“Kinder- und Jugendärzte fordern: Ohne mehr Geld für Kitas weder Integration noch Inklusion
Morgen berät der Bundestag abschließend über den Haushalt 2016. In den Beratungen geht es auch um das Geld für frühkindliche Bildung. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) forderte heute in Berlin die Politiker auf, vor allem mehr in die frühkindliche Bildung zu investieren.
BVKJ-Präsident Dr. med. Thomas Fischbach: “Die Kita hat durch die Einführung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz die Schule als wichtigste öffentliche Bildungseinrichtung verdrängt. Kinder verbringen heute täglich mehr Zeit in der Kita als in der Schule – und dies in einem Alter, in dem sie sich geistig, körperlich und emotional besonders schnell entwickeln. Daraus erwächst für die Kitas eine neue Verantwortung, Kitas als Bildungsorte haben große gesellschaftliche Relevanz. Hier werden die Weichen für Integration und Inklusion gestellt, die ein ganzes Leben bestimmen könne. Bisher fehlt es in der Politik jedoch an ausreichenden Anstrengungen, die Kitas besser auszustatten und damit die Voraussetzungen zu schaffen, Kinder besser zu fördern, zu integrieren und zu inkludieren. Wir vermissen immer noch ein Qualitätsgesetz, das bundeseinheitliche Standards für Kindertagesstätten festlegt ñ vom Personalschlüssel bis zum Bildungsplan. Bund und Länder haben sich hier bislang nicht einigen können. Die seit 2014 existierende Qualitätsoffensive aus dem Hause der Bundesfamilienministerin ist dafür kein gleichrangiger Ersatz. Auch die ab dem 1. 1. 2016 gültigen Förderprogramme “Sprach-Kitas” und “Kita Plus” zum Ausbau der Randstundenbetreuung werden nicht reichen, jedem Kind, ob gesund oder behindert, deutsch oder mit ausländischen Wurzeln, die Chance zu geben, sein individuelles Potential zu entfalten. Wir brauchen eine Verstetigung der Finanzströme, um damit neue Förderprogramme auflegen zu können. Und wir brauchen vor allem besser ausgebildete Erzieherinnen und einen besseren Personalschlüssel in den Kitas. Die Politik muss dafür morgen Grünes Licht geben.”
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Dies ist eine Pressemitteilung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte BVKJ.
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Das Schlüsselwort lautet “besserer Personalschlüssel”. Auch ohne die oben erwähnten gesetzlichen Vorgaben, auch ohne die gesetzlich verordnete Inklusion in *allen* (!) Kitas, auch ohne die Flüchtlingskinder, die in vielen Kommunen in den Tagesstätten aufgenommen werden, haben die meisten Einrichtungen bereits jetzt viel zu wenig BetreuerInnen.
Ein schlechter Personalschlüssel bedeutet mangelnde Berücksichtigung des individuellen Kindes, Zwang zu offenen Gruppen und Großgruppenprojekten, die eine Betreuung einfacher machen, da mehr Kinder “überwacht” werden können. Viele Tageseinrichtungen verwahren nur die Kinder, die ErzieherInnen müssen sich mehr mit Orientierungsplänen und Kinderassessment beschäftigen als mit Einzelförderung.
Der von der EU geforderte Personalschlüssel bewegt sich bei den Ü3-Kindern von 1:5 bis 1:8, bei den U3 Kindern 1:3 – Je größer die Einrichtung, desto weiter klafft aber diese Schere in Wirklichkeit. Statistisch gesehen lesen sich die aktuellen tatsächlichen Zahlen zwar recht optimistisch, nimmt man aber Urlaub und Krankheit hinzu, sieht es anders aus. Jeder darf in “seiner” Einrichtung nachzählen, vermutlich dürften es eher doppelt so viele Kinder sein, die von einer einzelnen Erzieherin betreut werden.
Ich frage gerne nach, wenn Eltern in der Vorschulphase mit der Sorge wegen “Unaufmerksamkeit” und mangelnde Konzentration des zukünftigen ABC-Schützen zu mir kommen: Meist sind es Kinder aus großen Gruppen, Kinderhäusern mit offenem Konzept. Manche kompensieren das gut, einzelne aber nicht, doch diese gilt es zu fördern. Kinder in Kleingruppen, Vorort-Kitas oder solche “auf dem Land”, die überhaupt nur zwei Gruppen mit zehn Kindern haben – selten kommen da Nachfragen wegen “Aufspringen im Stuhlkreis” (falls es den überhaupt noch gibt) oder plötzlicher Aggressivität.
Der Kindergarten, die Kita ist erste Institution unseres Bildungssystems, wann beginnen wir endlich, das mit entsprechender Ausbildung der ErzieherInnen zu würdigen?
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