Medien-Epidemien und gefährliche Schreibtischjobs

In den letzten Tagen ist zumindest in den Medien eine Masernepidemie zu beobachten. Zum Glück ist es ja so, dass dank besserer Ernährung, besserer Hygiene und viel mehr Wissen über Krankheiten und deren Erreger zumindest in unseren Breiten die Leute nicht mehr massenweise sterben, wenn wieder irgendein Erreger umgeht. An der berüchtigten spanischen Grippe, die 1918/19 um die Welt ging, starben die ausgemergelten Europäer nach vier Kriegsjahren wie die Fliegen – aber nicht nur, weil es sich um ein besonders fieses Grippe-Virus handelte, sondern auch, weil die Leute ohnehin schlecht ernährt und die Winter sehr kalt waren.

Vor kurzem wurde gar der „Schwarze Tod“ entschlüsselt, das Erbgut des Pesterregers, das im Mittelalter halb Europa auslöschte. Das Bakterium Yersiana Pestis hat sich in den vergangenen Jahrhunderten kaum verändert – auch das ist ein Glück, denn das große Problem sind die Erreger, die sich ständig verändern, weil sich das Immunsystem nicht gegen neue Eindringlinge wehren kann. Gegen die Pest helfen heute Antibiotika – noch, muss man sagen, denn durch den massenhaften und oft überflüssigen Einsatz dieser Wunderwaffe ist sie inzwischen leider stumpf geworden: Viele Erreger haben schneller gelernt als unser Immunsystem und sind nun gegen Antibiotika resistent.

So sterben mittlerweile wieder relativ viele Menschen an der „weißen Pest“, wie dieTuberkulose auch genannt wird. Ihr Erreger, das Bakterium Mycobacterium tuberculosis ist häufig gegen herkömmliche Antibiotika resistent. Manche Forscher sprechen davon, dass eine Tuberkulose-Erkrankung heute wieder so riskant ist wie vor der Entdeckung der Antibiotika – wenn nicht sogar gefährlicher, weil die Keime aggressiver geworden sind. Das gilt auch für andere Krankheiten, die dank neu entwickelter Antibiotika eine zeitlang gut behandelt werden konnten. Jetzt schlagen die Bazillen wieder zu und heraus kommen unter Umständen so beängstigende Ausbrüche wie EHEC.

Zurück zu den Masern. Masern werden nicht durch Bakterien, sondern wie die Grippe durch ein Virus hervorgerufen. Das Masernvirus befällt nur Menschen, aber es ist hochinfektiös und ich erinnere mich, dass während meiner Grundschulzeit so ziemlich alle Kinder irgendwann mal die Masern hatten. Angenehm war das nicht, aber so weit ich mich erinnere, ist niemand daran gestorben. Womit ich nicht gesagt haben will, dass es für mich dazu gehört, mal so richtig die Masern gehabt zu haben. Wie gesagt, es war überhaupt nicht schön, mir ging es wochenlang richtig schlecht. Aber in meiner Generation hatte man noch das komplette Programm an so genannten Kinderkrankheiten: Masern, Röteln, Windpocken, Scharlach und Mumps. Dafür wurden wir noch gegen die Pocken geimpft, die inzwischen als ausgerottet gelten.

Jetzt wird zur Masern-Impfung aufgerufen und gemahnt: „Der Verzicht auf die Impfung gefährdet andere“. Das ist nicht von der Hand zu weisen, obwohl ich diese Art der Aufrufe wie die Pest hasse. Ich bin gar nicht prinzipiell gegen Impfungen, das wäre auch total blöd – gerade bei Krankheiten, an denen man garantiert einen hässlichen Tod stirbt, finde ich es sehr beruhigend, dass es Impfungen dagegen gibt. Tetanus beispielsweise. Am Wundstarrkrampf zu sterben muss furchtbar sein. Oder an der Tollwut. Natürlich ist es auch blöd, an Komplikationen nach einer Maserninfektion zu sterben. Trotzdem nervt mich diese hysterische Berichterstattung. Vogelgrippe, Schweinegrippe, EHEC, Masern – natürlich ist es einerseits beunruhigend und man will ja auch informiert sein.

Andererseits sterben ständig Menschen an irgendwas – in Deutschland zumeist an Erkrankungen des Herzkreislaufsystems (Laut Statista 41 Prozent der Todesfälle 2010). Also an Folgen der modernen Lebensweise, Stress, Bewegungsmangel und so weiter. Der zweite große Killer Krebs kommt nur auf 26 Prozent der Sterbefälle – wovon auch viele Tote durch ungesunde Arbeits- und Lebensbedingungen zu verzeichnen sein dürften. Auf „infektiöse und parasitäre Krankheiten“ entfallen gerade einmal 1,8 Prozent aller Todesfälle. Also auf alle Krankheiten, die man sich so holen kann, zusammen! Insofern erscheint mir ein durchschnittlicher Schreibtischjob gefährlicher zu sein, als sämtliche Epidemien der vergangenen Jahre zusammen.



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