Also ging er auf die Erde und formte Menschen aus Ton. Und gab ihnen von den verschiedensten Tieren je eine Eigenschaft (vom Hund Gehorsam, vom Pferd den Fleiß, von der Schlange Doppelzüngigkeit, vom Pfau Selbstdarstellung). Athene – unter den zahlreichen GöttInnen Prometheus Freundin – gab den Menschen Verstand und Vernunft. Da lebten die Menschen auf, und Prometheus war ihr Lehrmeister.
Hier sitz’ ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich, …
Wir kennen Goethe.
Jedenfalls sann Zeus auf Rache, ließ Prometheus fangen und in die schlimme Einöde namens Kaukasus schleppen, wo er bleiben musste, an einen Fels über einem Abgrund gefesselt. Ohne Speis, Trank und Schlaf. Und an jedem Tag, den Zeus werden ließ, kam Adler Ethon und fraß etwas von Prometheus’ Leber, die sich zu dessen Qual immer wieder erneuerte, da er ein Unsterblicher war.
Gnade!
Zeus blieb unerbittlich. So sollte Prometheus Qual viele Jahrhunderte dauern, bis – endlich-endlich! – Held Herakles, von Mitleid erfüllt, Prometheus scheinbar erlöste.
“Scheinbar” nur deshalb, weil Zeus zweite Strafe gegenüber Prometheus ungleich grausamer geriet als die erste. Zeus sprach einen Fluch, demzufolge der Lehrmeister – (Zur Erinnerung: “Da lebten die Menschen, und Prometheus war ihr Lehrmeister”) – immer und immer wieder selbst belehrt werden sollte.
Keinen Schritt durfte Prometheus von nun an wagen, ohne Belehrung, keine Kreuzung passieren, ohne didaktischen Zeigefinger (“Sie sind nicht angeschnallt!), keine Speise sollte ihm munden (“vielzuviel Cholesterin!”), keine Pause ward ihm vergönnt (“Sie stehen im Parkverbot!”), kein Gassi ohne Vortag über Hundeerziehung, Kein Weblog ohne …
So leidet Prometheus heute noch. Bis eines Tages wieder ein Held des Weges kommt. Voller Mitgefühl.
Hätte er die Wahl, seine Leber würde er opfern – nur um nicht ständig belehrt zu werden.
