Nudelmesse in Templin

Ich persönlich finde, dass es nichts gefährlicheres als die Religion gibt – genau genommen ist ja auch der Glaube an die Marktwirtschaft nichts anderes: Wissenschaftlich erwiesen ist bisher jedenfalls nicht, dass dieses Konzept wirklich dauerhaft funktioniert und den Menschen mehr Wohlstand und ein besseres Leben garantieren würde. Global gesehen bringt unser Wirtschaftssystem eine Menge Ausbeutung und Elend mit sich. Mit der Demokratie ist es leider nicht besser – es gibt gerade eine ganze Reihe von Ländern, die in blutigen Bürgerkriegen versinken, weil man ihnen eingeredet hat, dass jede Regierung besser sei, als die, die sie davor hatten, etwa die Regierung Gadaffi, die Regierung Ben Ali, die Regierung Mubarak, die Regierung Assad oder die Regierung Janukowitsch.

Und gerade im Magreb und Nahen Osten spielt die Religion dabei auch eine große Rolle: Es ist ja spätestens seit Afghanistan eine beliebte Masche der Weltmächte, Islamisten gegen angeblich kommunistische oder sonstwie unliebsame Regierungen aufzuhetzen und aufzurüsten – jetzt haben wir den Salat, äh, den IS. Natürlich finde ich einen Islamischen Gottesstaat mehr eine schreckliche Vorstellung – aber nicht, weil ich speziell etwas gegen den Islam hätte. Ich finde alle Gottesstaaten schlimm.

Schild zur Nudelmesse in Templin, Bild: Rüdiger Weida, via rbb-online.de

Schild zur Nudelmesse in Templin, Bild: Rüdiger Weida, via rbb-online.de

Und in den USA gibt es regional durchaus so etwas wie christlich-fundamentalistische Gottesstaaten, das ist auch ganz schrecklich, vor allem, weil sie eine Menge ignorante Fanatiker hervorbringen, die eben Lieber glauben als denken. Dass es einigen Gruppierungen tatsächlich gelungen ist, Schulbehörden zu überzeugen, dass gleichberechtigt neben der Evolutionstheorie (die natürlich auch ihre Mängel und Lücken hat, aber im Großen und Ganzen recht plausibel ist) “Intelligent Design” was nichts anderes als ist die wortwörtlich ausgelegte Schöpfungsgeschichte, die in der Bibel erzählt wird, unterrichtet werden müsse, ist einigermaßen haarsträubend. Was für ein intelligentes Wesen sollte sich denn hinsetzen und als Wochenaufgabe mal eben die Welt zusammenbasteln? Davon mal abgesehen, dass es für eine Menge Dinge bestimmt intelligentere Lösungen geben würde, als die, die sich aus der eigenartigen und wunderbaren, aber eben doch auch mitunter seltsam mäandernden und nicht immer nachvollziehbaren Evolution ergeben haben.

Zum Glück fanden das auch andere Menschen und haben entsprechend reagiert, etwa der Physiker Bobby Henderson, der 2005 den satirischen Kult des fliegenden Spaghettimonsters gegründet hat. Die Anhänger nennen sich Pastafaris und feiern freitags mit Bier und Nudeln, gern auch in Piratenkluft. Nein, dieser Kult hat eigentlich nichts mit unserer Piraten-Partei zu tun. Gibt’s die eigentlich noch?

Der Flying Spaghetti Monsterism hat sich inzwischen unter Religionsskeptikern und -kritikern erstaunlich weit verbreitet – im abgelegenen Flecken Templin in Brandenburg haben die Pastafaris inzwischen sogar eine pastafarische Kirche und Achtung: Entsprechende Schilder aufgestellt, auf denen auf die Nudelmesse freitags um 10 Uhr höchst offiziell hingewiesen wird. Die eingesessenen Kirchen finden das natürlich nicht so lustig, aber das ist schon wieder ein Grund mehr für mich, das neue Schild gut zu finden. Die Welt braucht mehr Nudeln und weniger religiösen Wahn.



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