“Project X” oder Party bis zum Umfallen

“Project X” oder Party bis zum Umfallen

© Warner Bros. / Thomas, Costa und JB stürzen sich in ihre wilden Partynacht.

Die Warner Bros. Studios feiern sicherlich eine Riesen-Sause, wo ihnen der britisch/iranische Regisseur Nima Nourizadeh mit seinem Debüt „Project X“ bisher das Siebenfache der Produktionskosten ($12 Mio. US Dollar) wieder eingespielt hat. Über die Mundpropaganda lässt sich zwar streiten, sie tut dem Film aber sicherlich gut. Denn die drei Teenager, die in „Project X“ eine außer Kontrolle geratene Party mit Gästen im dreistelligen Besucherzahlbereich schmeißen, haben in den USA, wo der Film am 2. März startete, bereits mehrere Nachahmungstäter gefunden. Für die „Project M“-Party des High School-Schülers Mikey Vasovski in Farmington Hills, Michigan war nach zwei Stunden bereits Schluss. Die Polizei schickte die Partygäste nach Hause, bevor die über Twitter verbreitete Feier zu groß werden konnte. Ähnlich erging es Christopher Dade in Miramar, Florida, dessen “Project X House Party 2” allerdings noch vor ihrem Beginn von Polizeikräften verhindert werden konnte, indem sie Dade verhafteten, eine $4000 US Dollar hohe Strafe festsetzten und am Abend der vermeintlichen Party 2000 Jugendliche wieder nach Hause schickten.

“Project X” oder Party bis zum Umfallen

Die Partygesellschaft erfreut sich am "Naked Girls Only"-Pool

So weit kommt es in „Project X“ aber nicht, hier darf die Party genüsslich bis zum bitteren Ende gefeiert werden, trotz zwischenzeitlicher Stippvisite von einem Nachbarn sowie zwei Polizeibeamten. Aber davon lassen sich die drei eher durchschnittlichen Zwölftklässler nicht davon abbringen, endlich ihre Anonymität zu überwinden und eine Party zu veranstalten, die ihnen das Ansehen ihrer Mitschüler einbringen soll. Doch wie sich diese Party dann tatsächlich entwickelt, übertrifft selbst ihre kühnsten Erwartungen. Die Einladung verbreitet sich wie ein Lauffeuer und schon bald verlieren Thomas, Costa und JB die Kontrolle über ihr „kleines“ Vorhaben.

Ähnlich erging es wohl auch Nourizadeh, der bei dem Blick in das Drehbuch bereits die Kontrolle über sein Regiehandwerk verloren haben dürfte. Im Angesicht der vielen, vorpubertären Floskeln, die sich allesamt um Titten, Sex und Alkohol drehen, dürfte es aber wohl jedem anderen Regisseur ähnlich ergangen sein. Nun war Nourizadeh die leidtragende Person. Man kann es ihm als Neuling nicht verübeln, dass er dieses Projekt angenommen hat. Als Mischung aus den kürzlich gestarteten Filmen „Chronicle – Wozu bist du fähig“ (hier hat „Project X“ seine Found-Footage-Machart her) und „American Pie: Das Klassentreffen“ (dessen Humor der Film versucht noch auf die Spitze zu treiben) wollte der Regisseur natürlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Immerhin liefert der Film einen starken Anfang und ein aufreibendes Ende, dazwischen wünscht man sich jedoch den „Hangover“-Effekt des Vergessens. Zu Beginn haben wir also unsere drei Protagonisten, totale Loser, die von ihren Mitschülern entweder gehänselt oder gänzlich ignoriert werden. Es sind Nobodys, denen es nach Aufmerksamkeit verlangt, wie sie heutzutage gerne im Film benutzt werden. Was in „Chronicle“ mit übernatürlichen Superkräften funktioniert, wird hier mit einer übermenschlichen Party inszeniert. Der Aufbau gelingt, schafft es zumindest das Interesse auf diese Fete zu wecken. Es werden Einladungen per Telefon, Mundpropaganda und die heutzutage üblichen Online-Medien ausgeteilt, die Eltern abgewimmelt, Alkohol eingekauft und noch dazu ein paar Drogen bei T-Rick besorgt. Ein entwendeter Gartenzwerg mit erhobenem Mittelfinger wird später dafür sorgen, dass T-Rick dem Film ein flammenreiches Finale beschert. Gemeinsam mit zwei minderjährigen, dennoch aber höchst selbstbewussten Sicherheitskräften, die für den glatten Ablauf der Party verantwortlich sein sollen, bilden diese beiden Randhandlungen noch die unterhaltsamsten Minuten von „Project X“.

“Project X” oder Party bis zum Umfallen

Martin Klebba darf Mann und Frau in die Weichteile schlagen.

Der Rest besteht aus dem nervtötendem Griechen Costa, bei dem schnell das Gefühl aufkommt, dass seine verantwortungslose, lebensleichte Einstellung ein Kommentar auf Griechenlands Finanzmisere darstellen soll. Dann aber möchte man „Project X“ doch nicht so viel unterschwellige Raffinesse zusprechen. Thomas, in dessen elternlosem Heim das Chaos ausbricht, wird mit fortschreitender Party immer weiter an den Rand des Nervenzusammenbruchs getrieben, immer mit der Panik im Hinterkopf, was seine Eltern zu dem ganzen Durcheinander sagen werden. Wie gut, dass der Film keine Moralpredigt halten möchte und sich Thomas‘ Vater am Ende lieber stolz nach der Gästezahl erkundigt als ihm die Leviten zu lesen. Immerhin liegt ihm auch viel daran, dass sein Sohn kein Loser mehr ist. Das ist er dann auch tatsächlich nicht mehr. Am Folgetag ist schon wieder alles gut. Seine Schule heißt ihn jubelnd willkommen. Er hat die Party des Jahrtausends steigen lassen, dass wird man ihm auf Lebzeiten nicht vergessen. Wo sonst bekommt man die Möglichkeit wie auf einer wilden, von nackten Brüsten durchfluteten, musikvideoähnlichen Poolparty jegliche Hemmungen zu verlieren und bis in den nächsten Morgen hinein zu feiern? In den prüden USA nur im Kino, was den Kassenerfolg erklären dürfte.

„Project X“ bleibt allerdings höchst unnötige Kinokost, in der kein Satz ohne einen vulgären Ausdruck zustande kommt. Ebenso wenig wie eine sehenswerte Handlung, denn im Grunde verfolgt man lediglich eine Party, zu der sich ein paar merkwürdige Szenarien gesellen – darunter ein Zwerg, der kräftige Schläge unter die Gürtellinie verteilt. Dass Warner Bros. auch noch versuchen, ihre Zuschauer für dumm zu verkaufen und dem Film einen Dankessatz für die gesammelten Materialien voranstellt, durch die „Project X“ zusammengeschnitten werden konnte, grenzt im Umfeld von Filmen wie „Chronicle“, aber auch dem „Blair Witch Project“ oder „Paranormal Activity“ an eine Frechheit. Denn so mancher Film, der nicht dermaßen brachial versucht die Echtheit der gezeigten Szenen zu unterstreichen, funktioniert weitaus besser. Und am Ende steht die Drohung einer weiteren Party, die dann wahrscheinlich noch apokalyptischere Ausmaße annehmen soll. Hier sollten die Kinogänger ruhig mal eine Partyeinladung auszuschlagen wissen.

Denis Sasse

“Project X” oder Party bis zum Umfallen

‘Project X‘


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