Partypeople

(Keine Sorge: Den 3. Teil der glorreichen Martin-Reihe gibt es noch, nur muss ich dafür in der richtigen Stimmung sein!)

Letzte Woche wollte ich auf eine Party gehen.
Schwierig, schwierig, denn auf Menschen zugehen, also aktiv von meiner Seite aus, das ist für mich meistens ahrg! und gah!
Aber ich bleibe dran!

Ich wollte also letzte Woche auf eine Party gehen.
Eine Motto-Party, um genau zu sein, die eine bestimmte Zielgruppe angesprochen hat. Vom Alter her theoretisch ab 16 oder so. Bis zu den berühmten 99, ich frage mich noch Heute, was das soll: Haben die kein Unendlichkeitszeichen auf der Tastatur gefunden? Oder läuft das auf Altersdiskriminierung heraus?
Na egal und anyway, da bin ich als hin.

Die meisten Menschen – soweit ich das einschätzen konnte – bewegten sich so zwischen Anfang 20 und Ende 50. Wunderbar, da pass ich doch rein!

Das Thema der Party interessierte mich brennend und ich freute mich auf lebhafte Diskussionen und nette Gespräche. Und hoffte, vielleicht auch ein paar nette Leute kennen zu lernen, mit denen ich mich auch dauerhaft würde austauschen können.

Ich nahm also all meinen Mut zusammen, atmete tief durch, betrat quasi die Bühne und stellte mich vor.
Überraschend viele Menschen kamen auf mich zu, begrüßten mich super-lieb und waren total freundlich. Ich strahlte bis über beide Backen Wangen und fühlte mich total willkommen. Und – abgesehen davon, erst all meinen Mut zusammenzukratzen – war das auch ganz einfach gewesen. Warum bin ich nicht schon viel früher auf so eine Party gegangen?

Ich lächele, mache ein wenig Smalltalk, hole mir etwas zu trinken. Schaue mich um. Inzwischen haben sich – wie das nunmal so ist auf solchen Veranstaltungen – Grupen und Grüppchen gebildet. Etwas unsicher schaue ich mich um. Entdecke hier und da Leute, mit denen ich schon geplaudert habe, aber die sind alle in ein Gespräch vertieft … Da will ich mich weder zwischen- noch aufdrängen, ach, es grüßt die Sozialinkompetenz!

Ich gehe weiter, schlendere herum, spitze die Öhrchen. Laute Gruppen, in denen trotz der frühen Stunde schon hitzig und allzu lebhaft diskutiert wird, meide ich; dem fühle ich mich schlicht noch nicht gewachsen.

Ich entdecke Grüppchen, da sehen die Leute so eng miteinander aus, sind eingehakt Arm in Arm, werfen sich Stichworte zu, die ein anderer sofort aufschnappt, machen Insiderwitze, die ich nicht verstehe, da fühl ich mich ganz kläglich und klein: Wie soll ich da je reinkommen? Und überhaupt: Wollen die mich überhaupt? Denn es ist schnell klar: Hier kennt man sich seit Jahren, ist ganz dick miteinander. Ich ärgere mich: Was wollen die dann hier, auf einer Party? Plaudern und so können die doch auch woanders, sollen die doch in eine BAr oder ein Cafe gehen, ist mir doch egal! Aber hier geht es doch darum, auch mal wen Neues kennenzulernen, oder etwa nicht? Warum kommen die überhaupt hierhin, wenn die sich so verhalten, dass jedem Deppen klar ist: “Wir sind eine geschlossene Gruppe, also nerv nicht!”????

Ich spreche ein paar Leutchen an, die ganz nett scheinen. Nur leider sind die noch schüchterner als ich, schauen mit staunendgroßen Augen umher und sind überhaupt einfach nur ganz hibbelig, überhaupt hier zu sein. Das sind jene, die damit zufrieden sind, sich irgendwo hinzustellen und einfach nur zuzuhören. Nett sind sie, ja, aber was habe ich davon? Ich bin ja schließlich kein Alleinunterhalter.

Ja und dann – ich hatte fast schon aufgegeben und wollte gehen – bekomme ich ein Gespräch mit. Die Gruppe ist nicht zu klein und nicht zu groß. Das Thema interessiert mich brennend, genau genommen gehört es zu meinen Lieblingsthemen. Da fühle ich mich sicher und habe eine Meinung, mir aber auch schon über andere Meinungen Gedanken gemacht. Außerdem habe ich – Berührungsängste hin oder her – Spaß an Diskussionen und überhaupt freue ich mich tierisch, hier Leute zu treffen, die sich für dieses doch für Viele oft langweilige Unterthema genauso brennend interessieren wie ich!

Strahlend geselle ich mich dazu, mache eine spontan-wiotuzige Bemerkung und werde in den Kreis aufgenommen. Ein paar Leute rücken ein Stück zur Seite und schon ist da ein Platz für mich frei. Ich kann mein Glück nicht fassen – sollte ich endlich neue, nette Leute kennenlernen? Vielleicht sogar – ich wage kaum, zu hoffen – Freunde?

Meine anfängliche Euphorie verfliegt schnell. Jetzt heißt es, sich nach gelungenem Start auch aktiv einzubringen! Gar nicht so einfach, hat der offensichtliche Wortführer doch eine Menge Argumente und noch mehr Atem, sie darzulegen. Und dann kontert auch schon der “Gegener”: Gar nicht so einfach, dazwischenzukommen!
Die anderen werfen hin und wieder etwas ein und schließlich traue auch ich mich. Läuft gut, Schulterkopfen, Bestätigung, die sich warm um mein Herz legt.

Aber ganz plötzlich läuft es ganz furchtbar schief. Ich habe ein paar Sprüche gemacht und Lacher bekommen. Der Wortführer beäugt mich irgendwie scheel. Auch sein Debattiergegner zieht eine Fleppe, als ich es wage und meine Meinung zu dem Thema darlege. Mit meinen Worten und meinen Argumenten und eben auch mal mit 10 Sätzen, statt nur einem. Und natürlcih ist meine Meinung ein bisschen anders.

Wortführer und Kontrahent stellen sich zusammen, finstern mich an. Und auf einmal sehe ich mich einer Front entgegengestellt, die mir Sätze entgegenschleudert wie: “Du hast doch keine Ahnung!”, “Wie kann man nur so einen Stuß reden?”, “Hör erst mal zu, Du kannst doch noch gar nicht mitreden”, “Liest erst mal das und das, bevor Du Dich hier einmischst”, “Mann, bist Du blöd!” und so weiter.

Ich weiche zurück, bin fassungslos, wie vor den Kopf geschlagen: Was ist passiert?
Ich bin viel zu perplex, um wütend zu sein; das wird später kommen, ich kenne mich.
Aber ich bin ja nicht allein, oder?
Hilfesuchend schaue ich die Anderen an, das sind ja schließlich so Einige und ich kann mir gut vorstellen, dass es denen auch schon auf den Keks gegangen ist, überwiegend zum Zuhörer abkommandiert worden zu sein.
Aber niemand erwidert meinen Blick.
Und als ich mich stotternd und stammeld zu wehren versuche, mich erklären will und auch deutlich machen möchte, dass das total gemein ist, mich hier zu beschimpfen und zu beleidigen, nur, weil ich auch mal was sage … tja, tritt niemand für mich ein.
Keine einzige Sau sagt etwas oder steht mir sonstwie irgendwie zur Seite. Während die Beiden weiter drohend auf mich zugehen, so dass ich immer weiter zurückweiche und schließlich aus der Tür raus bin.

Und das, meine Lieben, dieses Spielchen hat sich schon so oft wiederholt, dass ich jetzt mit absoluter Gewissheit sagen kann: Ich bin fertig mit Foren!
Und schlimmer als die größten Laberbacken oder Besserwisser, Beleidiger, Aufschneider, Trolle und Konsorten finde ich diejenigen, denen ein Mitmensch, mit dem sie grade noch fröhlich geplaudert haben, so wenig wert ist, dass sie nicht einmal einen einzigen verdammten Kommentar dazu schreiben, sondern einfach nur zugucken.
Und ja, so etwas tut mir dann IN ECHT WEH! Ich weine dann auch IN ECHT! Weil ich ein ECHTER MENSCH bin!

Also feiert Eure Selbstbeweihräucherungs-Mitläuferpartys ohne mich – ich habe fertig!


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