Poesie des Alltags: Stalins Badezimmer

Es gibt ja Geschichten, die so schön sind, dass es im Grunde keine Rolle spielt, ob sie wirklich wahr sind oder „nur“ erfunden. Oft ist eine gut erfundene Wahrheit ja ohnehin viel schöner als die schnöde Realität.

Eine dieser gut erfundenen Wahrheiten ist Stalins Badezimmer – einen Ausdruck den ich noch nie gehört habe, obwohl ich einige Jahre in der zweiten Reihe hinter der Karl-Marx-Allee gewohnt habe. Diese soll nämlich einst im Ostberliner Volksmund Stalins Badezimmer genannt worden sein. Wegen der Fliesen an den Fassaden der imposanten Häuser, die der einstigen Stalin-Allee ihr markantes Gesicht verleihen.

Natürlich kenne ich den Klops am Stiel auf dem Alex, den Dreikäsehoch, jene löchrige Stahlskulptur, die zwischen Treptow, Kreuzberg und Friedrichshain in der Spree steht, und die Bundeswaschmaschine. Und das Kanzleramt sieht auch wirklich so aus – von der Funktion ist es ja auch eine, also eine Waschmaschine, in der so viel Wahrwasch betrieben wird, dass noch immer erstaunlich viele Leute glauben, was Politiker sagen.

Lustigerweise sagen sie manchmal auch Wahrheiten, die dann aber umgehend dementiert werden, wie Brüderles Aussage, dass die hektische Abschaltung der ältesten Atomkraftwerke in Deutschland reine Wahlkampftatik gewesen sei und keine rationale Entscheidung. Gut, sowas passiert. Und wird gleich gierig katastrophisiert, vom Brüderle-GAU ist schon die Rede gewesen, manche fordern gar seine sofortige Stilllegung. Und das alles nur, weil er ausgesprochen hat, was ohnehin alle denken. Aber jetzt bin ich schon wieder bei der blöden Politik, wo ich doch heute über Poesie schreiben wollte. Die wunderbare, weil unerwartete Poesie des Alltags, wie sie in Geschichten wie der über Stalins Badezimmer durchschimmert.

Poesie des Alltags: Stalins Badezimmer

Stalins Badezimmer - mit viel Schaum.

Dieser Begriff wurde als dermaßen authentisch und plausibel eingestuft, dass der Erfinder den entsprechenden Artikel dazu nicht einmal mehr aus Wikipedia löschen konnte, als ihn angesichts der rasanten Verbreitung des in weinseliger Stimmung erfundenen Ausdrucks das schlechte Gewissen überkam und er von ihm in die Welt gesetzen Eintrag aus dem Online-Lexikon löschen wollte. Seine Löschung wurde rückgängig gemacht. Nebenbei auch interessant, dass ein Projekt wie Wikipedia inzwischen ebenfalls als Wahrheitsmaschine funktioniert. Mittlerweile gibt es unter dem Wikipedia-Eintrag zur Karl-Marx-Allee allerdings eine Richtigstellung des Sachverhalts. Schade eigentlich.



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