von Georg Korfmacher
WEIMAR. (fgw) Nicht nur von der eigenen Vergangenheit eingeholt, wird der Papst nun auch noch rechts und links von Problemen überholt. Bunt geht es durch- und gegeneinander. Eine Ordnung oder Richtung ist nicht erkennbar.
Geht es nach Mag. theol. Michael Gurtner (kath.net 7.2.2011) ist alles „verzweckt” und sehr verzwickt. Was der Papst seinerzeit und was heute 144 Theologen anregen, ist für ihn „ein himmelschreiender Skandal”, eine „Forderungen nach einer Protestantisierung der katholischen Kirche”. Und der Papst ist damit unvermittelt in der Bredouille. Wie soll er denn heute gegen sich selbst Stellung beziehen. Gurtner will partout keine Verbindung zwischen dem missbräuchlichen Gebrauch der „Glieder der Kirche und auch des Klerus” und der Hinterfragung des Zölibats sehen. Ginge es hier nicht um Strafrecht, könnte einem das Gezänk der Catholica gleichgültig sein. Aber leider kommen ihre Gebaren immer wieder in Konflikt mit den Spielregeln unserer Republik und provozieren geradezu den Ruf nach konsequenter Trennung von Staat und Religionen.
Aber siehe da, die Laizisten in Deutschland stehen gar nicht allein. „Es ist zwingend erforderlich, religiöse und staatliche Angelegenheiten voneinander zu trennen”, fordern katholische Bischöfe. Und Terry Sanderson, Präsident der britischen National Secular Society (NSS), kommentiert typisch englisch: „Es ist erstaunlich, dass die katholischen Bischöfe in Pakistan die Vorteile des Säkularismus erst entdecken können, wenn sie die verfolgte Minderheit sind”.
Anlass der Forderung ist die Diskussion um eine Reform der Blasphemiegesetze in Pakistan, auf denen die Catholica in Deutschland geradezu dogmatisch besteht. Unser § 166 StGB ist ein Schwert zur Verteidigung des christlichen Gottes, während es bei den Mohammed-Karikaturen in der Scheide blieb. Gleiches Recht für alle?
Trotz anderer Beteuerungen tut sich der Papst schwer mit dem Islam. Schon bei seiner Vorlesung in Regensburg hatte er die Muslime schwer vergrault. Und jetzt stempelt er die in Tunesien für Demokratie und Laizismus demonstrierenden Menschen als Fundamentalisten ab, hatte er doch in seiner „Friedensbotschaft” zum 1. Januar Laizismus mit Fundamentalismus gleich gesetzt. Theokratie und Demokratie vertragen sich ganz offenbar nicht.
Jetzt also die Initiative des Vatikans mit dem „Vorhof der Heiden”. Geht es jetzt allen Ungläubigen an den Kragen? Ein Blick zurück ohne Zorn muss gleichwohl hellhörig machen. Der grosse Papst Gregor hatte seinerzeit seinem Mitbruder Januarius von Calaris auf Sardinien wärmstens empfohlen, nach vergeblicher überzeugender Emahnung, die freien Menschen durch strenge Kerkerhaft zur Reue zu bringen, um so durch körperliche Qualen die Ungläubigen zum erwünschten guten Glauben zu führen. (Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums, Bd 4, S. 175) Von den Weisungen für Sklaven ganz zu schweigen. Heute haben wir sicherlich von der Hirtensorge des Papstes ähnliches nicht zu befürchten. Aber wie sieht es da bei den radikalen Christen der Emmanuel-Bruderschaft, oder bei Opus Dei oder der Pius-Bruderschaft aus?
Vor dem geplanten Papstbesuch in Deutschland passen solche Schlagzeilen weder der Catholica noch unseren Politikern, die gerade von Kardinal Brandmüller wegen Einmischung in kirchliche Angelegenheiten peinlich abgekanzelt worden sind. Und der Papst schweigt bei seiner verzweifelten Suche nach einem Ausweg. Vielleicht stolpert er dabei über Kurt Tucholsky: Was die Kirche nicht verbieten kann, das segnet sie. Oder typisch amerikanisch: Wenn Du es nicht schlagen kannst, kaufe es! Sonst droht nach Küng eine zweite Reformation.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]