Pro und Kontra zum Bürgerentscheid der Krankenhäuser Dresden

In Dresden steht wieder einmal ein Bürgerentscheid an. Am 29. Januar 2012 können 435.000 Dresdner wahlberechtigte Bürger(innen) über die Fragestellung: "Sind Sie dafür, dass die Krankenhäuser Dresden-Friedrichstadt und Dresden-Neustadt Eigenbetriebe der Stadt Dresden bleiben?" abstimmen. Mindestens 25% der Abstimmungsberechtigten müssen ihren, in den letzten Wochen erhaltenen, Wahlschein mit Ja! oder Nein! zwischen 8:00 und 18:00 Uhr in die Wahlurne werfen. Bei Abwesenheit ist auch Briefwahl möglich. Sollte die Wahlbeteiligung darunter liegen, entscheidet der Dresdner Stadtrat. Die Mehrheit des Dresdner Stadtrates will die beiden Krankenhäuser unter dem Dach einer gemeinnützigen GmbH zusammenlegen.
Ich versuche nachfolgend stichpunktartig die Pro- und Kontrasituation darzustellen:
Argumente der Gegner(innen) des Bürgerentscheids (mit "Nein" stimmen):
  • Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser hat sich mit einem Defizit von 11 Millionen Euro seit 2009 dramatisch verschlechtert.
  • Investitionsstau im zweistelligen Millionenbereich.
  • Weitersteigende Verluste wenn keine einschneidenen Veränderungen erfolgen.
  • Voraussetzung für das Sanierungskonzept ist die Fusion unter dem Dach einer gemeinnützigen GmbH (Städtische Kliniken Dresden gGmbH).
  • Keine Privatisierung, die gGmbH bleibt vollständig in städtischer Hand.
  • Erschließung von zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten.
  • Leistungsfähiges medizinisches Angebot mit sicheren Arbeitsplätzen.
  • Der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes wird weiter gelten.
  • Die Mitarbeiter erhalten eine Beschäftigungsgarantie.
  • Die Verwaltung kann verschlankt werden.
  • Eigenbetriebe sind Verwaltungsteile der Stadt ohne echte Entscheidungsbefugnis.
  • Um im Wettbewerb mit Privatkliniken mitzuhalten, müssen die Krankenhäuser wirtschaftlicher werden. Bisher machen sie sich Konkurenz.
  • Einsparversuche seit 2008 gingen wegen der Eigenbetriebsstruktur fast ausschließlich zu Lasten des Pflegepersonals.
Argumente der Befürworter(innen) des Bürgerentscheids (mit "Ja" stimmen):
  • Soziale Daseinsvorsorge, insbesondere die medizinische Versorgung der Bürger(innen) darf nicht kurzsichtigen Gewinninteressen und unkalkulierbaren Risiken des Marktes ausgeliefert werden.
  • Der Eigenbetrieb ist die klassische rechtsform für kommunale Unternehmen.
  • Die Defizite der beiden Krankhäuser, zusammen ca. 4 Millionen Euro, sind gemessen am Zuschussbedarf anderer städtischer Betrieb relativ überschaubar.
  • Negative Folgen möglich: Ausstieg aus Tarifverträgen, Ausgliederungen, Teilschließungen
  • Eine Rechtsformänderung brint keinen Cent mehr Einnahmen.
  • Eigenbetriebe haben kein Insolvenzrisiko, eine private Rechtsform schon.
  • Man kann sich nicht darauf verlassen, das die GmbH zu 100% im städtischen Eigentum bleibt. Möglichkeiten: Ausgliederungen oder Schließung von unrentablen Bereichen, Verkauf von Anteilen, Liquidierung.
  • Die Fusion der Krankenhäuser gilt als Vorwand für die GmbH-Bildung. Gerade aber in der Eigenbetriebsform können beide Krankenhäuser aus einer Hand geführt werden.
  • Umsetzung von betriebswirtschaftlich sinnvollen Veränderungen ist auch in Eigenbetrieben möglich und hätte längst umgesetzt werden müssen.

Die oben genannten Argumente habe ich versucht so objektiv wie möglich darzustellen. Es wäre natürlich nicht mein Blog, wenn ich hier nicht auch meine Sichtweise darstellen würde: Die Befürworter des Bürgerentscheids erwähnen mit keiner Silbe, dass die Umwandlung in eine gGmbH erfolgen soll. Eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) kann ganz oder teilweise von der Steuer befreit werden. Sie kann sogar Spenden emfangen und Spendenquittungen ausstellen. Sämtliche Gewinne müssen für den gemeinnützigen Zweck verwendet werden und dürfen grundsätzlich nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Eventuell erwirtschaftete Gewinne kommen also den Krankenhäusern zugute und dürfen nicht umgeschichtet werden, um andere Löcher zu stopfen. Die Stadt als Gesellschafter kann zum Beispiel durch Erhöhung des Stammkapitals das erforderliche Kapitalvolumen für Investitionen steuern. Selbst wenn die Gesellschafter (Stadt Dresden) Anteile verkaufen würden, solange sie 51%, also die Mehrheit halten, haben sie immer noch das Alleinbestimmungsrecht.
Bestes Beispiel dafür ist die Stadtentwässerung Dresden GmbH, hier gehören seit 2004 (!) 49% des Unternehmens zur Gelsenwasser Dresden GmbH, welche wiederum zu 100% zu Gelsenwasser gehört. Dieses Konstrukt arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich, Stellenabbau oder Negativschlagzeilen sucht man hier vergeblich.
Die Problematik der Defizite ist bei beiden Argumenationen nicht schlüssig. Unabhängig davon sollte jeder Dresdner Wissen, dass jedes Defizit aus unseren Steuergeldern refinanziert wird. Das heißt, jedem Steuerzahler muss daran gelegen sein, dass auch Krankenhäuser so wenig wie möglich Verlust machen sollten. Dies funktioniert meiner Meinung nach nur wenn entsprechende Verwaltungsstrukturen modernisiert werden. Der teure Eigenbetriebsapperat ist viel zu träge um strategisch wichtige Entscheidungen kurzfristig zu treffen.
Mein Entschluss steht insoweit fest, das ich mit "Nein" stimmen werde. Ich halte die Umwandlung strategisch für sinnvoll und denke das sie langfristig die Standorte sichert. Die typischen Argumentationen wie Arbeitsplatzabbau, Schließung usw. kann man an vielen Beispielen widerlegen. Ich bin gespannt wie es ausgeht und empfehle Euch, zumindest zur Wahl zu gehen. Denn ein Mitspracherecht in dieser Form haben wir Dresdner selten, also nutzen wir es. Weitere Infos findet Ihr unter dresden.de/wahlen.
www.groupon.de
Empfehlung: Dresdner Krankenhäuser und ein schwieriger Bürgerentscheid bei frankinformiert.wordpress.com
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