Offroad durch die Sahara in Tunesien – born to drive

Moderne Dromedare hören auf die Namen „Patrol", „Pajero" oder „Land Cruiser". Sie entstammen den Nissan-, Mitsubishi- oder Toyota-SUV-Familien und befahren mit Allrad-Antrieb die Dünenmeere der süd-tunesischen Sahara.

Ihre Reiter sind in aller Regel Söhne der Wüste oder zumindest Wüsten-Erfahrene, und das im wörtlichsten Sinne: Sie kommen aus Douz und anderen Sahara-nahen Ortschaften und lenken oft schon seit vielen Jahren ihre PS-starken Wüstenschiffe geschickt durch den Sand, über Bodenwellen, Schlaglöcher, treibsandartige Verwehungen und mächtige, oft tückische Wellen des Dünenmeeres.

Einer, der diese Wüste erfahren hat, heißt Chiheb Mlik, ist 25 Jahre alt und fährt seit fünf Jahren fast täglich Touristen, Journalisten und Abenteuerlustige durch die Sahara in Tunesien. Meist tut er das in den Monaten September bis Mai. Dann sind die Temperaturen im Süden Tunesiens erträglich.

Ab Juni wird es hier (zu) heiß. Bis zu 55 Grad im Schatten sind dann auch für hartgesottene Wüstenliebhaber etwas zu viel des Guten. Dann bewegen sich hier nur noch die vierbeinigen Dromedare durch den Sand. Die Allrad-Dromedare fahren seltener, der Sahara-Tourismus steht dann fast still.

Tunesien: Die Touristen sind zurück - auch in der Sahara

Touristischen Stillstand gab es in Tunesien mehrere Jahre lang. Nach der Revolution im Jahr 2010/2011 war die Lage im Land zunächst instabil (der „Arabische Frühling" begann am 17. Dezember 2010 in Tunesien). Mehrere Anschläge in den Folgejahren gaben der Reisebranche zunächst den Rest. Kamen im Jahr 2010 noch 458.000 Touristen aus Deutschland nach Tunesien, waren es im Jahr 2016 nur noch 129.000.

Seit 2017 steigen die Besucherzahlen wieder: 181.000 Urlauber kamen aus Deutschland, 1,7 Millionen aus ganz Europa. 2018 scheint ein gutes Jahr für Hoteliers und Reiseveranstalter zu werden - bis Ende Oktober waren es bereits 246.000 deutsche und 2,17 Millionen europäische Gäste. Die Nadel zeigt weiter nach oben, der Tourismus kommt wieder in Schwung, nicht nur in den Küstenregionen oder auf der Insel Djerba, wo herrlich breite, weiße Strände Sonnenhungrige locken.

Auch in der Wüste ist jetzt wieder mehr los. Moderne Allrad-Dromedare kämpfen sich durch Sand und Dünen, brettern über verwehte Sahara-Pisten und bringen ihre meist ausländischen Fahrgäste zu entlegenen Orten, Oasen, Dörfern, Weilern oder Zeltlagern irgendwo im Nichts.

Chiheb Mlik ist mein Chauffeur auf dem sandigen Offroad-Trip ins Camp Mars, einem Ressort-ähnlichen Wüstenzeltlager am Fuße des Bergs Tembain, einer Landmarke für Nomaden, irgendwo im Nirgendwo, gute 120 Kilometer südlich der Stadt Douz, wo unsere dreistündige Wüsten-Fahrt beginnt.

Video von meiner Fahrt durch die Sahara in Tunesien:

Douz ist „das Tor zur Sahara", eine der letzten Ortschaften mit Zivilisation am nördlichen Rand der Wüste; soll heißen: Eine kleine, einladende Stadt mit gastfreundlichen Menschen, mit Geschäften, Cafés, einem Markt und allem, was uns modernen Stadtmenschen aus der nördlichen Hemisphäre als nützlich, manchmal auch als unentbehrlich gilt. Nette Hotels wie das Offra zum Beispiel, mit Satelliten-TV, Klimaanlage und schickem Pool. Sogar ein sehenswertes Sahara-Museum wartet in Douz auf Wüsten-neugierige Besucher.

Dromedare gibt es hier natürlich auch. Vor allem am Stadtrand, wo Touristen sich auf den Rücken der Tiere an deren fetthaltigen Höcker klammern und von Kameltreibern durch die Dünen schaukeln lassen. Ein schönes Erlebnis, besonders am Abend, wenn die Sonne untergeht und ihr warmes Licht die unendlichen Weiten des Sandes in warme Rottöne taucht und die Stille sich breit macht über der Wüste. Dann wird vielen Besuchern warm ums Herz.

In solchen Momenten kommt Wüsten-Romantik auf. Auf einem vierbeinigen, lebendigen Dromedar zu sitzen, das Schaukeln und Hin- und Her-Wanken zu spüren und zu erleben, wie solch ein stolzes Tier galant jede Düne erklimmt, jede Bodenwelle nimmt, als sei es ein Teil seines Lebens, ist wie ein erster Schnupperkurs in die Welt der Sahara.

Durch die Sahara in Tunesien - von Douz nach Tembaine

Douz ist der Ausgangspunkt meiner mehrstündigen Reise durch das Nichts zum Camp Mars am Tembain. Das Nichts ist natürlich nicht nur „Nichts". Ab und an taucht eine Art „Hütte" im Nichts auf: Ein Verschlag als Unterschlupfmöglichkeit, wenn ein Wüstensturm hereinbricht, oder Lager von Vieh- oder Kamelhirten.

Und wie aus dem Nichts taucht während der Fahrt auch ein Café in diesem Nirgendwo auf. An einer Weggabelung am Rande des Jebil Nationalparks, dem größten Schutzgebiet des Landes, wo Mustapha Benjedidi, ein netter Tunesier aus Douz, einen Ort geschaffen hat, an dem sich nicht nur Touristen nach einem sandigen Fahrabenteuer erfrischen können.

Das Café du Parc" am Rande des Nationalparks, im Gouvernement Kebili, auf halber Strecke zwischen Douz und Tembain, ist ein beliebter Ort für die Allrad-Dromedar-Fahrer, die sich hier austauschen und oft lebenswichtige Fragen beantworten können: Ist die Strecke südlich des Nationalparks befahrbar? Wo kann man Diesel tanken? Wann kommt der nächste Wüstensturm und wie kann ich den umfahren?

Nach Jahren der Stagnation ist plötzlich wieder richtig viel los im und am Café du Parc: Ganze Allrad-Kolonnen mit Wüsten-Touristen machen hier Halt. Bei unserer Ankunft ist vor dem Café das Palaver einer italienischen Offroad-Reisegruppe zu hören, es wird Französisch, Deutsch, Englisch gesprochen. Der Kaffee ist gut, die Stimmung bestens, auch unter den Fahrern.

Als in der Vergangenheit die Urlauber aus dem Ausland nicht mehr kamen, chauffierte Chiheb Mlik fast jeden Tag tunesische Gäste zum Shopping über die Grenze nach Algerien. Heute fährt er wieder Besucher aus ganz Europa in die Sahara im Süden Tunesiens, viele aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. In die Wüste zu fahren, bringe ihm mehr Spaß, erzählt Chiheb während der Fahrt. „ I love the desert", ergänzt er und fügt lachend sein Lebensmotto hinzu: „ Born to drive ".

Durch die Sahara in Tunesien - born to drive

Klar, das Fahren sei anstrengend, berge auch Gefahren, und es habe schon schlimme Unfälle gegeben, meist mit unerfahrenen Fahrern, die sich selbst über- und die Wüste unterschätzt hätten. Auch das sei ein Grund, warum Ausländer nicht allein in die Wüste fahren dürfen, sondern immer von mindestens einem Tunesier begleitet werden müssen. Grundsätzlich sollte man nie allein fahren, das sei sicherer und so machen es auch die Tunesier.

Nach einer Panne allein im Nichts; das kann böse ausgehen. Und überhaupt, das Thema Sicherheit werde hier im Süden Tunesiens groß geschrieben: Das Land sei wieder sicher, erzählt Chiheb, und das liege auch an der verstärkten Präsenz von Militär und Polizei in dieser Region.

Der Urlauber spürt diese Präsenz kaum. Man sieht sie selten, die speziellen Desert Speed Cars und Quads, mit denen Polizei und Militär die Grenze überwachen oder Schmuggler jagen. Nur manchmal, wenn es schon dunkel ist, und man entspannt und „Wüsten-seelig" am Lagerfeuer vor dem Zelt im Camp Mars hockt, hört man plötzlich einen Helikopter auf Luft-Patrouille, dessen Rotorblätter die Stille der Wüstennacht durchschneiden. Oder man erkennt irgendwo in der Ferne die Lichter eines Militärpostens.

Das Land ist wieder sicher

Dann weiß man: Die Wüste wird überwacht. Dann sagen die Einheimischen: Die Wüste ist sicher, und die modernen Allrad-Dromedare, die auf Namen wie „Patrol", „Pajero" und „Land Cruiser" hören, können ihre Gäste wieder gefahrlos durch den Sand chauffieren.

Ins Nichts, das eigentlich kein Nichts ist. Wo irgendwo an einer Ecke ein Café auf Besucher wartet. Nicht nur das Café du Parc, auch das "Café Tembain" zum Beispiel. Das von einem besonders netten Nomaden betrieben wird, der deutsch spricht. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich demnächst hier erzählen werde - inshallah.

لمحبي تونس في اي مكان بالعالم

Meine Reise durch die Sahara in Tunesien wurde freundlicher Weise von Discover Tunisia unterstützt. Dafür bedanke ich mich, vor allem bei Andrea Philippi, die mir eine unentbehrliche Begleiterin war! Meine redaktionelle Unabhängigkeit blieb unangetastet. Inhaltlichen Einfluß auf meinen Text oder Vorgaben für die Veröffentlichung gab es nicht.

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