NSU: Aus der Zelle in die Zelle

NSU: Aus der Zelle in die ZelleEs ein Stück Heimkehr, ein Stück zu Hause sein. Endlich liegt eine deutlich sichtbare Spur von der aus Jena stammenden Zwickauer Neonazi-Terrorzelle ins benachbarte Sachsen-Anhalt, Heimatland der berühmten „Straße der Gewalt“. Knappe zwei Monate brauchten die Fahnder, um im Internet zusammenzugoogeln, was PPQ bereits Mitte November berichtet hatte: Die zwei tödlichen Drei Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe unterhielten „Kontakte nach Sachsen-Anhalt“ (MDR), etwa, indem sie an einer Nazidemo in Halle teilnahmen (Foto oben).
Anmelder solcher Demonstrationen sind hier, in der ehemals roten Saalestadt, immer dieselben braunen Brüder, so dass der suchmaschinenkundige GEZ-Journalist eigentlich nur drei oder vier Minuten benötigt, um von der NSU zum unterdessen einsitzenden Ralf Wohlleben und von diesem mit zwei Klicks weiter in ein kleines Nest im Vorharz gelangen, das seit Jahren als Metropole der Freien Kameradschaften durch Spiegel TV promotet wird. Einen Tag vor ihrer Festnahme sei die mutmaßliche Rechtsterroristin noch in Halle gewesen, heißt es weiter. Hier sei sie über die Jahre im selbsteingebildeten Untergrund hinweg immer wieder beim Zahnarzt gewesen.
Beim MDR wird daraus der rätselhafte Satz: „Bei einer Person aus dem südlichen Teil des Bundeslandes bestehe der Verdacht, dass sie die mutmaßlichen Rechtsterroristen unterstützt habe“. Das habe dem Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht persönlich mitgeteilt. Später wird allerdings berichtigt: Die "Person aus dem südlichen Teil" wohnt im westlichen Teil. Bei der betreffenden Person sei aber in der Tat „eine Telefonnummer von Beate Zschäpe“ gefunden worden - eine Formulierung, die irgendwie ahnen lässt, dass Beate Zschäpe viele Telefonnummern gehabt haben muss.
Die in Sachen NSU-Geschichten weltweit führende Süddeutsche Zeitung weiß mehr. Zschäpe habe diese Nummer vor sechs Jahren kurz vor einem Anschlag der NSU-Uwes in München von einer Telefonzelle nahe ihres Hauses in Zwickau angerufen. Dass es Zschäpe war, die aus der Zelle anrief, ergibt sich offenbar aus dem Umstand, dass sie das Handy anrief, weiß man, weil das angerufene Handy und eine Rechnung für die Nummer 0162/4639557 beim von Zschäpe gelegten Verdeckungsbrand in Zwickau unbeschadet blieben. Lässt man außer acht, dass auch jeder andere in der Zelle hätte stehen können, ist der Zusammenhang zwischen NSU und Mordanschlag nicht nur ein weiteres Mal belegt, sondern Zschäpe nunmehr auch der Teilnahme an der direkten Anschlagsvorbereitung überführt.
Ermittlerglück, dass sich kaum fassen lässt. Die Nachrichtenagentur dpa verrät, wie es von hier aus weitergeht: Das Umfeld der Verdächtigen werde derzeit intensiv durchleuchtet; "dazu gehöre auch die Überprüfung der Kommunikation", heißt es. Mit Blick auf die derzeit noch geltende deutsche Rechtslage bei der Vorratsdatenspeicherung ein Hinweis darauf, dass es da nicht viel zu prüfen geben kann, schließlich werden hierzulande alle Verbindungsdaten Ablauf des Abrechnungszeitraumes gelöscht - bei einer 0162-Nummer von Vodafone offiziell nach sieben Tagen.. Oder aber das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 2. März 2010 eher eine theoretische Veränderung der Rechtslage bewirkt hat.
Über die Rolle von Zschäpe innerhalb der NSU herrscht nach Auskünften der Ermittler aus dem laufenden Ermittlungsverfahren derweil nach kurzer Irritation medial wieder Einigkeit. Hieß es zuletzt noch, es werde schwer, der "Nazibraut" (Bild) eine Beteiligung an den Morden der NSU nachzuweisen, hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe jetzt eine Möglichkeit gefunden, der das überflüssig macht. Mit einem kleinen Trick wollen die Ermittler aus der schweren Brandstiftung, mit der Zschäpe Waffen, Handyrechnungen und DVDs im Bandenhauptquartier in der Zwickauer Frühlingsstraße hatte vernichten wollen, einen versuchten Mord machen. Immerhin habe Beate Zschäpe die Wohnung in Brand gesetzt, obwohl sich - das weiß man allerdings nach 70 Ermittlungstagen offenbar immer noch nicht so genau - "möglicherweise noch eine Nachbarin in dem Haus befand".
Die Frage dabei ist natürlich, ob es sich bei der Nachbarin eventuell um die Frau handelte, bei der Zschäpe vor ihrer Flucht ihre Katzen abgab. Oder ob eine andere Nachbarin gemeint ist, eine, die vielleicht gar nicht im Haus war. Spannend für Jurastudenden wird es sein zu verfolgen, wie der Staatsanwalt die für eine Mordanklage notwendigen Mordmerkmale belegen wird: War die Katzenübergabe nur kaltblütige Tarnung? Dann müsste womöglich der versuchte Katzenmord mitangeklagt werden.


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