Oh Lago mio! – Mit dem E-Mountainbike am Gardasee

Gardasee_E-Mountainbike-Torbole

Wohin fährt der geneigte Münchner gerne, wenn er mal schnell ein paar Tage Urlaub mit sportlicher Untermalung will? Na, an den Gardasee natürlich.

Hamburger fahren geschwind an die Nordsee, Berliner an die Ostsee – wir fahren nun mal gern an den Gardasee. Mit Vorliebe im Frühling oder Herbst, um schon oder noch ein wenig Sonne zu tanken.

Vor allem die, in dreieinhalb Stunden erreichbare, Region am nördlichen Gardasee ist so was wie ein Freiluft-Erlebnispark für Sportfans. Es gibt mächtig hohe Berge, viel Wasser und einen legendären Surfwind – gutes Essen, hervorragenden Wein und günstig ist es allemal (verglichen mit den Münchner Preisen, sei an dieser Stelle angemerkt). Der Gardasee ist der ideale Wochenendausflug.

Das wird dir jeder Münchner und dort heimisch gewordene bestätigen. Ich bilde diesbezüglich keine Ausnahme, habe mich darum nicht lange bitten lassen und bin letzte Woche für vier Tage an den Lago, wie wir auch gerne ganz lässig italienisch sagen, gedüst.

Gardasee-Mountainbiken-Arco-Aussicht

Zu den E-Mountainbike-Testtagen an den Gardasee

Schon am Brenner setzt dieses Italiengefühl ein. Juhu, Dolce Vita, ich komme!

Üblicherweise wird unverzüglich an der nächstbesten Autogril-Raststätte gehalten, und das erste Cornetto (Hörnchen) oder Brioche mit bestem italienischem Espresso runtergespült. Heute drücke ich aufs Gaspedal. Ich trinke sowieso keinen Kaffee, bin zudem alleine unterwegs und außerdem unter Zeitdruck. Ich habe nämlich einen Termin mit einer ganzen Gruppe erlebnishungriger Sportaktivisten.

Alle wollen mit brandneuen Flyer E-Mountainbikes, die zu Testzwecken zur Verfügung stehen, die Berge rund um den Gardasee bezwingen. Okay nicht alle, wie ich bemerke. Drei vermummte und gut gepolsterte waghalsige Jungs wollen lieber bergab.

Gardasee_Mountainbiken-Riva-del-Garda

Im ausnehmend charmanten Hafenstädtchen Riva del Garda angekommen, das sich als idealer Ausgangspunkt zum Mountainbiken anbietet, schmeiße ich mich in meine Bike-Montur und bekomme meinen fahrbaren Untersatz zugewiesen. Die für den heutigen Nachmittag angepeilte Tour ist vorwiegend auf Asphalt, ich wähle daher ein Hardtail Bike (Flyer Goroc). Ganz jungfräuliche 0 km zeigt der Tacho an. Mir wird die große Ehre zuteil, es einzufahren.

Jürgen, Organisator der Reise und unser Rädelsführer für die kommenden vier Tage heißt uns willkommen, gibt eine kurze Einführung über die Funktionsweisen eines E-Bikes, die sich als übersichtlich und leicht verständlich erweisen.

Doch stelle ich fest, dass der Trend bisher an mir vorbeigegangen ist. Ich bin tatsächlich die einzige Unbescholtene, die noch nie auf einem E-Bike gesessen ist.

Eine lustige Biker-Truppe

Wir sind ein kunterbunt gemischtes Grüppchen aus Deutschen und Schweizern, decken von Nord bis Süd alle Dialekte und Altersgruppen ab. Die jüngste Teilnehmerin ist 5 Monate, mit ihren frischgebackenen Eltern angereist, verzichtet aber aufgrund anderer Prioritäten vorerst aufs Fahrradfahren.

Die Gruppen werden eingeteilt. Mir schwant Böses. Pro Tag zwei Touren à 30-50 km mit 500-900 Höhenmeter. Schluck, so steht es im Programm geschrieben.

Meine Fitness ist nach fast fünf Monaten Krankheit und Verletzungspause (ihr erinnert euch, der „Klumpfuß“ im Winter?!) am Boden und die letzte Mountainbiketour war vor 2 Jahren, die Letzte am Gardasee vor 6 Jahren. Na gut, es zwingt mich ja keiner und ausgepeitscht werde ich bestimmt auch nicht. Ich entscheide mich (wie die meisten übrigens) zurückhaltend für die „Genusstour“ und habe in meiner pessimistischen Negativ-Rechnung den Faktor E-Mountainbike vernachlässigt. Es radelt sich überraschenderweise ausgezeichnet, ja schon fast locker flockig bergauf, bergab mit so einer kleinen elektrischen Unterstützung. Am Ende des Tages haben wir dann satte 40 Kilometer und fast 700 Höhenmeter auf dem Tacho, sind glücklich, stolz und vor allem hungrig.

 Gardasee-Mountainbiken-Collage-Arco


Hochstimmung und ein Wehrmutstropfen.

Der einzige Wehmutstropfen: mein schmerzendes Hinterteil, mein Winterhintern. Ein leidiges Thema, an das ich in den nächsten Tagen noch oft erinnert werde, genauer gesagt bei jedem Stein. Mein fein ausgedachter Plan mit dem Wetter geht zudem nicht auf. Während den Münchnern zu Hause frühlingshafte Tage mit viel Sonne und Föhn bevorstehen, ist es südlich der Alpen wolkenverhangen und es tröpfelt von Zeit zu Zeit vom grau schattierten Himmel. Was die Laune jedoch nicht im Geringsten trübt und uns dennoch spektakuläre Aussichten und besonders magische Gardasee Stimmungen beschert.

Die kommenden Tage bin ich in Hochstimmung. Ich jauchze vor Freude des Öfteren in mich hinein ob der Schönheit der Natur am Lago. Ja, ja auch vor Fahrvergnügen. Obwohl diesbezüglich erwähnt sei, auch so ein Elektro-Mountainbike fährt nicht von allein den Berg hoch und der Gardaseeschotter hat es stellenweise in sich!

 Gardasee-Ebike-Bocca-Larici

Gardasee-Ausblick-Bocca-Larici

Gardasee-Mountainbiken-Collage

Gardasee-Mountainbiken-Downhill


Der perfekt Gardasee Begleiter, ein E-Bike.

Wir steigern uns von Tag zu Tag im Fitnesslevel und auch im Können. Am dritten Tag werden wir triefendnass von oben und schlottern wie die Hunde. Die Nässe birgt Gefahren auf den glitschigen Trails. Eine Teilnehmerin bekommt das am eigenen Leib zu spüren (Gute Besserung, Yvonne!) Trotzdem lassen wir uns den Spaß nicht nehmen. Ich bin heute in der Männerrunde unterwegs, will mir auf keinen Fall die Blöße geben und ich frage mich, warum ich Zuhause ständig Ausreden finde aufs Mountainbike zusteigen und es lieber in der Garage einstauben lasse. Sind die Berge doch so nah. Selbst in den ersten Jahren mit Kind bin ich noch immer Touren gefahren, doch mittlerweile hat das sukzessive abgenommen. Der Beschluss ist gefasst, das muss sich wieder ändern. Ich habe Blut geleckt.

Im Zuge dessen hat sich mir auch der Sinn eines E-Mountainbikes erschlossen. In meinem Trainingslevel als Mama und Vielbeschäftigte hätte ich aus dem Stegreif eine Tour der Länge und Steigung nie geschafft. Das E-Bike jedoch lässt sich perfekt an das eigene Niveau anpassen. Treten und einen Trail meistern muss ich trotzdem. Kurzzeitig überkommt mich das Gefühl zu schummeln, wenn wir an den „analogen“ Mountainbiker vorbeiziehen, doch im Endeffekt machen wir mehr Strecke und Höhenmeter im Tagesverlauf. Geht dann die Gleichung nicht auf?

Gardasee-Flyer-E-Mountainbike

Gutes Rad ist zwar teuer, die Schweizer Flyer Edelbikes bilden da keine Ausnahme, doch eröffnen sie ganz neu faszinierende Landschafts- und Erfolgserlebnisse für temporär aktive Freizeitsportler, wie beispielsweise mir. Hätte ich in Anbetracht der Höhenmeter aktuell längst das Handtuch geworfen, bin ich jetzt mühelos (das ist jetzt gelogen!) zum Gipfelstürmer geworden.

 Gardasee-Mountainbiken-Torbole

Gardasee_Mountainbike-Lago-di-Teno

Gardasee-Maountainbiken-Lago-di-Teno-Dorf


Mountainbike-Tourenempfehlungen am nördlichen Gardasee

Ich gebe zu, ich bin nur kopflos, mit mir selbst beschäftig, hinterhergedackelt und kann keine Garantie für deren Genauigkeit übernehmen. Die Touren, die wir gefahren sind, waren jedoch durchwegs landschaftlich der Hammer, Jauchzen auslösend und sind unbedingt nachahmenswert.

• Riva/Arco/Nago/Riva: ca. 40 km, ca. 680 Hm, mit Pausen drei Stunden

Von Riva durch die Weinberge und Dörfer nach Arco. Arco den Pass hoch, über Schotterpiste zurück und durchs malerische Städtchen mit Burgruine, die schon von Albrecht Dürer einst gemalt wurde. Um den Burgfelsen herum entlang der Campingplätze und Kletterfelsen. Zurück geht es am Fluss entlang mit Blick (das erste Mal Jauchzen von mir) auf Arco und Berge. Von dort geht es bergauf zum Aussichtspunkt auf den Gardasee. Genau der, den man mit dem Auto fährt, den ersten Seeblick erhascht und ein spontanes „Wow“ ausstößt. Wir queren die Straße und machen weitere 250 Höhenmeter auf Schotter und eine Abfahrt durch Apfelplantagen in Richtung Nago. Von dort radeln wir zurück über Torbole nach Riva am See entlang.

• Ponale Straße zum Boca Larici und zurück (ca. 890 Höhenmeter) mit Abstecher zum Lago di Ledro (insgesamt ca. 50 km, 1200 Höhenmeter)

Die Tour beginnt mit der wohl schönsten Auffahrt am ganzen See (ganz viel Jauchzen), der Ponale Straße, benannt nach der ehemaligen Verteidigungslinie im 1. Weltkrieg, die die österreichisch/ungarischen Truppen von den italienischen trennte. Die Aussicht ist phänomenal und oben bietet sich eine Einkehr mit Blick auf den Wasserfall im wieder neu eröffneten, recht lässigen Ponale Alto Belvedere Café an. Wir fahren jedoch stetig weiter bergauf über das nette Dorf Pregasina bis zum Hubschrauberlandplatz und den Gipfel des Bocca Larici. Der Blick von dort oben auf Limone und Riva ist atemberaubend. Zurück geht es auf selben Weg nach Pregasina zur Einkehr. Die Trailsicheren können den Weg durchs Flussbett nehmen. Wer noch Lust, Laune und Akkureserven hat, sollte sich den Abstecher zum Lago di Ledro nicht entgehen lassen. Im Ledrosee fand man übrigens in der ersten Hälfte des 20.Jh. Pfahlbauten, die darauf schließen lassen, dass vor rund 4000 Jahren im See ein Dorf stand.

• Lago di Tenno – ca. 27 km, ca. 800 Höhenmeter

Diese Tour hat mich trotz Dauerregen nachhaltig beeindruck und ist unbedingt nachahmenswert. Der Lago di Tenno ist bekannt durch seine smaragdgrüne Wasserfarbe. Über den Passo Ballino umkreisen wir den See und fahren noch durchs schmucke Künstlerdorf Ville del Monte mit seinen bunten Wandzeichnungen und liebevoll gestalteten historischen Hausfassaden. Eigentlich wollen wir noch weiter nach Arco und über Nago wieder zurück, um die 1000 Höhenmeter vollzumachen, doch der Regen zwingt uns diese Mal zur Rückkehr.

Disclaimer: Vielen Dank an Flyer Bikes für die Einladung an den Gardasee und den positiven A…tritt. Großen Dank auch an Jürgen Sedelmair von Travel-S für die gelungene rundum Organisation und kompetente Betreuung. Wer sich für geführte Mountainbiketouren (mit oder ohne „E“) in den Alpen oder eine Alpenüberquerung mit dem Bike interessiert, Jürgen ist DER Mann für Euch! Ehrenwort.


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