Prekariatsrepublik Deutschland?

Ein Bruttostundenlohn von über 9,54 Euro? Davon können rund ein Viertel der Beschäftigten in der Bundesrepublik nur träumen. Prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen seit den "Reformen" von Schröders rot-grüner Bundesregierung immer weiter zu.

Wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervorgeht, verdienen 24,1% der Beschäftigten in Deutschland weniger als 9,54 Euro brutto pro Stunde. In Bezug auf die Zahl der Vollzeitbeschäftigten lag der Anteil der Geringverdiener mit einem Fünftel etwas niedriger, im EU-Maßstab ist dieser Wert aber immer noch vergleichsweise hoch. Selbst Staaten wie Bulgarien, Großbritannien, Polen oder Zypern weisen eine niedrigere Rate an Billiglöhnern auf als Deutschland.

Für das vor allem von Liberalen und Konservativen oft vorgebrachte Argument, mehr Niedriglohnsjobs würden für eine höhere Beschäftigung sorgen, weil auch Arbeitskräfte mit Handicaps eher eine Chance bekämen, fand der Autor der Studie, Thomas Rhein, keinen Beleg. Im Gegenteil, die Erwerbstätigenquote geht seiner Ansicht nach mit wachsendem Niedriglohnsektor sogar leicht zurück. Sein Fazit: „Dies würde dafür sprechen, dass eine erhöhte Lohnspreizung keine zwingende Voraussetzung für dauerhafte Erfolge am Arbeitsmarkt ist“.

Sozialdemokraten und Grüne als Neoliberale?

„Wir müssen einen Niedriglohnsektor schaffen, der die Menschen, die jetzt Transfer-Einkommen beziehen, wieder in Arbeit und Brot bringt.“ Dies sagte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder im Februar 1999 kurz nach seinem Amtsantritt. Mit der "Agenda 2010" wurde ausgerechnet von einer "linken" Regierung einer der europaweit größten Niedriglohnsektoren geschaffen. Die Gewerkschaften protestierten vergeblich dagegen. Doch inzwischen hat auch das nicht unbedingt als linksideologisch geltende Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit festgestellt, dass ein großer Niedriglohnsektor für eine hohe Beschäftigungsquote nicht nötig ist. Es gibt in Europa Länder wie Dänemark oder Schweden, die eine hohe Beschäftigungsquote haben – und relativ wenige Geringverdiener. Dennoch halten sowohl die schwarz-gelbe Bundesregierung als auch die rot-grüne Opposition an der Dumpinglohnpolitik fest.

Inzwischen spricht sich sogar eine Mehrheit von 57 der Topmanager für die Einführung von Mindestlöhnen in Deutschland aus, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Handelsblatts ergab. Auch wenn die angestrebten 8,50 Euro pro Stunde immer noch deutlich unter den 9,54 Euro liegen, so wäre dies immerhin ein erster Schritt in Richtung Armutsbekämpfung. Angemessen in Sachen Mindestlohn halten die befragten Manager im Durchschnitt sogar 8,88 Euro. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass gerade die Manager wissen, wie viel ihre Mitarbeiter tatsächlich verdienen, und wie schwer es ist, mit ein paar hundert Euro im Monat durchzukommen. Ganz zu schweigen davon, dass ein gesetzlicher Mindestlohn zumindest binnenwirtschaftlich mehr Vor- als Nachteile bringen würde.

Stärkung der Binnenkonjunktur

Besonders die kleinen und mittleren Unternehmen leiden massiv unter der sinkenden Kaufkraft der Bevölkerung. Höhere Löhne führen zwar auch zu höheren Lohnkosten und somit auch Ausgaben – allerdings machen die Löhne und Gehälter auch nur einen Teil der Gesamtkosten aus. Zudem erhöht ein stärkerer Binnenkonsum auch die Unabhängigkeit der deutschen Wirtschaft vor externen ökonomischen Effekten. Denn je stärker ein Land vom Export abhängig ist, umso mehr wirken sich Krisen in diesen Ländern auch auf die eigene Wirtschaft aus. So exportierte Deutschland im Jahr 2012 beispielsweise Waren im Wert von 9,48 Milliarden US-Dollar in die USA. Im Gegenzug wurden Waren im Wert von 4,125 Milliarden US-Dollar aus den USA importiert. Bei einem Zusammenbruch der US-Wirtschaft hätte der Wegfall dieser Exporte massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Bei anderen Ländern ist dies nicht anders.

Das Fazit: Die Einführung eines Mindestlohns kann unter Umständen vielleicht zu einer Schwächung der Exportindustrie führen, da dadurch die Produktionskosten ansteigen. Allerdings war Deutschland schon früher ein Hochlohnland, dessen Produkte trotz der höheren Preise reißenden Absatz fanden. Für die vielen Menschen jedoch die sich derzeit mit minimalen Löhnen von einem Monat zum anderen durchhangeln müssen, wäre dies ein Schritt hinaus aus der Armutsfalle. Auch wenn die deutsche Wirtschaft mit der Einführung des Mindestlohnes wahrscheinlich für 1-2 Jahre mit einer Dämpfung des Wirtschaftswachstums rechnen müsste, so sind die positiven langfristigen Effekte nicht zu vernachlässigen. Immerhin bedeuten höhere Löhne auch mehr Geld für die Rentenkassen, und eine Chance der Altersarmut zu entgehen.


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