Ordentlich Bumms dahinter
Mädchenmusik ist ihr Markenzeichen. Das soll sich mit Fallen Empires, dem sechsten Album von Snow Patrol, ändern. Die britische Rockband bekennt sich jetzt deutlicher als bisher zu elektronischen Spielereien: Es kommt zu allerlei Synthesizereinsätzen, an Hall wird auch nicht gespart und, um hartgesottene Fans nicht zu vergraulen, kommen mit Pathos bekleckerte Gospelchöre zum Einsatz. Überraschenderweise zeigt Fallen Empires damit mehr Mut zur Weiterentwicklung als das erst kürzlich erschienene neue Coldplay-Album Mylo Xyloto.
Snow-Patrol-Chef Gary Lightbody hat, anders als Coldplay-Frontmann Chris Martin, offenbar ernsthaft versucht, seine Band in eine neue musikalische Richtung zu steuern. Auslöser dafür soll das aktuellste Album von Arcade Fire gewesen sein, das dem Briten so gut gefallen hat, dass er beschloss, ähnliches auf die Beine zu stellen. Warum es nun ausgerechnet Elektro-Pop als prägendes Element auf Fallen Empire geschafft hat, bleibt Lightbodys Geheimnis. Vielleicht meint er dahinter die Seele Berlins entdeckt zu haben, denn aus seiner Liebe zur deutschen Hauptstadt ist auch ein gleichnamiger Song entstanden. Dass dieser über keinen Text, dafür aber über nervig klingende Ba-da-das verfügt, ist dann zum Glück auch der wirklich einzige Ausrutscher auf einem sonst durchweg großartigen Album.
Mit Titeln wie This Isn’t Everything You Are, The Garden Rules oder The President schiffen Snow Patrol in den ihnen bekannten Gewässern: Alles das kennen ihre Fans. Melodien und Texte widmen sich der Liebe, dem Leben und all den Dingen, die uns so manche Träne kosten. Ungewöhnlich, weil seltsam schräg, klingen da schon eher Songs wie Called Out In The Dark (mit fiesem Beat, der – einmal im Kopf – so schnell nicht wieder verschwinden will) oder der Titelsong Fallen Empires, der mit Mandoline und Trommeln für postapokalyptische Stimmung sorgt.
Nein, Mädchenmusik ist das nicht mehr. Männermusik jedoch auch noch nicht. Aber vielleicht stellt sich die Entscheidung, mit ihrer Musik nun endlich beide Geschlechter anzusprechen, als gar nicht so verkehrt heraus, wenn es um die Weiterentwicklung einer Bandidentität geht. Noch etwas fällt positiv auf: Wer die amerikanische Folk-Rocksängerin Lissie kennt und deren Musik schätzt, wird sich freuen. Sie hat es als gesangliche Unterstützung an Lightbodys Seite geschafft. Am Ende bleibt der Eindruck, dass Snow Patrol gern Rocker sein wollen, sich aber noch nicht so recht trauen. Schlimm ist das nicht, wenn dabei ein so abwechslungsreiches Alben entsteht, wie Fallen Empire.
Interpret: Snow Patrol
Album: Fallen Empires
Plattenfirma: Polydor (Universal)
Erscheinungsdatum: bereits erschienen
Sie gelten als eine der experimentellsten Pop-Bands aus London: The Chap. In eine Schublade will sich die Band nicht packen lassen – dafür bedient sie scheinbar mühelos zu viele Genres (Prog-Rock, Elektro, Funk, Indie-Pop). Als Beleg dafür legt die Band nun ihre erste Rückschau vor, die – bescheiden wie eh und je – mit We Are The Best betitelt ist.
Seit etwa elf Jahren gibt es die fünf-köpfige Band nun schon, die den Spaß am Mischen gegensätzlichster Stilrichtungen nie verloren hat. Auto Where To zieht mit feiner Gitarrenspur in den Bann, während der Gesang der Band und das sich auftürmende Instrumentenchaos (Schlagzeug, schräge Pfeiftöne und Hall) schnell zeigen, was The Chap ausmacht. Überhaupt fällt auf, dass kein Song dem anderen gleicht.
Nie war Kreativität vielfältiger: Ob in Even Your Friend (dessen cheezy Keyboardsound für zuckende Füsse sorgt), Ethnic Instument (dessen Lo-Fi-Funk von Rockgitarren durchbrochen wird) oder Proper Rock (auf dem die Briten in den ersten 25 Sekunden klingen, als wollten sie Queen kopieren, bis sie das Ruder in Richtung modernen Indie-Rock rumreißen) – The Chap wirken nicht nur auf der Höhe der Zeit, sondern scheinen ihr oft sogar voraus. Das knapp 50 minütige Best-of-Album der Band zeigt das auf beeindruckende Art und Weise.
Interpret: The Chap
Album: We Are The Best
Plattenfirma: Lo Recordings (Alive)
Erscheinungsdatum: bereits erschienen
Flamenco ist harter Tobak für Nicht-Spanier. Doch die Afro-Spanierin Concha Buika bringt es fertig, auch die leiernden Töne aus erdigen Zigeunerherzen leicht genießbar zu machen. Die Schönheit mit dem urspanischen Vornamen Concha und dem Nachname Buika ihrer aus Äquatorialguinea stammenden Eltern ist in den letzten Jahren eine der populärsten spanische Sängerinnen. Eine Figur, für die sich auch Pedro Almodóvar interessiert: In seinem aktuellen Film Die Haut, in der ich wohne ist Buika nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen.
Buika hat das Rezept für den massentauglichen Flamenco perfektioniert, das 2003 der kubanische Jazzpianist Bebo und Flamenco-Ikone El Cigala mit ihrem Album Lagrimas Negras schrieben. Ihr nimmt man die Kultur-Fusion ab, weil sie als afrikanische Spanierin unter Zigeunern aufgewachsen ist und in Los Angeles den Jazz aufsog. Ihre Konstante ist dabei die unverkennbar sanft-heisere Stimme, die auch auf ihrem Best-Of-Doppelalbum En mi Piel (In meiner Haut) Klassiker der spanischen Copla wie Mi Niña Lola, das funkige New Afro-Spanisch Generation oder den berühmten Tango Volver im Buika-Stil vereint.
Und noch etwas verbindet alle Stücke, die aus ihren ersten drei CDs zusammengetragenen und die neuen: Sie handeln von gescheiterten Lieben, sind melancholisch und pathetisch und trotzdem voller Lebenslust. Genau das richtige für die Zeit der abgefallenen Blätter.
Interpret: Concha Buika
Album: En Mi Piel
Plattenfirma: Casa Limon / Warner Music
Erscheinungsdatum: bereits erschienen
Quelle:
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Durchgehört – Ordentlich Bumms dahinter
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Tags: Arcade Fire, Chris Martin, Coldplay, Concha Buika, Gary Lightbody, Mylo Xyloto, Pedro Almodóva, Pedro Almodóvar, Plattenfirma, Queen, Snow Patrol, The Chap, Warner Music, YouTubeNews² - News, News und nochmals News
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