In NRW fahren die ersten Castoren schon ab Januar 2012?
Hintergrundinfo zum Atomkraftwerk AVR Jülich
Das Atomkraftwerk AVR Jülich (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich), ursprünglich auch Atomversuchskraftwerk war der erste deutsche Hochtemperaturreaktor (HTR). ‘Geistiger Vater’ der Anlage war Rudolf Schulten. Er hatte in den 1950er Jahren grundlegende Arbeiten zu diesem Reaktortyp vorgelegt. Nach seiner Promotion bei Werner Heisenberg arbeitete Schulten von 1956 bis 1964 bei der BBC/Krupp (BBC/Krupp Reaktorbau/Hochtemperatur Reaktorbau), wo er für die Planung und den Bau des AVR Jülich zuständig war. Anschließend war er bis zu seiner Emeritierung 1989 Direktor des ‘Institut für Reaktorentwicklung’ in Jülich und zeitgleich Professor für Reaktortechnik an der RWTH Aachen.
Der HTR war ein Kugelhaufenreaktor und hatte eine elektrische Nettoleistung von 13 Megawatt. Die Anlage steht in Jülich unmittelbar benachbart zum Gelände des Forschungszentrums.
1967 wurde das Kraftwerk, welches auch Strom ins öffentliche Netz einspeiste, in Betrieb genommen. Bauherr und Betreiber war ein Konsortium aus lokalen Elektrizitätsversorgern unter Führung der Stadtwerke Düsseldorf, welche dazu die AVR GmbH gegründet hatten. Nach 21 Betriebsjahren wurde der Reaktor am 31. Dezember 1988 abgeschaltet.
Insgesamt produzierte der Reaktor rund 1,7 Milliarden Kilowattstunden Strom.
Stilllegung
Das Stilllegungskonzept wurde in den Folgejahren von „Sicherer Einschluss“ über „Entkernung“ in „vollständiger Abbau“ geändert. Dazu wurde die AVR im Jahr 2003 in das bundeseigenene Rückbau-Unternehmen Energiewerke Nord integriert. Derzeit laufen Vorbereitungen für die vollständige Beseitigung der Anlage. Im Jahr 2006 wurde eine 60 × 40 Meter große Materialschleuse aus Stahl vor dem Reaktorgebäude errichtet, um das Ausschleusen des Reaktorbehälters zu ermöglichen. Bis zum Jahr 2015 sollen die Rückbauarbeiten beendet und der Zustand „Grüne Wiese“ hergestellt sein,[3] während der Reaktorbehälter 200 m entfernt für gut 60 Jahre zwischengelagert wird. Aufgrund der hohen Kontamination des Kühlkreislaufs bereitet der Rückbau allerdings erhebliche Probleme. Im Jahr 2000 räumten die Betreiber ein, dass die beta-Kontamination (Strontium-90) des AVR-Reaktors sogar die höchste aller Reaktoren und Nuklearanlagen weltweit ist und zudem noch in der ungünstigsten Form, nämlich staubgebunden vorliegt.
Rückbau, Zwischen- und Endlagerung
Der kontaminierte Reaktorbehälter wird zunächst nicht zerlegt. Im November 2008 wurde er stattdessen mit 500 Kubikmeter Porenleichtbeton verfüllt, um so die radioaktiv hoch kontaminierten Graphitstaubteilchen zu fixieren.
2011 soll der 2100 Tonnen schwere Behälter mittels 7 Kränen und eines Luftkissen-Transportschlittens zur Zwischenlagerung in eine 200 Meter entfernte Halle transportiert werden, damit der mit Strontium-90 radioaktiv kontaminierte Boden bzw. das Grundwasser unter dem Reaktor gereinigt werden können. Das genaue Ausmaß der Boden- und Grundwasserkontamination unter dem Reaktor ist noch nicht bekannt, da die vermutlich am stärksten kontaminierten Bereiche noch unzugänglich sind. Bisherige Messungen an weniger kontaminierten Bereichen zeigten jedoch schon, dass die Strontium-Konzentration um bis einen Faktor 600 über der Unbedenklichkeitsschwelle (Freigabewert) liegt. Derzeit wird diskutiert, aus Kostengründen nicht das gesamte Erdreich vollständig zu reinigen, sondern nur die oberen Schichten. Für die tieferen Schichten soll ggf. nur durch Rechnungen gezeigt werden, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Problematisch ist auch die sehr starke Strahlung des Reaktorbehälters, die in der Transportphase nach Berechnungen die zulässigen Grenzwerte am Zaun der Anlage praktisch erreichen wird.
Vorläufige Messungen am mit Beton verfüllten Behälter haben sogar ergeben, dass die Strahlung um bis zum Faktor 130 höher sein könnte.
Sollten sich diese Messungen bestätigen, würden sich weitere erhebliche Rückbauprobleme ergeben.
Diese Verschiebung um 200 Meter hat meines Wissens noch nicht stattgefunden. Ich glaube kaum dass dies noch im Jahr 2011 durchgeführt wird. Aber im nächsten Jahre wäre das möglich. Das wäre weltweit ein Novum und das erste mal das ein ganzer hochradioaktiv strahlender Atomreaktor so transportiert wird. Weltweit warten rund 130 AKW auf den
Rückbau.
Änderung der Transportgenehmigung beantragt
Im Januar 2011 hatte die AVR GmbH eine Änderung der Transportgenehmigung des Reaktorbehälters beantragt, mit dem Ziel, statt eines Luftkissenschlittens ein Vielradfahrzeug verwenden zu dürfen. Da dieses ferngelenkt werden könnte und die Transportzeit verringert würde, erhofft man sich davon eine Verkleinerung der Strahlenbelastung. Kosten für den bis 2015 zu beendenden Teilrückbau werden von der Bundesregierung auf mehr als 600 Millionen Euro geschätzt. Erst nach einer weiteren Abklingzeit von etwa 60 Jahren soll der Behälter schließlich von Robotern zerlegt werden und in ein Endlager überführt werden.[2] Problematisch bzgl. Endlagerung des Reaktorbehälters ist der sehr hohe Gehalt an Kohlenstoff-14 (Halbwertszeit = 5830 Jahre), da dieser die im Endlager Schacht Konrad zulässige Gesamtaktivität an C-14 zu 75 % ausschöpfen würde. Damit kommt eine Endlagerung in Schacht Konrad praktisch nicht in Frage.
Diskutiert wird daher auch ein separates, evtl. oberirdisches Endlager für den AVR-Reaktorbehälter. Die ab 2015 anfallenden Kosten wurden noch nicht abgeschätzt.
Derzeit werden 300.000 verbrauchte Brennelementekugeln in 152 Castor-Behältern in einem Zwischenlager auf dem Gelände gelagert. Deren Genehmigung läuft 2013 ab; deshalb beabsichtigt das Forschungszentrum, die Castor-Behälter (per LKW oder Bahn) in das Zwischenlager Ahaus zu überführen. 86 Fässer mit bestrahlten AVR-Absorberelementekugeln und 8 Fässer mit in Forschungsreaktoren testweise bestrahlten AVR-Brennelementkugeln wurden bereits 1974–78 im Versuchsendlager Asse eingelagert.
Im April 2011 wurde durch eine kleine Anfrage der Grünen bekannt, dass 2285 radioaktive Brennelementekugeln abhanden gekommen sein sollen. Die Wirtschaftsministerin Svenja Schulze vermutet, dass diese Brennelementekugeln ebenfalls in das Versuchsendlager Asse gebracht wurden. Dies sei jedoch nicht mehr nachvollziehbar, da die im Versuchsendlager „eingelagerten Mengen nicht bekannt sind“. Es wurde weiterhin berichtet, dass im Versuchsendlager Asse keine Brennelemente eingelagert werden durften, da es nur für die Lagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle zugelassen war. Die Unzulässigkeit der Einlagerung von AVR-Brennelementen in die Asse ist jedoch eine Fehleinschätzung, denn es hatte am 4. März 1976 eine Genehmigung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und des Oberbergamtes Clausthal zur Einlagerung von 100.000 AVR-Brennelementen in der Asse gegeben, die erst am 30. Juni 1978 auslief. Die Kugelgebinde sollten dabei so zusammengesetzt sein, dass sie nach damaliger Rechtslage an der oberen
Grenze von mittelaktivem Abfall lagen. Zur Einlagerung der AVR-Brennelemente kam es seinerzeit nur deshalb nicht, weil die Bevölkerung um die Asse sich unter Führung des stellvertretenden Landrates von Wolfenbüttel, Reinhold Stoevesandt, zur Wehr setzte.
Das Forschungszentrum widersprach den Vorwürfen zu fehlenden Brennelementen und versicherte, dass der Bestand an Brennelementkugeln „bis auf das Milligramm genau“ dokumentiert sei.[24] Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) räumte eine fehlerhafte Kommunikation seitens der Landesregierung ein und sagte: „Für die Atomaufsicht des Landes ist entscheidend, dass keine Menge spaltbaren Materials fehlen.“ Mitte Juli 2011 konstituierte sich ein Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur Klärung der Fragen um die evtl. verschwundenen AVR-Brennelemente.