Rackern bis zum Umfallen: 118.000 Mini-Jobber sind 75 und älter

Nelson Mandela hat einmal gesagt: “Wie human eine Gesellschaft ist, das zeigt sich am Umgang mit Kindern und Alten”
Bei Betrachtung der gesellschaftlichen Realität in Deutschland, stellt man fest: Viele Rentner müssen arbeiten, um über die Runden zu kommen. Sogar noch im hohen Alter. Laut dem Sozialverband VDK ist die Zahl der 65-jährigen und Älteren, die einen Minijob ausüben, seit der Jahrtausendewende um 60Prozent gestiegen. In Hessen alleine auf über 56.000, im Bund auf mehr als 760.000!
Davon waren 118.000 75 Jahre und älter. (lt. erfassten Daten bis Ende 2011)

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Christa Hof (2.v.r.) und ihre Mitstreiter/Innen vom VDK Dillenburg mahnen: “Die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer” – Foto: © politropolis.de

Das Geld für Energiekosten, Medikamente, sogar Lebensmittel können viele ohne solche Jobs nicht mehr aufbringen. “Wer nicht rackert, verdummt” wird Frau Merkel zitiert; und ein anderes Mal: “Vielleicht wird sich der Wohlstand wandeln, aber so, dass wir es nicht als Verzicht erleben werden.“ (2) Welchen “Wohlstand” viele nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben abschreiben müssen -wenn sie nicht rackern bis zum Umfallen- ist nichts anderes als der “Mindestanspruch” an einen Lebensabend in Würde. Und wenn das kein großer Verzicht ist, was dann? Die Parteien, die dafür gesorgt haben, dass es soweit gekommen ist, stehen nun wieder zur Wahl an.

“Es ist etwas aus dem Lot geraten, es soll gerechter in Deutschland zugehen” sagt ausgerechnet Peer Steinbrück, Kanzler-Kandidat der SPD im Wahlspot.(1). Ja, das sagt er – und dies klingt angesichts der Tatsache, dass derselbe Politiker für die Umsetzung der Schröder´schen Agenda 2010 und für Rente mit 67 mitverantwortlich zeichnete, nicht recht glaubhaft. Nach Schröders Wahlniederlage fand sich Steinbrück am Kabinettstisch von Angela Merkel wieder. Beim “Zukunftskongress” in Berlin im September 2012, sagte Steinbrück noch, die SPD habe bis 2009 „mehr richtig gemacht, als wir uns gelegentlich als Sozialdemokraten selber eingestehen“. (3)

Wenn es wieder gerechter zugehen soll, in Deutschland, muss die Rente zum Leben ausreichen – auch in der Zukunftsperspektive – und zwar nicht nur für die ehemaligen Besser-Verdiener, sondern für die Masse der Arbeitnehmer. Sie haben mit ihren Beiträgen die Sozialkassen Jahrzehnte lang aufrecht erhalten.
Dies bedeutet, dass der Staat seine Regulierungsmöglichkeiten einsetzen muss, um prekäre Arbeitsverhältnisse abzubauen, anstelle jene zum Standard werden zu lassen. (So etwas nannte man früher Sozialpolitik: Im staatlichen Bereich gehört die Sozialpolitik zu den ältesten Politikfeldern. Ihr primäres Ziel ist es, die soziale Lage benachteiligter Gruppen zu bessern, insbesondere durch eine Angleichung der Lebenschancen und Existenzbedingungen. (4) )
Also genau das Gegenteil von dem, was Merkel und Steinbrück vorhaben zu tun. CDU/FDP und SPD wollen den Markt weiter stärken, ihm beispielsweise mit der “transatlantischen Freihandelszone” immer weitreichendere Macht übertragen, anstelle ihre sozialpolitische Verantwortung wahrzunehmen. Selbst die Grünen wollen das “TTIP”-Abkommen, mit einigen sprachlichen und umweltpolitischen Retuschen. (5)

Die berechtigte Forderung nach einer Rente, die zum Bestreiten des Lebens ausreicht und die berechtigte Forderung darzulegen, wie dies künftig organisiert werden soll, steht weithin sichtbar als großes Fragezeichen im Raum. In den Wahlspots der Parteien gibt es dazu keine Antworten. Die Perspektive, dass zig-Tausende alte Menschen in Deutschland ein Leben in Armut führen müssen, ist nicht hinnehmbar. Schon heute sind 1,5 Mio. Menschen bei der Versorgung mit Lebensmitteln auf private Wohltätigkeit von Tafeln angewiesen. 260.000 davon sind Senioren.

Rackern bis zum Umfallen: 118.000 Mini-Jobber sind 75 und älter

über 900 Tafeln mit mehr als 3.000 Tafel-Läden und Ausgabestellen bundesweit (Gründung der ersten Tafel 1993 in Berlin) Quelle: tafel.de


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Erstveröffentlichung auf politropolis am 25.08.2013


Quellen – weiterführende Links

(1) Der SPD TV-Spot “Rednerpult des Volkes” zur Bundestagswahl 2013, SDPVision, youtube
(2) Merkel in Zitaten: Jetzt wird zurückgespart
(3) TAZ: “Der tapfere Sozialdemokrat”
(4) Wikipedia über Sozialpolitik
(5) Grüne über ihre Haltung zum Transatlantischen Freihandelsabkommen


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