OpenLeaks-Gründer wollen Wikileaks-Dateien löschen

Der Gründer der Whistleblower-Plattform OpenLeaks, Daniel Domscheit-Berg, will die von Wikileaks mitgenommenen Dateien nun vollständig löschen. Das bestätigte der ehemalige Mitstreiter von Wikileaks-Chef Julian Assange gegenüber heise online. "Bevor ich ein Risiko für die Quellen eingehe, gehe ich lieber auf die sichere Seite", sagte Domscheit-Berg am Freitag. Die von unbekannten Whistleblowern auf Wikileaks hochgeladenen Daten sollen nun unter notarieller Aufsicht gelöscht werden. Die ehemaligen Wikileaks-Aktivisten um Domscheit-Berg wollen die Löschung zudem mit eidesstattlichen Versicherungen bestätigen. Noch am Donnerstag hatte Domscheit-Berg erklärt, er und seine Mitstreiter wollten nur ihre Schlüssel zu Wikileaks und den Daten vernichten.


"Es tut mir leid für die Wikileaks-Einsender, aber sie müssen ihr Material nochmal dort einschicken, wo sie dem System vertrauen", sagte Domscheit-Berg Alles andere sei ein viel zu großes Risiko für die Quellen. Immerhin seien mittlerweile viele Projekte in der Welt, Whistleblowern eine sichere Abgabemöglichkeit zu bieten. Dazu werde auch OpenLeaks gehören. "Priorität hat immer die Sicherheit der Quelle, dann kommt das Projekt und ganz hinten die vielen Egos, die es offenbar gibt." Domscheit-Berg bemängelte, dass Wikileaks sich nach seinem Ausschluss lange nicht um die Daten gekümmert habe. Er habe im September 2010 vier von ihm gesponsorte Server abgeschaltet, die Daten aber gesichert und verschlüsselt. Erst Ende Oktober sei man aktiv geworden und habe eine komplette Kopie des Wiki mit dem bereits veröffentlichten Material angefordert und auch bekommen.


Er habe den Entschluss gefällt, "tabula rasa" zu machen, weil alles vollkommen aus dem Ruder laufe, erklärte Domscheit-Berg am Freitag gegenüber heise online. Zuvor hatte Julian Assange gegenüber Spiegel-Redakteur Holger Stark telefonisch angegeben hatte, selbst keine Schlüssel zu den Dateien zu besitzen. Hinter den Kulissen hatte zudem Andy Müller-Maguhn vom Vorstand des Chaos Computer Clubs (CCC) noch am Freitagmorgen versucht, den Griff zur großen Löschtaste zu verhindern. Müller-Maguhn gilt als die treibende Kraft hinter dem Ausschluss Domscheit-Bergs aus dem CCC. Der OpenLeaks-Gründer soll mit seinem Auftritt auf dem Chaos Communication Camp 2011 den guten Ruf des Vereins ausgebeutet zu haben.


Ob mit der nun anstehenden Löschaktion unter notarieller Aufsicht alle bis zum September an Wikileaks geschickte Dokumente verloren sind, ist derzeit nicht eindeutig klärbar. Ein Ende Juli 2010 von Wikileaks veröffentlichtes Insurance File soll "alles" enthalten. Möglicherweise sind in dieser 1,4 GBytegroßen, gepackten Datei auch die Einreichungen der Whistleblower bis Juli 2010 enthalten. Domscheit-Berg gab seinerzeit als Wikileaks-Sprecher "Daniel Schmitt" gegenüber dem Freitag an, den Inhalt dieser Daten-Versicherung nicht zu kennen.


CCC-Vorstand Müller-Maguhn kann sich mit der Handlungsweise von Domscheit-Berg nicht anfreunden. Gegenüber heise online betonte er, dass der Quellenschutz bei Wikileaks bisher immer funktioniert habe und dem Projekt zumindest in dieser Hinsicht keine Fehler unterlaufen seien. Außerdem müsse man annehmen, dass jede Quelle Risiken auf sich genommen haben, das Material Wikileaks zur Veröffentlichung zuzuspielen. "Diesen Wunsch der Quellen zu ignorieren halte ich für eine Ungeheuerlichkeit – zumal noch von jemanden, der eine Plattform für die Übermittlung von Dateien aufbaut. Damit muss man sich die Frage stellen, in wessen Interessen bzw. nach welchen Wertvorstellungen Daniel Domscheit-Berg hier handelt."


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