António Costa, der portugiesische Präsident, hat in einem Interview mit der Agentur Lusa, veröffentlicht am Samstag, den 11. April, gesagt, daß die Corona-Krise die künftige Einigkeit der EU auf die Agenda gebracht hätte. Beispielhaft dafür sei die Haltung der Niederlande in der Frage der Bewältigung der finanziellen Folgen der Pandemie!
Costa bezog sich auf die Ablehnung der Euro-Bonds, u.A. durch die Niederlande, damit zugleich unterstellend, daß die Übernahme der Altschulden, entstanden u.A. durch Finanzkrise, Misswirtschaft und Korruption, unabdingbar sei um nach der Corona-Krise wieder zu einer Art von „Normalzustand“ zurück zu finden.
Mehr als eine ökonomische, gar nur finanzielle Frage stelle sich die Frage ob die EU der 27 oder die 19 Euro-Staaten fortbestehen werde, oder ob jemand daraus austreten wollte? Natürlich beziehe er sich auf Holland“, fügte Costa erklärend hinzu!
Persönlich glaube er, weil er ein unverbesserlicher Optimist sei, daß ein Europa der 27 und eine €uro-Gruppe der 19 tatsächlich möglich sei, aber dazu sei die politische Kapazität aller Beteiligten notwendig, sich nicht zu Geiseln der jeweiligen Populismen der einzelnen Staaten zu machen.
Costa erinnerte an das unsolidarische Verhalten der EU-Staaten in der Flüchtlingskrise, wo es mindestens 4 Staaten gegeben habe, auf die man in Europa nicht zählen konnte. Diese Situation wiederhole sich jetzt in der Corona-Krise.
Heute wisse man, daß man in einer Krise dieser Art NICHT mit der Solidarität der 19 €uro-Staaten rechnen könne, denn es gäbe MINDESTENS ein Land der Eurozone („natürlich“ die NL!) daß sich weigere die Tatsachen anzuerkennen, daß eine gemeinsame Währung gemeinsamer Anstrengungen bedürfe! (Schlichte Umkehrung der Ereignisse der letzten Jahre!)
Für den portugiesischen Regierungschef, einem Land mit zu diesem Zeitpunkt 435 Toten und über 15.000 Infizierten mit dem Corona-Virus, sei „eine gemeinsame Antwort auf die Pandemie keine Frage der Solidarität, sondern der Rationalität, weil Solidarität ein Ausdruck sei, den man gebrauche, wenn EIN Land ein Problem habe und man mit diesem (als Unbetroffener) solidarisch sei. In diesem Falle aber seien ALLE betroffen und die Pandemie stelle den gemeinsamen inneren Markt als GANZES in Frage!
Wenn es vor dieser Situation keine Rationalität gäbe um zu verstehen, daß man GEMEINSAM antworten müsse und keinen Mut den Populismen zu widerstehen, dann würde man wie im Wahlkampf agieren und nicht in Verantwortung für die Gesamtheit der Bürger dieser EU und dies bringe einem dann zu der Frage ob man eine gemeinsame Euro-Zone dieser 19 Staaten haben könne oder ob man andere Formen der Organisation im Inneren Europas haben müsse?“
Der Sozialist stellte zudem in Aussicht, daß sich der Europa-Rat (bekanntlich kein Organ der EU und eine ältere Organisation!), aber mit den Urdemokratien Russland und Türkei an Bord, in seiner nächsten Sitzung am 23. April mit diesem Thema beschäftigen könnte, weil innerhalb der EU einige Hauptstädte eine Einigung blockierten! Glaubt er wirklich mit der Hilfe von Russen und Türken zu „seinen geliebten Euro-Bonds“ zu kommen, die EU quasi dazu zwingen zu können?
Ich finde, man muss prinzipiell in alle Richtungen offen sein und die Problematik in ihrer Gesamtheit betrachten um zu einer möglichen Lösung zu kommen, z.B.:
1.) wie war die wirtschaftliche Lage aller EU Staaten seit der letzten Weltwirtschaftskrise?
2.) wie haben sich die EU Staaten danach bis zum Beginn der Corona-Pandemie entwickelt und verändert und warum?
3.) Was sind die bisherigen finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie?
4.) Wie werden sich die EU-Mitgliedsstaaten NACH der Corona-Krise entwickeln und was bedeutet dies für die künftige Finanzierung der EU? Deutschland war/ist extrem Export-lastig, Spanien hängt starkt vom Tourismus ab. Jedes Land muß daher einzeln betrachtet werden.
5.) Bei grundlegenden Verschlechterungen in den Wirtschaften der Netto-Zahler kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, daß diese trotzdem weiter zahlen „als sei nichts geschehen“ und wesentliche Empfänger von EU-Geldern weiterhin nationalpopulistisch „ihr eigenes Ding machen können“, ohne daß dies Folgen für ihre Finanzierung durch die EU haben würde?
Ich habe immer befürchtet, daß der BREXIT nur der Anfang, nicht das Ende der Austritte aus der EU sein würde. Zu viele Staaten und Kräfte dieser Welt (natürlich auch außerhalb Europas!) haben kein Interesse an einer starken EU und es existieren überall in den EU-Mitgliedsstaaten Nationalpopulisten, die sich allzu gerne „vor den Karren des Austritts spannen lassen würden“.
Von der gemeinsamen Geschichte, vom gemeinsamen Handel und dessen Bedeutung und von der wirtschaftlichen Basis her wären die Nordsee-Anrainerstaaten vermutlich die wahrscheinlichsten Austrittskandidaten?