… möchte ich es schaffen, das gemütliche Mama-Prinzchen-Programm, das ich für den Dienstagmorgen geplant habe, auch wirklich durchzuziehen. In meinen Träumen sah das Programm folgendermassen aus: Morgens um zehn vor neun würden wir den Zoowärter in der Spielgruppe abliefern. Danach würden wir einen kurzen Abstecher in die Migros machen, um den Kühlschrank, der über die Ostertage Opfer von Plünderern geworden war, wieder aufzufüllen. Schliesslich würden wir noch kurz im Gartencenter vorbeischauen, um Erde und Setzlinge zu kaufen und danach würden wir den Rest des Vormittags im Garten verbringen. Ich würde dem Prinzchen zeigen, wie man Tomaten pflanzt, ich würde ihm vollkommen unerschrocken einen Regenwurm unter die Nase halten, ich würde ihm helfen, wenn er voller Stolz mit der Giesskanne die Setzlinge begiessen würde und vielleicht, mit etwas Glück, würden wir eine Raupe oder einen Käfer finden, den wir gemeinsam beobachten könnten. Und am Ende des Morgens könnte ich mir voller Stolz auf die Schulter klopfen, weil ich so eine tolle Mama bin, die ihrem Kind die Natur näher bringt.
Das also war das Programm, aber wie immer, wenn ich ein Programm habe, wird es durch irgend einen kleinen Mist über den Haufen geworfen. Heute war es zuerst einmal der Autoschlüssel, der mit „Meinem“ zur Schule gegangen war, obschon „Meiner“ ihn dort gar nicht brauchte, da er sich per Fahrrad über den Berg begeben hatte. Wo denn der Ersatzschlüssel war, fragt ihr? Nun, der Ersatzschlüssel hat sich dazu entschieden, nur noch hin und wieder zur Verfügung zu stehen. Den Rest der Zeit ist er unauffindbar. Von Zeit zu Zeit taucht er aus dem Chaos auf und tut so, als wäre er schon immer da gewesen, doch dann verschwindet er wieder und lässt sich nicht mehr blicken, egal wie sehr man nach ihm sucht. Zum Glück steht für solche Momente zuweilen auch das Auto meiner Mutter zur Verfügung und so schaffte ich es immerhin, den Zoowärter beinahe rechtzeitig zur Spielgruppe zu bringen.
Und dann folgte der nächste Stolperstein: Eine volle Prinzchenwindel, die gewechselt werden wollte, bevor wir einkaufen konnten. Danach verzögerte der Lohn, der offenbar noch nicht auf dem Konto angekommen war, weshalb wir zu einem von Baustellen übersäten Umweg zur Bank gezwungen waren, unser weiteres Fortkommen. Und dann musste das Eis ganz dringend in die Kühltruhe, bevor wir zum Gartencenter fahren konnten. Schliesslich, als das Auto endlich mit Erde und Setzlingen – Zuckermelone, Gurken und Butternut-Kürbisse – beladen war, war es Zeit, den Zoowärter wieder von der Spielgruppe abzuholen.
Das heutige Mama-Prinzchen-Programm war also einmal mehr eine einzige Hetzerei zwischen Tiefgarage, Bancomat, Einkaufswagen und Warterei an der roten Ampel. Während ich mich einmal mehr in bester Müttermanier mit Vorwürfen ob des missratenen Morgens eindecke, scheint das Prinzchen aber kein Problem damit zu haben, dass der Vormittag anders aussah als geplant. Für ihn zählt einzig und alleine der Erfolg, der bei ihm so aussieht, dass er mir dabei helfen durfte, siebzig Liter Erde auf dem Gepäckroller hinters Haus zu karren. Was kümmert es ihn, dass er weder Regenwürmer noch Raupen noch Käfer gesehen hat? Was schert es ihn, dass er noch immer nicht weiss, wie man Tomaten pflanzt? Hauptsache, er kann jedem voller Stolz erzählen, dass er „Mami ganz fest gholfe“ hat.