Phoenix-Diskussion: Die unverstandenen Schulden

Es ist beinahe schon peinlich, wenn man die Diskussionen bei PHOENIX verfolgt, bei denen es um den Schuldenberg geht. Gestern konnte man die Diskussion zwischen Volker Wissing (FDP) und Dietmar Bartsch (Die Linke) sowie dem Moderator Christoph Minhoff verfolgen. Wer aber fundierte Informationen über die Entstehung und den Sinn des Schuldenberges erwartete, der wurde an und für sich enttäuscht.

Der Moderator Minhoff hatte versäumt einmal danach zu fragen, ob ein Staat ohne Schulden überhaupt denkbar wäre?! Aber da will man bei Phoenix offenbar gar nicht zu sehr in die Tiefe gehen, um Politiker wie Volker Wissing (FDP) blamabel dastehen zu lassen.

Um es vorwegzunehmen: Ein fortschrittlicher Staat ohne Schulden ist eher unwahrscheinlich! Die Frage ist vielmehr, wie hoch die SCHULDEN sein dürfen, damit nicht die Demokratie Schaden nimmt!

Das Wort “Schuld” erweckt bei vielen Menschen eher negative Vorstellungen. Wer will schon “schuldig” sein, auch im biblischen Sinne. Aber damit haben die “Schulden” im volkswirtschaftlichen Sinn wenig zu tun. Eine volkswirtschaftliche Schuld ist dann gerechtfertigt, wenn zum Beispiel sinnvolle Investitionen erst in der Zukunft zu Steuereinnahmen führen, die dann die aufgenommenen Schulden wieder zurückführen. Eine Vorgehensweise, wie sie auch für beinahe jedes Unternehmen in der Wirtschaft typisch ist.

Oder anders gesagt: Schulden sind a priori nicht BÖSE!

Es kommt also vielmehr darauf an, wofür man Geld, das man derzeit nicht hat, ausgibt bzw. ausgeben muss (z.B. Renten und Ausgaben für das Gesundheitssystem).

Auch die Ursachen des derzeitigen Schuldenberges von ca. 1,8 Billionen Euro (= 1.800 Milliarden Euro) sollten an und für sich bekannt sein und bei jeder seriösen Diskussion zumindest genannt werden.

Es war nämlich die völlig verfehlte Finanz- und Wirtschaftspolitik nach der Wiedervereinigung, auch die Vernachlässigung der Steuereinnahmen durch die Kohl/Genscher – Regierung nach 1989, die den damaligen Schuldenstand von ca. 600 Millionen DM (!) auf jetzt ca. 1,8 Billionen Euro im Wesentlichen verursacht hatte.

Nach dem Ableben von Carsten Rohwedder, damaliger Chef der Treuhand, und Alfred Herrhausen (Vorstand Deutsche Bank), die beide vehement für eine Erhaltung und sogar den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den ehemaligen Comecon-Staaten, insbesondere Russland eintraten, wurde die Politik des Kalten Krieges auf Wunsch der US-Administration durchgesetzt, weil man die Ostblockstaaten nach wie vor wirtschaftlich niederringen wollte.

Das führte zu einer industriellen Brachlandschaft in der ehemaligen DDR; übrig blieben Transferzahlungen (Renten, Gesundheitskosten) von jährlich ca. 100 Milliarden DM!

Da die Kohl/Genscher-Regierung die Finanzierung dieser politisch selbst herbeigeführten Dauerbelastung über Steuern und Abgaben verweigerte, weil man dem neoliberalen Wahnwitz frönte und bereits damals die Reichen und die Superreichen und die gewinnträchtigen KONZERNE und großen Unternehmen schonen wollte, blieb es nur bei der nicht ausreichenden Solidaritätsabgabe zur Lohn- und Einkommensteuer.

Daraus erklärt sich im Wesentlichen der Schuldenaufbau von jährlich ca. 50 Milliarden Euro, so dass der Schuldenaufbau alleine aus den zuvor geschilderten Gründen mit ca. 1 Billion Euro (20 Jahre x 50 Milliarden Euro) auf die völlig verfehlte Politik der UNION und der FDP zurückzuführen ist!

An und für sich sollten diese Zusammenhänge dem Moderator Christoph Minhoff bekannt sein! Dass der neoliberale Volker Wissing (FDP) solch ein Thema nicht anschneiden will, ist verständlich. Und Dietmar Bartsch wollte wohl nicht daran erinnern, weil er damit die sachfremden Parolen über die “Pleite der Ex-DDR” heraufbeschworen hätte, die von den neoliberalen Medien und von UNION und FDP in die Köpfe der Bürger gepflanzt wurden. Dass aber die “Pleite-Vorwürfe” bezogen auf einen “Staat” wenig geeignet sind, um die von Rohwedder und Herrhausen beabsichtigte Ostpolitik mit der Erhaltung überlebensfähiger industrieller Bereiche der Ex-DDR zu konterkarieren, ist für den ökonomischen Laien nicht sogleich nachvollziehbar. Da wirken die von UNION und FDP bis heute verbreiteten unwahren Stammtischparolen nachhaltiger, als die profane Wahrheit.

Insofern schließt sich die Frage an, ob die verbleibenden ca. 600 Milliarden Euro an Schulden vertretbar sind oder nicht. Der Anstieg im Vergleich zu den ca. 600 Milliarden DM (inklusive “Schattenhaushalt”) bis 1989 zeigt, dass “kaufkraftbereinigt” (Hinweis: auch unter Berücksichtigung der Inflationsrate) der Unterschied nicht so groß erscheint, auch angesichts der “grundgesetzwidrigen” Banken- und Euro-Rettungspakete.

Dass die Sünden der Vergangenheit, von UNION und FDP unter Führung von Kohl/Genscher verursacht, bis heute nachwirken liegt daran, dass der neoliberale Zeitgeist bis heute eine stärkere Belastung hoher und höchster Einkommen verhindert hat, um die durch die verfehlte UNIONS-/FDP-Politik auch anwachsenden Zins- und Zinseszinslasten durch “Tilgung” abzubauen. Vielmehr wurde seit Jahren eine Umverteilungspolitik von unten nach oben verfolgt, die erst die Gier und Abzockermentalität geschürt hatte und viele Unternehmen und sogar Kommunen sich häufiger in den Casinos aufhielten, als ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen.

Ich will gar nicht verlangen, dass Politiker in solch einer Sendung volkswirtschaftlich fundiert darlegen können, wie hoch der Schuldenstand in Deutschland unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einflussfaktoren wie “Investitionen in die Zukunft”, wie Forschung und Entwicklung oder Ausgaben für die Bundeswehr usw. sein sollte. Hier wären die Volkswirtschaftler aus der Wissenschaft gefragt, die erst einmal eine schlüssige Modell-Berechnung vorlegen müssten. Aber auch das dürfte schwierig werden, weil, abgesehen von den Professoren Hickel, Starbatty, Hankel, Flassbeck und einigen wenigen anderen Wissenschaftlern die Universitäten und Hochschulen mit neoliberalen Irrläufern besetzt wurden. Das sind die Leute, die heute noch den Wahnwitz des neoliberalen Zeitgeistes, der in die Finanzkrise und zur Geldschöpfung aus dem Nichts (=Diebstahl der Realprodukte und –leistungen) in Billionenhöhe weltweit geführt hatte, vertreten.

Aber festzuhalten ist, dass ein volkswirtschaftlich fundierter “Schulden – Sollwert” für Deutschland der Bevölkerung nicht bekannt gegeben wird, wenn er denn überhaupt schon nachvollziehbar ermittelt wurde.

Das zeigt den “Blindflug” in der Politik. Tatsache ist, dass viele Politiker überhaupt nicht wissen, wovon sie überhaupt reden. Zu hören sind von UNION und FDP allenfalls die alten neoliberalen Glaubensbekenntnisse, die unabweisbar in die FINANZKRISE geführt haben.

Die mangelnde Kenntnis der volkswirtschaftlichen Zusammenhänge, insbesondere der Funktion des GELDES, führt dazu, dass die Frage des Zinses und der Geldschöpfung aus dem Nichts durch BANKEN nicht diskutiert wird.

Seit Jahren wird die Behandlung der Frage unterdrückt, warum der Staat mit seinem “Geldmonopol” überhaupt Zinsen an Privatbanken zu zahlen hat?!

Es wäre durchaus denkbar und sinnvoll, dass der Staat im Rahmen seiner “Soll-Verschuldungsgrenze” direkt von den Bundesbank Finanzmittel erhält, die unverzinslich sind. Das würde den Haushalt spürbar entlasten und die Banken auf das “private Geschäftsfeld” konzentrieren. Niemand könnte sich mehr den “Staat zur Beute machen”, wenn man auch die toxischen PPP-Geschäfte (Private-Public-Partnership) der Kommunen unterbinden würde.

Alleine die zuletzt genannten Punkte würden den Schuldenberg signifikant abbauen!

Wer die gestrige Sendung bei Phoenix verfolgt hat und mit den vorstehenden Gedanken vergleicht dem sollte klar sein, auf welchem unzureichenden Niveau solche Sendungen moderiert werden. Die Moderatoren sollen die Politiker offenbar nicht mit Fragen konfrontieren, die dringend zu beantworten wären. Man will offensichtlich insbesondere die “Regierungsparteien” schonen, eine Art Medienpolitik, die den neoliberalen Zeitgeist, die Gier und die Abzockerei erhalten soll.

Bei Phoenix und anderen Sendern sollen nur “Einzelfragen” diskutiert werden, ohne jeden volkswirtschaftlichen Zusammenhang und ohne Ursache und Wirkung zu nennen, die, wie oben dargelegt, erst zu dem hohen Schuldenberg geführt hatten.

Damit soll das Versagen der UNION/FDP seit 1989 verdeckt werden; hohe und höchste Einkommensbezieher, die aufgrund der Steuererleichterungen so gut wie nichts zur Wiedervereinigung beigetragen hatten, sollen nach wie vor geschont werden.

Der neoliberale Zeitgeist feiert auch bei Phoenix Urständ.

Nur der Wähler hat es in der Hand, die Taugenichtse der Union und der FDP aus den Regierungen (Bund, Land, Kommune) herauszuwählen. UNION und FDP und Teile der SPD wollen am neoliberalen Zeitgeist festhalten; die Spekulations-Casinos wurden nie geschlossen, ganz im Gegenteil. Jetzt konzentriert man sich spekulativ sogar auf Nahrungsmittel! Das führt und führte bereits zu Hungersnöten und Unterversorgung, auch angesichts der Umarbeitung von 800 Millionen Tonnen Mais und Getreide zu Brennstoff! Die Gier ist erfinderisch.

Jede andere Regierungskoalition wäre ein Segen für Deutschland, die EU und die Zukunft der Kinder.

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