Radioaktive Steuerreform und Selbstmord auf Raten

Langsam gibt es auch mal wieder andere Schlagzeilen als Euro-Krise, Griechen-Chaos und die Rettungsbemühungen der EU-Staaten, die noch vom Euro profitieren wollen. Es soll zum Beispiel ein Mini-Steuerreförmchen geben, bei der sogar Wenigverdiener durch die Anhebung des Steuerfreibetrags geringfügig profitieren könnten! Aber die vom Bundesverfassungsgericht vor geraumer Zeit angemahnte Anhebung des steuerfreien Grundbetrags, die nun als gerechte Wohltat der Regierungskoalition verkauft wird, soll ohnehin erst im Wahljahr 2013 kommen. Damit auch kein Wähler vergisst, wem er den Almosen zu verdanken hat. Was vermutlich aber nicht klappen wird, weil die derzeitige Teuerung sämtliche angeblichen und echten Entlastungen ohnehin auffrisst.

Vielleicht spekuliert die Kanzlerin auch darauf, dass sich bis dahin weder das Wahlvolk noch die Fast-Drei-Prozent-Boygroup erinnern, dass es diese Steuerkorrektur eigentlich hätte geben sollen. Wobei, die FPD-Nasen erinnern sich bestimmt daran, Steuersenkung ist ja ihr einziges Alleinstellungsmerkmal. Nur dass sie die dieses Mal auch bei den Wählern der anderen etwas mitsenken sollen. Ärgerlich, wo doch eigentlich alle, also die da unten, sparen müssen. Sie könnten auch mal den Blutdruck senken, oder den Cholesterinspiegel. Nur so als Anregung.

Sogar Fukushima schafft es jetzt wieder in die deutschen Medien – was in den zerschmolzenen Reaktorblöcken des im März havarierten Atomkraftwerks los ist, weiß offenbar noch immer niemand so ganz genau. Irgendwas scheint da ganz gemütlich vor sich hinzureagieren, aber die Betreiber und die Behörden wiegeln wie immer ab. Irgendwoher kommt unerklärlicherweise immer neue Radioaktivität, aber die ist natürlich größtenteils harmlos. So harmlos, dass japanische Politiker sich eine neue Form des Harakiri ausgedacht haben: Statt sich öffentlich ein Schwert in den Bauch zu rammen, trinkt man nun ein Glas Wasser aus der Atomruine von Fukushima.

Weil sich in der Todeszone rund um die kaputten Atomreaktoren trotz oder wegen des politischen Atomwasser-Harakiri kein Mensch so richtig wohl fühlt, ist die japanische Regierung auf eine interessante Idee verfallen: Ausländische Touristen, die in die Provinzen Miyagi, Iwate und Fukushima reisen möchten, bekommen kostenlose Visa. Dann kommt demnächst vermutlich ein neuer Boom an Solireisen auf – erst Abenteuer-Urlaub in Japan und wenn man genug Energie getankt hat, dass man auch im Dunkeln leuchtet, kann man noch in Griechenland vorbei schauen, um dort in Ruhe abzuklingen und das Restgeld loszuwerden.

Wo wir gerade bei unkontrollierten Kettenreaktionen sind: Es zeichnet sich ab, dass es demnächst im Wirtschaftswundermusterschülerland China auch eine Finanzkrise im Anmarsch sein könnte: So manche aus dem Boden gestampfte Boom-Area könnte sich als faul finanzierte Fehlspekulation entpuppen. Denn der Kapitalismus funktioniert wo anders nicht weniger pervers als in Europa, womit wir dann doch wieder bei der aktuellen Superkrise sind – die ist ja nicht überwunden oder abgewendet, nur weil man es einfach nicht mehr hören kann und will. Mit der ist es ganz ähnlich wie mit den explodierten Atomreaktoren am anderen Ende der Welt: Nur weil es schon sehr viel schlimmer gekommen ist, als man zu vor annehmen wollte, heißt das nicht, dass das Schlimmste schon vorbei ist. Es kann immer noch sehr viel schlimmer werden.

Zu dem, was da eigentlich passiert, und was das Perverse daran ist, gibt es zwei sehr gute Artikel, die beide auf kritische Massen zu finden sind: „Wir tun es für uns“ Hier erklärt Peter Decker, dass die ausufernde Staatsverschuldung keine Panne, sondern das System ist – was aber nur solange Spaß macht, wie die Banken der Politik glauben, dass die ihre Geldschöpfungsmacht weiterhin durchsetzen kann. Der andere Beitrag heißt Euro ist, wenn 17 Länder eine gemeinsame Währung haben und Deutschland gewinnt und erklärt, warum die undankbaren Europäer zwar von den Deutschen erwarten, dass sie den Euro retten, die Retter gleichzeitig als Euro-Nazis an den Pranger stellt.



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