pressplay TV-Serientipp: The Knick

Gerade hatte Steven Soderbergh (Traffic, Ocean’s Eleven, Out of Sight, The Limey) nachdrücklich seinen Rückzug aus der Filmbranche angekündigt, schon taucht der talentierte Regisseur mit einer neuen, fantastischen TV-Serie wieder auf: The Knick.

Das ist auch gut nachvollziehbar, ist doch der Fernsehmarkt seit einigen Jahren dank großer, abwechslungsreicher und qualitativ hochwertiger Auswahl nicht nur für Schauspieler ein reizbares Arbeitsumfeld, sondern auch für Regisseure und Drehbuchautoren. Hat man bei einem Film im besten Fall zwischen zwei und drei Stunden Zeit, Atmosphäre aufzubauen, Charaktere mit diversen reizvollen Eigenschaften zu beseelen und mit einem intelligenten Handlungsverlauf das Interesse des des Zusehers zu wecken, so stehen einer TV-Serie oftmals dutzende Stunden zur Verfügung. Das dies natürlich auch gewaltig in die Hose gehen kann, zeigen viele Beispiele (man denke aktuell an The Walking Dead, Staffel 1-4 mit einzelnen Ausnahme).

So scheint zudem die Kategorie “Medical Drama” bei The Knick nicht unbedingt ein sonderlich vielversprechender Zusatz zu sein – Kaltes Schaudern beim Gedanken an Grey’s Anatomie, Emergency Room und Co scheint dabei unausweichlich zu sein. Doch auch wenn man Regisseur Soderbergh nun nicht sonderlich goutieren mag, so spricht doch seine bisherige Arbeit für sich und zeigt, das der Mann Geschichten erzählen, interessante Charaktere erschaffen und beides mit ansprechendem visuellen Unterbau aufbereiten kann.

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Was erwartet den skeptischen, aber neugierigen TV-Serienfan nun bei diesem neuen Drama, dessen erste Staffel mit 10 Folgen gerade in den USA ausgelaufen ist? Zunächst mal ein großartiges, weil innovatives Setting: The Knick ist zeitlich am Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelt, der Name selbst ist die Abkürzung für das Knickerbocker Hospital in New York (wenn auch in dieser Fiktion nur daran angelehnt). In für heute (dem Laien zumindest) unvorstellbarer Weise wird dem Zuseher vorgeführt, wie zur damaligen Zeit der Stand medizinischer Behandlungsmethoden – und genauer: der Chirurgie – war bzw. mit welchen Umständen Ärzte zu kämpfen hatten. Neben mit Muskelkraft betriebenen Gerätschaften zum Absaugen von Blut, der großzügigen Schmerzbehandlung mit Kokain und den katastrophalen Auswirkungen von Syphilis stehen auch mit zunehmender Häufigkeit und Intensität Rassenkonflikte auf der Tagesordnung.

Im Zentrum des Geschehens steht eine herausragende Besetzung großteils unbekannter, aber immens talentierter Schauspieler, darunter etwa André Holland als unterschätzter Chirurg Dr. Algernon Edwards, der physischen Konfrontationen nicht abgeneigt ist; Michael Angarano als untersetzter, aber aufmerksamer Dr. Bertie “Birdie” Chickering Jr.; Cara Seymour als ebenso resolute wie abgebrühte Nonne Harriet und Eve Hewson (Fun Fact: die Tochter von Paul David Hewson aka Bono) als aufopferungsvolle Krankenschwester Lucy. Über allen thront die zentrale Hauptfigur von The Knick, sowohl dramaturgisch als auch schauspielerisch, in Form von Dr. John W. Thackery, mit unglaublicher Bandbreite und nachdrücklich dargestellt von Clive Owen (Children of Men, Inside Man). Wie der Brite den gleichermaßen kompetenten, durch seine Drogenabhängigkeit dezent unzurechungsfähigen wie auch wechselweise sympathisch-abstoßenden Arzt darstellt, lässt so manchen Zuseher schon mal einen Vergleich zu anderen ambivalenten TV-Charakteren wie Walter White ziehen. Ernsthaft.

Und der Lobpreisungen nicht genug: Auch in Sachen Ausstattung, Kameraführung und akkurater Darstellung medizinischer Praxis lässt sich The Knick nicht lumpen und beeindruckt mit jeder Folge einmal mehr. Atmosphärische Bilder eines schmutzig-rustikalen New Yorker Straßenbildes von 1900 wechseln mit detailreichen Innenaufnahmen und blutigen Close-Ups, die nichts für schwache Nerven oder zarte Gemüter sind. Auch hier sticht eine Komponente besonders hervor, nämlich der exzellente, das Geschehen komplett konterkarierende Score von Cliff Martinez, der seit seiner Arbeit bei Drive sicherlich so einigen ein Begriff sein dürfte.

The Knick stellt in seiner erste Staffel eine spannende, visuell eindrucksvolle, düster-bedrohliche Angelegenheit dar, der man auf jeden Fall eine Chance geben sollte – schon alleine aufgrund der Möglichkeit, das gesamte Spektrum des Talents von Clive Owen zu erleben sowie sich davon zu überzeugen, das er und die (noch) unbekannte Besetzung weit mehr Aufmerksamkeit verdient als bisher.

www.cinemax.com/the-knick


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