pikiert. Willi überging meine Geschmacklosigkeit einfach.
“Und das hier ist wohl dein Freund?”, fragte Willi interessiert mit Blick auf Rambo, der, so muss ich an dieser Stelle wohl anfügen, mit seiner Armeehose und dem Feinripp, der seine prolligen Tattoos von rothaarigen Meerjungfrauen und was weiß ich nicht zu verbergen mochte, nicht gerade intellektuell ansprechend aussah.
“Nein!”, rief ich daher schnell. Und laut. Vor allem laut. Viele Leute drehten sich nach uns um.
“Für mich bezahlt sie aber!”, grölte Rambo und kugelte sich fast auf dem Boden ob seines gar nicht komischen Witzes.
“Halt die Klappe, du Idiot.”, herrschte ich ihn an. Er lachte weiter. Willi sah etwas irritiert aus.
“Das ist mein minderbemittelter Nachbar. Ignorier ihn einfach.” Fast genauso minderbemittelt wie du, wollte ich noch anfügen, ließ es dann aber.
“Anna…” Willi schüttelte den Kopf. “Es tut mir sehr leid zu hören, dass du anscheinend niemanden hast, mit dem du dein freies Wochenende verbringen kannst…” Ich starrte entgeistert zwischen Rambo und Willi hin und her. “Guck mal, du bist doch ein hübsches Mädchen… woran liegt es denn?”
“Bitte?” Ich dachte, ich hör nicht richtig.
“Also, was ist denn das Problem? Ich könnte dich mal meinem Freund Theobald vorstellen, er ist Diakon und sucht noch eine Frau.” Mir wurde schwindelig. “Bitte nicht.”, sagte ich flehend. Ich stand im Museum und musste mir Beziehungsratschläge von Willi anhören. Von Willi! Ich meine, wie abgefahren war das denn?
“Du musst einfach öfter mal rauskommen. Was unternehmen! Fahrradfahren und so.”
“Fahrrad?”
“Oder du suchst dir jemanden im Internet. Gib mal eine Kontaktanzeige auf! So habe ich auch Cornelia kennengelernt!”
Ich hyperventilierte. Rambo lachte weiter, jetzt sehr gehässig.” Ey Anna, wenn du im Internet suchst, finden wir vielleicht zusammen. Ein Date haben wir ja jetzt schon mal!” grölte Rambo weiter und klatschte sich dabei auf die Schenkel.
“Oder du könntest einem Bibelkreis beitreten. Ich höre, da sind viele alleinstehende Männer zu finden.”
“Hat Theobald dir das erzählt?” Langsam fand ich wieder zu meiner Form.
“Genaugenommen…”
“Willi, wenn du jemals wieder einen Patienten auch nur aus der Ferne möchtest, würde ich dir raten, jetzt schnellstmöglich die Klappe zu halten.”
“Ich wollte doch nur…”
“KLAPPE, WILLI!”
“Anna, wenn du immer so aufbrausend bist…”
Jetzt reichte ich mir. Wortlos steuerte ich mitsamt dem Ausstellungskatalog zum Ausgang.

Wie ging das wohl weiter? Wird Rambos Date ein Erfolg? Und wird sich Willi aus seiner Rolle als Frau Kallwass verabschieden können? Wir werden sehen…

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