Onkel Mustafa

Onkel Mustafa

Mein Onkel ist aus der südöstlichen Heimat angereist, um ein paar Ramadantage mit uns zu verbringen. Er ist klein, dicklich und sein dicker Schnauzer kitzelt beim Begrüßungsschmatzer. Es ist wunderbar ihn hier zu haben, denn er gehört zu der Sorte Mensch, dessen Gastgeschenk die Atmosphäre des Morgenlandes ist. Wenn Onkel Mustafa anfängt zu erzählen, kann man gar nicht anders, als sich im Schneidersitz auf den Boden zu setzen und ihm zu lauschen. Jedes Wort, das dieser Mann von sich gibt, wird im Kopf des Zuhörers lebendig.

Bei Kerzenlicht.

Die Zeit kurz vor dem Abendgebet ist gekommen und wir sitzen gemeinsam im Wohnzimmer, voller Erwartung die leckeren Gerüche aus der Küche begrüßen zu dürfen.

Onkel Mustafa setzt sich mit einem stöhnenden “Ohhh Allah, was habe ich nur aus meiner Jugend gemacht.” in den Stuhl und lehnt sich über den Tisch hinüber zu meinem Bruder. “Wär’ ich doch nur noch einmal so jung wie du, mein Kind.” Mein Bruder schaut von seiner PSP hoch. “Wozu? Du wärst nur wieder damit beschäftigt Antipickelcreme zu kaufen und dich zu fragen, wann dir endlich Barthaare wachsen.”

Onkel Mustafa lacht herzhaft.

“Und doch ist es die beste Zeit deines Lebens! Die Jugend ist ein Geschenk und sie schafft es dabei auch unser größter Feind zu sein. Die Jugend macht uns arrogant, mein Lieber, und man ist blind für das Wesentliche…”

Wir schweigen. Was kann man dem noch entgegnen? Immerhin sitzt unsere Lebensphase gerade auf der Anklagebank.

“Aber, Onkel…” Mein Bruder schaut immer noch auf den Bildschirm. “Wenn eine Eigenschaft der Jugend die Blindheit und Arroganz ist, ist sie dann etwas Schlechtes? Ich meine, gehört das nicht irgendwie… dazu?”

Onkel Mustafa schmunzelt. – Ich schaue auf die Uhr. Oh nein, ich habe gerade ein Vortragsthema eröffnet und wir haben nur noch 5 Minuten, bis das Abendgebet anfängt! Wie konnte er unserem erzählfreudigen Onkel nur so einen Köder hinwerfen… Mein Bruder und ich werfen uns Blicke zu. Er zuckt entschuldigend mit den Schultern.

“Kind, das Leben ist kurz. Der Weg zum Paradies ist steinig. Nutze die Zeit, in der du am meisten Kraft und Gesundheit hast, um diesen Weg zu ebnen… Und suche den Rat jener, die sich dem Jenseits näher fühlen.”

Mit einem Stöhnen erhebt er sich aus dem Sessel, dreht sich in Richtung Mekka und schaut über die Schulter zu uns. “Bei der Sache mit dem Rat stehe ich euch natürlich jederzeit zur Verfügung. Auch, wenn es um die schwierige Auswahl des Gesichtswassers geht.” Er zwinkert meinem beschämten Bruder zu und singt melodisch den abendlichen Gebetsruf.

Allahs Gesandter, Frieden und Segen auf ihm, hat gesagt: “Nutze fünf (Zustände) vor fünf (Zuständen):
Dein Leben vor deinem Tod,
Deine Gesundheit vor deiner Krankheit,
Deine Freizeit vor deiner Geschäftigkeit,
Deine Jugend vor deinem Greisenalter und
Deinen Wohlstand vor deiner Armut.”

(Ibn Abbas; Bayhâqî)


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