"Völlig unklar ist, ob die Kernschmelze läuft und wie lange noch", sagt der Greenpeace-Experte im "Morgenmagazin Extra". Die Experte ist ein anderer als gestern, die Katastrophe ist dieselbe: Nicht das Erdbeben, nicht der Tsunami, nicht die Toten von Japan erschüttern die deutsche Medienlandschaft. Sondern die Möglichkeit, dass die Greenpeace-Experten Recht gehabt haben könnten mit ihrer laut Google-Timeline bis zum 10. März 2011 nie zuvor geäußerten Ansicht, japanische Kernkraftwerke seien ganz besonders unsicher.
Doch die Katastrophen jagen sich, auch wenn Teile der japanischen Regierung es noch bestreiten. Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für die Einschaltquoten, da muss man mitfühlen, aber auch ans Geschäft denken. Der Konjunktiv ist der beste Freund des Studiogastes, der nicht weiß, wovon er redet, das aber mit großer Überzeugungskraft über die Rampe bringt. Heinz Smital, auch er Greenpeace-Experte, findet "die Folgen der Fukushima-Katastrophe im Moment nicht einschätzbar". Jetzt komme es auf die Menge der radioaktiven Freisetzung und die Wetterbedingungen an, sagt er und leitet zum Wetterbericht über. Noch kein Atomstaub am Himmel über Halle, soweit der Studiometereologe das derzeit sagen kann. Die Gefährdung für Europa ist durch die große Distanz zu Japan eher gering, aber für Christoph von Lieven, auch er ein Greenpeace-Experte, gibt es keinen Grund zu Beruhigung. Alles hänge von der Windrichtung ab, es sei aber möglich, dass durch die Nahrungskette kleine Partikel hierher gelangen.
Kein Wunder, dass Nachrichtenkonsumenten verunsichert sind und nicht mehr wissen, wie sie reagieren solle. Eben noch Tunesien, Ägypten, Libyen, Guttenberg, E10 und Bahnstreik, jetzt plötzlich Cäsium im Frühstücksbrötchen und Jodtabeletten zum Nachtisch. In Leserbriefen und Zuschaueranrufen beklagen sich immer mehr Menschen über die katastrophale Unübersichtlichkeit des Katastrophenspielplanes. Man komme nicht mehr mit, klagen Betroffene, in einem bewegenden Brief an die Redaktion des "Mordenmagazin" berichtet ein Mann sogar, wie er an der Zapfsäule zu Superplus gegriffen habe, weil er in diesem Moment der Ansicht gewesen sei, damit etwas Sinnvolles gegen die Überfischung der Meer zu tun. In Stuttgart gingen derweil Zehntausende auf die Straße, um die gegen den Trend zu immer mehr Erdbeben zu protestieren.
Zeit, umzukehren, finden Internet-Aktivisten wie Gustav Fröhlich, der jetzt mit einem neuen Konzept Ordnung in den Untergang bringen will. "Nachdem sich die Katastrophen inzwischen schneller abwechseln als die Wetterlagen", schlägt Fröhlich vor, "kann man den Katastrophen doch genauso vergeben Namen vergeben wie den Hoch- und Tiefdruckgebieten." Nach dem Erdbeben "Angela" folge künftig der Tsumami "Bullerjahn", dann der atomare Supergau "Claudia".
Ursprünglich von Popstar Bon Jovi erdacht, der den Plan in seinem Stück "You Give Love A Bad Name" umrissen hatte, gewinnt das Fröhlich-Konzept derzeit in Windeseile Anhänger. Alles hänge jetzt von der Windrichtung ab, sagte ein Greenpeace-Experte. Damit werde eine neue Übersichtlichkeit geschaffen und dem fortschreitenden Untergang der Welt eine Ordnung gegeben, heißt es bei Unterstützern der Initiative, die derzeit eine Petition an Bundesklimakanzlerin Angela Merkel vorbereiten.
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