Rahaward: Wir wünschen uns einen säkularen und demokratischen Staat in Iran

Rahaward: Wir wünschen uns einen säkularen und demokratischen Staat in Iran

08.01.2012Politik & Gesellschaft erstellt von mehriran.de

Interview mit Rahaward, dem Iranischen Kulturzentrum aus Aachen.

Rahaward: Wir wünschen uns einen säkularen und demokratischen Staat in Iran

mehriran.de: "Wer oder was ist Rahaward? Welche deutsche Übersetzung gibt es für das Wort Rahaward?"

Rahaward: "Das zusammengesetzte persische Wort Rahaward besteht aus den beiden Wortteilen Rah (=Weg, Reise) und Award(=Mitbringsel) und bedeutet soviel wie Reisemitbringsel, Souvenir."

mehriran.de: "Was treibt die Vereinsmitglieder von Rahaward an sich in einem Verein zu organisieren?"

Rahaward: "Es waren vor allem die anhaltenden schweren Verletzungen der Menschenrechte durch das iranische Regime, die uns dazu bewogen haben, uns in einem Verein zu organisieren, um gemeinsam für die Menschenrechte in Iran einzutreten. Seit seiner Gründung versucht der Verein, über den Kampf für die Einhaltung der Menschenrechte in Iran zu berichten. Zudem leistet er einen bescheidenen Beitrag zur Pflege der iranischen Kultur, die sie dem deutschsprachigen Publikum näher zu bringen versucht." 

mehriran.de: "Welche Ziele verfolgt der Verein Rahaward?"

Rahaward: "Wie bereits erwähnt, ist Rahaward in erster Linie ein Menschenrechtsverein. Er setzt sich für Freiheit und die Achtung der Menschenrechte in Iran ein. Darüber hinaus versteht sich Rahaward als einen Kulturverein mit dem Ziel der Kulturpflege und des kulturellen Austauschs."

mehriran.de: "Welche Arbeitsschwerpunkte hat der Verein in Deutschland? Welchen Beitrag leistet Rahaward in Bezug auf Iran?" 

Rahaward:  "Im Aktivitätenkalender des Vereins gibt es eine Reihe von festen jährlichen Terminen. Dazu gehören Veranstaltungen zum internationalen Jahrestag der Deklaration der Menschenrechte, zum Weltfrauentag,  Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Ermordung politischer Gefangener in Iran (insbesondere im Zusammenhang mit den Massenmorden von 1988), Feierveranstaltungen zum iranischen Neujahr und zum Yalda-Abend (iranisches Fest zur Wintersonnenwende) sowie die Teilnahme (mit vereinseigenen Beiträgen) am Aachener Tag der Integration. Daneben gibt es viele kulturelle Veranstaltungen wie Filmvorführungen, Autoren- und Dichterlesungen und Diskussionsabende. Auch politische Aktionen wie Demonstrationen und andere Protestveranstaltungen gegen die Menschenrechtsverletzungen in Iran  werden von Rahaward organisiert."

mehriran.de: "Wie schätzen Sie die Situation in Iran ein? Welche Herausforderungen gibt es zur Zeit für Menschen in Iran?" 

Rahaward: "Die Situation im heutigen Iran ist durch eine weitläufige Krise gekennzeichnet. Innenpolitisch scheint das Regime zumindest vorläufig die Straßenproteste eingedämmt zu haben. Erreicht wurde dies jedoch durch massiven und skrupellosen Gewalteinsatz, durch Massenverhaftungen, Folterung und systematische Vergewaltigung in den Gefängnissen, öffentliche Zurschaustellung von unter Folter erzwungenen Geständnissen von Inhaftierten, langjährige Haftstrafen für Oppositionelle und nicht zuletzt durch eine radikale und umfassende Pressezensur.  Doch die Welle der Unzufriedenheit hat inzwischen selbst weite Teile der einstigen Regimegetreuen erfasst. Die inneren Zerwürfnisse treten immer häufiger als offener Machtkampf zwischen der Regierung um Ahmadinejad einerseits und dem Lager der erzkonservativen Khamenei-Anhänger einschließlich der Mehrheit der Parlamentsabgeordneten andererseits zutage. Wirtschaftlich steht das Land trotz horrender Öleinnahmen faktisch am Abgrund. Korruption, wirtschaftliches Missmanagement, die dilettantische Wirtschaftspolitik der Regierung aber auch die internationalen Sanktionen haben zu einer bedrohlichen Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Massenarbeitslosigkeit geführt. Außenpolitisch ist die Lage kritischer denn je. Durch das Festhalten an seinem umstrittenen Atomprogramm und seine abenteuerlich provokante Politik in dieser Angelegenheit, durch die systematische Unterstützung terroristischer Organisationen in der Region und weltweit und nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Missachtung der Menschenrechte hat sich das iranische Regime international weitgehend isoliert und das Land an den Rand einer militärischen Auseinandersetzung mit unabsehbaren Folgen gebracht. Dennoch halten die Machthaber unbeirrt an ihrem fatalen Kurs fest, den sie zum eigenen Machterhalt als alternativlos zu erachten scheinen.  Die besorgniserregenden Dimensionen der sozialen Krise stellen indes alles bisher angesprochene in den Schatten:  Jahrelange Einmischung des Staates in die Privatsphäre, radikale Geschlechtertrennung von der Grund- bis zur Hochschule, Tabuisierung und Dämonisierung der Sexualität, strikte Kleiderordnung, die notfalls mit Gewalt durchgesetzt wird, und etliche weitere Auswüchse der islamischen Politik haben in der iranischen Gesellschaft, die heute zu mehr als 70% aus Kindern und jungen Menschen besteht, zu einem noch nie dagewesenen Werteverfall und einer regelrechten moralischen Krise geführt. Die ausweglose wirtschaftliche Lage einerseits und die Repressionen der Staatsorgane andererseits machen Iran zu einer Hölle gerade für die Jugend. Prostitution und Drogensucht haben in der iranischen Gesellschaft inzwischen unvorstellbare Dimensionen erreicht. Sie sind zu riesigen sozialen Problemen geworden, mit denen Iran selbst im Falle einer Veränderung der politischen Verhältnisse über Generationen hinweg zu kämpfen hätte." 

mehriran.de: "Wie erleben Sie die Situation von Exiliranerinnen und Exiliranern in Deutschland? Welche Herausforderungen gibt es?"

Rahaward: "Auch wenn die iranischen Immigranten zu den vergleichsweise erfolgreichen Minderheiten in Deutschland zu zählen sind, und schwerwiegende Integrationsprobleme bei ihnen weitaus seltener anzutreffen sind als bei vielen anderen Zuwanderern, so teilen sie dennoch viele typische Probleme der Menschen mit Migrationshintergrund - allen voran das Identitätsproblem der zweiten Generation. Was die politischen Tätigkeiten angeht, gehören die in Deutschland lebenden Iranerinnen und Iraner weltweit zu den aktivsten Exilanten. Die Mehrheit der in Deutschland ansässigen Exiliranerinnen und -iraner verfolgen die Ereignisse in Iran mit großem Interesse und zeigen mitunter lautstarke Reaktionen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Erfreulicherweise sind deutliche Zeichen für die Entstehung einer solidarischen Bewegung zu beobachten, obgleich ein integrativer Dachverband noch fehlt."

mehriran.de: "Was wünschen sich Mitglieder des Vereins für die Menschen in Iran?"

Rahaward: "Rahawards größter Wunsch für die iranische Gesellschaft ist selbstredend die Freiheit, die Freiheit der Gesinnung, des Gewissens, der Religion, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Freiheit für alle iranischen Völker und Ethnien, ihre jeweilige Sprache zu sprechen, ihre Kultur zu leben, das Ende jeglicher Diskriminierung, ein geeintes Iran mit einer demokratischen Regierung.  Wir sind gegen willkürliche und gesetzeswidrige Festnahmen, wir sind gegen gewaltsame Niederschlagung friedlicher Proteste, gegen Schauprozesse,  gegen jede Form von physischer und psychischer Folter, und wir sind streng gegen die Todesstrafe. Wir wünschen uns einen  iranischen Staat, der in der internationalen Gemeinschaft ein friedliches Miteinander anstrebt; einen iranischen Staat, der einen Beitrag zur endgültigen Vernichtung von Atomwaffen, chemischen und biologischen Waffen und zum globalen Umweltschutz leisten kann. Wir wünschen uns einen säkularen und demokratischen Staat in Iran."

mehriran.de: "Wie können Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Menschen in Iran helfen?"

Rahaward: "Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland können die Demokratiebewegung in Iran politisch und moralisch unterstützen. Sie können sich mit ihr solidarisch zeigen, ihr außerhalb Irans eine Stimme verleihen, vor allem können sie die deutsche Regierung und deutsche Firmen unter Druck setzen, damit diese von einer Zusammenarbeit und von Geschäften mit den Machthabern in Iran, die dem iranischen Volk zum Nachteil gereichen würden, Abstand nehmen."

mehriran.de: "Was kann die deutsche Regierung für die Menschen in Iran tun?"

Rahaward: "Wir sind der Meinung, dass die deutsche Regierung den Schwerpunkt ihrer kritischen Politik gegenüber Iran auf die Frage der Menschenrechte anstatt des Nuklearstreits legen sollte. Sie sollte sich stärker für die Einhaltung der Menschenrechte in Iran einsetzen, Menschenrechtsverletzungen thematisieren und anprangern. Sie sollte von solchen Geschäften mit iranischen Machthabern absehen, von denen die Repressionsorgane profitieren würden, und etwaige deutsche Firmen ebenfalls davon abhalten. Sie sollte zudem von einer Propaganda Abstand nehmen, an deren Ende der Militärschlag steht."

mehriran.de: "Was muss in Iran geschehen, dass die Menschen dort  zu Freiheit und Selbstbestimmung gelangen?"

Rahaward: "Allgemeine, freie Wahlen mit internationalen Beobachtern könnten einen Ausweg aus der derzeitigen politischen Krise bieten. Zuvor müssten jedoch  alle politischen Gefangenen freigelassen und rehabilitiert werden. Das Recht auf freie politische Betätigung sollte Bürgern, Parteien und Organisationen uneingeschränkt gewährt werden. Meinungs- und Pressefreiheit, Religionsfreiheit und die  Freiheit des Gewissens sollten gewährleistet werden.  Die derzeitige Realität sieht jedoch bedauerlicherweise ganz anders aus: das Regime der islamischen Republik macht keinerlei Anstalten, sich auf die Menschen und ihre legitimen Forderungen zuzubewegen. Stattdessen bläst es zum Kampf gegen die ganze Welt."

Weitere Informationen zu Rahaward: www.rahaward.org

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