Paleo ist das neue Vegan

20140507-DSC_0319-2Julihitze und Augustträgheit. Süsse Schlagworte für einen noch süsseren Sommernachtstraum. Wir feiern einen herrlichen Sommer! Nachts vor Gluthitze nicht schlafen können, literweise kühles Sprudelwasser die Kehle herunterrinnen lassen, vor und nach der Arbeit ein Bad im Meer nehmen. Die Touristenströme ebbten nach den Feiertagen nur kurz ab, um mit Ferienbeginn erneut anzuschwellen. Deutschland feiert sein Sommermärchen, nicht nur im Fussball. Pensionen und Hotels sind ausgebucht, die Eisverkäufer stöhnen, weil ihnen die Abwärme der Kühltruhen im Eiswagen das Leben zur Hölle macht, mittags ist das Inselzentrum wie ausgestorben und füllt sich erst wieder am Abend, wenn herausgeputzte Menschen in die Restaurants und Kneipen strömen.
Bei uns zu Hause geben sich die Besucher fliegenden Bettenwechsel. Manchmal sitzen wir nach fünf Tagen Trubel morgens beim Frühstück und sind ganz verwirrt, weils so ruhig ist und niemand aus dem Bad ruft: ” Ich nehm heut zwei Vollkorncroissants bitte.” Lieber Besuch! Ihr stört uns nicht. Auch wenn das gerade so erscheint. Nein! Auch wenn wir manchmal etwas sarkastisch anmuten und die Augen rollen. Wir brauchen Euch wie Ihr unser Gästebett. Hin und wieder die fröhliche Turbulenz, die beschwingte Unterbrechung des Alltags hier auf der Insel. Was täten wir ohne sie. Langweilige Sommer gekrönt von dunklen, tristen Wintern? Nein Danke!
Vor wenigen Tagen  sassen wir beim Grillen und ich begann mich mehr und mehr in meiner AntiVeganie zu verlieren. Ja, ich gebe zu, ich habe ein gewisses Feindbild entwickelt. Es ist aber auch schwer sich diesem IdealMaßwahn zu entziehen. Selbst hier auf der Insel. Ich wetterte so vor mich hin, da fragte mich meine Freundin: “Du echt jetzt? Ihr seit noch bei Vegan? Oh Mann das ist doch längst überholt. Paleo ist doch jetzt voll im Trend. Soll megagesund und überhaupt das beste Ernährungskonzept seit Twiggy sein.”

“Wie jetzt?!” Ich staunte Bauklötzer. “Vegan ist nicht mehr im Trend? Und das haben die Hasen hier noch nicht geschnallt?”

“Ja, stell Dir vor, bei uns essen alle nur noch hin und wieder Fleisch, selbiges vorzugsweise roh, nein! ich meine nicht blutig,frisch vom Bein quasi. Der tägliche Rohkostplan enthält wenig Getreide und vorzugsweise Urkörner. So wie die Steinzeitmenschen gegessen haben. Das Obst und Gemüse das grad wuchs und das Getreide, welches wild am Wegessaum wucherte und wenn der drahtige Steinzeitvati einen guten Tag hatte, gabs auch mal selbst erlegtes Fleisch.Mangels Feuerstein das halt im Urzustand, frisch von der Keule sozusagen.”

“Ach was- kein Vegan mehr.” Eine gewisse Ernüchterung klopfte an die Tür, wenn auch ich gleichzeitig interessiert nachhakte was hinter dem prähistorischen Ernährungsansatz für eine Weisheit stecken soll. Ich fragte:  “Muss ich auch selbst erlegen? Oder  reicht es wenn ich mich im EDEKa am Erdbeerregal um die besten Schalen mit den köstlichen Früchten prügel.”

” Ja Palaeo ist das Zauberwort.” erwidert die Freundin “Bei uns schiessen die SteinzeitRestaurants wie Pilze aus dem Boden. Jeder der was auf sich hält schwört auf diese Diät. Angeblich soll damit der BMI mühelos zu halten sein. Und es soll gesünder sein als alles vegetarische Zeugs.”

“Und was darf ich da so essen?”

Mir wurde erklärt das Paleo auf drei Säulen beruht: möglichst naturbelassen, möglichst roh und möglichst reif.

Ansich kein schlechter Ansatz spart es das mitunter lästige Kochen. Stinkt die Küche auch nicht mehr so nach Braten und frisch angerichtetem Steack. Aber hat wirklich irgendwer Bock auf rohen Fisch, blutendes Fleisch und glibberigen Eidotter?  Wer liebt braune Bananen, gatschige Äpfel und butterweiche Pfirsiche, die kurz vor dem Gammelalarm stehen. Verzichtet jemand gerne auf ein kräftiges, warmes Stück Brot? Wer gibt seine Pasta freiwillig auf? Ja sie waren drahtig und sicherlich auch lange kerngesund unsere Vorfahren. Aber hätten sie auch weiter dem Mammut die Lenden blutig vom Körper gerissen, hätte man Ihenen ein Messer gereicht? Und wäre ein Feuer in der Nähe, also hätte jemand das Feuermachen damals schon erfunden gehabt, hätten sie ernsthaft darauf gewartet, das ein natürliches Feuer entsteht? Und wär da snatürliche Grill da nicht am Wegesrand gestanden, dann hätten sie die Mammutschenkel halt roh gegessen? Hat den PaläoMenschen das wirklich geschmeckt? Oder hätten sie möglicherweise, wenn verfügbar, die genussvollere Verzehrvariante gewählt? Ist Paläo nicht auch wieder nur eine neue Form von Selbstkasteiung auf dem Weg zur Idealfigur? Fleisch roh spart das Öl zum Anbraten, Weizen als Ernährungsfalle Nummer 1 weltweit gabs damals noch gar nicht und Dinkel schmeckt noch lange nicht so lecker wie sein industrialisierter grosser Bruder. Die böse Pasta fällt wegen dem Weizen auch flach. Und das fehlende Feuer verhindert die Zubereitung von leckeren Sossen nebst köstlicher Beilagen. Und auch wenn die Stars und SternChen dieser Welt darauf schwören, irgendeine berühmte schauspieltussi dadurch ihre traumrolle in irgendeinem bekloppten SurfThriller erhielt! Ich brate mir mein Fleischin bestem heissen Öl an und lasse die Kräuterbutter gaaaaanz langsam auf  250 Gramm feinster Rinderhüfte zerlaufen. Ein traum! Schon beim Schreiben jetzt zupft der verführerische Duft frisch angebratenen Fleisches an meinem Geruchssinn.

In diesem Sinne prostete ich meiner Freundin zu und liess den guten Silvaner in meinem Mund sein Bouquett entfalten, so froh kein Steinzeitmensch zu sein.



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