Philip Stephens stellt in der gestrigen FT.com das Euro-Debakel in einen
europapolitischen Kontext. Neonationalismus ist wieder im Vormarsch.
Nicht in Form von marschierenden Armeen, aber so, dass immer mehr die
Schuldfrage an der finanziellen Katastrophe, die wir jetzt erleben, gestellt wird.
Schon spricht die irische Regenbogenpresse von dem Ablösen des britischen
Kolonialismus über Irland durch die EU und den IMF. Deutschland wiederum will
nicht der Zahlmeister wirtschaftsunfähiger PIIGS sein.
Noch verteidigt Merkel formell den Euro. Aber sie
ist von den Märkten längst durchschaut. Sie trauen
ihren mantrahaft wiederkehrenden statements nicht
mehr. Sie merken, dass der Verteidigungswille
Merkels für den Euro und die EU erodiert. Darauf
spekulieren sie nun, um Merkels Pro-Euro-Getöne
als Bluff zu enttarnen. Schon das lange Zögern der Bundeskanzlerin, das Pleiteland Griechenland
auszuzahlen, war verräterisch. Ebenso Merkels
wachsweiche Haltung in der Frage der
Irland-Sanierung. Natürlich: Merkel blickt mit einem Auge auf die WählerInnen,
die nicht länger bereit sind, Milliarden von deutschen Euros für unfähige,
Immobilienblasen erzeugende Wirtschaften und unterkapitalisierte bad banks
zu verbrennen und die ihr im nächsten deutschen Superwahljahr einen derart
gewaltigen Denkzettel zu verpassen drohen, dass sich der Baron schon jetzt
als möglicher Nachfolger tüchtig warmläuft. Und mit dem anderen Auge guckt
sie nach Karlsruhe und fragt sich, wann das Bundesverfassungsgericht der
Erosion unseres Grundgesetzes nicht mehr länger ,,tatenlos zusieht, sondern dem Souveränitätsuntergang Deutschlands Einhalt gebietet, egal was die PIIGS sagen.
Und so markiert nun Merkel eine ganz deutsche Politikstärke, indem sie mehr und
mehr die Sanierungsregeln für den Euro diktiert.