Prügel in Namen des Herren

Prügel in Namen des Herren

Erziehung muss schmer­zen! Diese Auffassung ver­tre­ten fun­da­men­ta­lis­ti­sche Christen noch heute, da es so “in der Bibel steht”.

Obwohl das Schlagen von Kindern in Deutschland gesetz­lich ver­bo­ten ist, wider­set­zen sich streng­gläu­bige Christen dem Kindesrecht auf gewalt­freie Erziehung noch heute. “So gibt es unter streng­gläu­bi­gen Christen eine heim­li­che Kultur des Prügelns. Nicht nur mit der Hand, son­dern mit der Rute.”

In einem Artikel der Süddeutschen wer­den vor allem die Zeugen Jehovas und evan­ge­li­ka­len Freikirchen genannt, in denen die Prügelstrafe zur “nor­ma­len Kindeserziehung” gehö­ren.

Nach Angaben des Sektenbeauftragter der katho­li­schen Kirche in der Erzdiözese München und Freising, Axel Seegers, wur­den etwa 4000 Exemplare von “Wie man einen Knaben gewöhnt” und des­sen Nachfolgebuch von Michael und Debi Pearl in den letz­ten drei Jahren ver­kauft. In die­sem Machwerk, das offen­sicht­lich bis­her auf kei­nem Index lan­dete1, fin­den sich sol­che ent­setz­li­chen Sätze: “Wenn Sie sich auf das Kind set­zen müs­sen, um es zu ver­soh­len, dann zögern Sie nicht. Und hal­ten Sie es solange in die­ser Stellung, bis es auf­ge­ge­ben hat. … Manchmal bei älte­ren Kinder, wenn die Schläge nicht kräf­tig genug sind, ist das Kind noch auf­müp­fisch. Wenn das der Fall ist, neh­men Sie sich Zeit zum Erklären und ver­soh­len Sie wei­ter. Hören Sie mit Ihrer Disziplin nie auf, bevor das Kind sich erge­ben hat.”

Es gibt darin Anweisungen, mit wel­chen Hilfsmitteln Kinder wel­chen Alters geprü­gelt wer­den sol­len – dabei sind Säuglinge nicht aus­ge­nom­men! – und rät zu Knüppeln, Gürteln und grö­ße­ren Ästen.

So weit der Artikel, wie ich ihn heute für den hpd zusam­men­ge­fasst habe.

Aber ich möchte noch ein paar Worte mehr dar­über ver­lie­ren. Denn ich konnte das kaum lesen, ohne dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Es ist ja das Geschilderte nicht wirk­lich neu – lei­der nicht. Bereits im Januar 2011 berich­tete blick.ch dar­über, dass in christlich-fundamentalistischen Sekten das Prügeln von wehr­lo­sen Kindern (und zum Teil auch von Frauen) zum Alltag gehört. Und wer Augen hat, zu lesen, fin­det in christ­li­chen Foren rela­ti­vie­rende Sätze wie die­sen (wohl­be­merkt: von der oder einer der Moderatorinnen!):

Es hängt immer vom Kind ab, ob Strafen fruch­ten und sie soll­ten auf jedes Kind zuge­schnit­ten sein. Deprivate Kinder, die früh­trau­ma­ti­siert sind, rea­gie­ren manch­mal auf kei­ner­lei Strafe oder Belohnung und es ist ein wei­ter Weg, die harte Schale zu durch­sto­ßen und es braucht unend­lich Geduld.

Pflegekinder lie­ßen sich durch Nchts abschre­cken, wei­ter zu steh­len, sie waren so abge­brüht gegen jede Disziplinierung und kamen spä­ter ins Heim, wo sie wegliefen.Von den Schwestern hör­ten wir immer wie­der, wir hät­ten ihnen gar nichts zu sagen, sie hören nur aufs Jugendamt und auch das taten sie nicht.

Unseren Sohn brauchte man nur här­ter anzu­schauen, dann rea­gierte er.

Eines der Kinder, die wir hat­ten, brauchte als Liebesbeweis ab und zu den Klaps, weil das die ein­zige Art der Zuwendung war, die es kannte in den ers­ten Lebensjahren. Wenn es mich biss, bekam es einen Klaps, das war genau vor­her abge­spro­chen und geschah nie aus Emotionen und das Jugendamt sagte, wir als Eltern wür­den das schon rich­tig ent­schei­den.

(die Fehler sind so über­nom­men, wie dort geschrie­ben)

Das wurde am Sonntag, 19. Dezember 2010 ver­öf­fent­licht.

Seit dem November 2000 gilt in Deutschland jedoch:

Kinder haben ein Recht auf gewalt­freie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, see­li­sche Verletzungen und andere ent­wür­di­gende Maßnahmen sind unzu­läs­sig.

Das ist der § 1631 Abs. 2 S. 2 BGB. Wer sich also dage­gen ver­geht oder Bücher ver­treibt, die Kindern das Recht auf eine gewalt­freie Erziehung abspre­chen – oder – wie oben die Moderatorin – Gewalt gegen Kinder ver­harm­lost und vom zustän­di­gen Jugendamt noch bestä­tigt wird… sollte drin­gend einem Psychologen vor­ge­stellt wer­den. Denn viele von denen kön­nen nicht anders, weil sie es anders nicht ken­nen; anders nicht selbst erleb­ten.

Ich habe im letz­ten Jahr sowohl das “Ergebnis” von prü­geln­den, stra­fen­den Pflegeeltern erlebt: ein klei­nes Mädchen, das schon jetzt zum “psy­chi­schen Krüppel” gemacht wurde, so dass es Zeit sei­nes Lebens damit zu kämp­fen haben wird, als auch Menschen ken­nen­ge­lernt, deren Kindheit ein Trauma war; ich habe mit ehe­ma­li­gen Heimkindern gespro­chen und mit ande­ren Opfern kör­per­li­cher Gewalt…

Und ich weiß, dass Menschen, die Bücher wie sol­che, die die Süddeutsche anpran­gert, nicht nur lesen, son­dern ver­mut­lich auch umset­zen, sich zu staat­li­chen Erzieherinnen aus­bil­den las­sen. Wer schützt die Kinder davor? Wer?

Nic

  1. Hinweis: Die Süddeutsche schreibt in einem Postscriptum, dass eines der genannten Bücher inzwischen aufgrund von Intervention durch den Deutschen Kinderschutzbund von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert wurde. 

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