Nokia Lumia 830: Knallig bunt und doch konservativ

10. Dezember 2014 Keine Kommentare

Nokia Lumia 830: Knallig bunt und doch konservativ

Von Malte Kirchner

Knallig bunt und doch konservativ: Das ist zweifelsfrei ein Widerspruch. Aber Microsoft liebt offenbar Widersprüche. Beim Betriebssystem Windows 8 geben sich Touch-Oberfläche und Mauszeiger-Desktop die Klinke in die Hand. Und auch beim Smartphone treffen zwei Welten aufeinander: Das Nokia Lumia 830 im Test.

Nokia Lumia 830 im Test

Nokia Lumia 830 im Test

Dem Aussehen von Mobiltelefonen hat es genützt, dass viele Smartphonehersteller Akkus und Speicher fest verbauen. Der Preis für die Schönheit ist jedoch eine begrenzte Lebenszeit. Wird der Speicher knapp, leidet die Freude. Macht gar der Akku schlapp, ist das Gerät oft ein Fall für den Elektroschrott oder Bastler. Austauschen oder Erweitern? Oft nicht möglich.

Das Lumia 830, das noch unter dem Namen Nokia verkauft wird (in Zukunft Microsoft) erfreute im Test mit Erinnerungen an alte Zeiten, weil Akku und Speicherkarte noch austauschbar sind. Für den Verschluss sorgt eine fragil wirkende, aber angebracht doch überaus stabile Plastikabdeckung auf der Rückseite. Und dass die nicht nur zweckmäßig ist, sondern auch zur Schönheit beitragen kann, unterstreicht Nokia mit der Farbauswahl. In unserem Falle war die Klappe nämlich quietschbunt in der Farbe orange. Wer damit auffallen will, hat leichtes Spiel.

Das dürfte zweifellos nicht jedermanns Geschmack sein, aber es gibt ja auch noch den wertig aussehenden Alurahmen und das schwarze Display auf der Vorderseite. Und letztlich muss jemand, der auffallen möchte, auch schon mal unkonventionelle Wege beschreiten. Microsoft ist diesbezüglich auf dem besten Weg und folgt, was das homogene Aussehen von Hard- und Software angeht, da gerade Apple, ohne aber eine bloße Kopie abzuliefern.

Eigene Akzente

Das Schöne an Windows Phone und den zugehörigen Geräten ist ja gerade, dass es eine echte Alternative darstellt. Statt App-Icons gibt es Kacheln, statt formschön in den Rahmen eingepasster Schrift in dezenten Farben wird bei Windows Phone mit knalliger Optik und aus dem Display herausragenden Großbuchstaben gearbeitet.

All das ist natürlich Geschmackssache, doch wer in den Kundenbewertungen großer Onlinekaufhäuser mal nachliest, wird feststellen, dass die Sympathie für Windows Phone unter den Nutzern hoch ist – andererseits ist der Marktanteil immer noch gering im Vergleich zu Apple und Android.

Woran könnte das liegen?

Bei der Software spielt da wohl immer noch das unterschiedlich große Angebot an Apps eine Rolle. Bei der Hardware müssen die Gründe hingegen im Einzelfall gesucht werden. Beim Lumia 830 könnte die Dicke des Gerätes eine Rolle spielen. Bis heute ist es trotz vielversprechender Ansätze nicht gelungen, beim Gerätedesign in die Offensive zu gehen. Das Lumia 830 hat den Charme, den das iPhone 5 bei seiner Vorstellung hatte – nur dass die Mitbewerber halt schon wieder etwas weiter sind. Ob man das braucht: Geschmacksache.

Das über allem thronende Problem ist jedoch ein anderes: Das knallig bunte Aussehen und das gewagte Design geben ein Versprechen ab, dass das Gerät nicht einlöst.

Nichts für Draufgänger

Das Lumia 830 ist ein konservatives Gerät. Office-Apps und ein Routenplaner für den Alltag, der einem schön sagt, wie lange der immer gleiche Nach-Hause-Weg heute dauert, sind nichts für Draufgänger. Die erwarten stattdessen Alleinstellungsmerkmale: Den technisch neuesten Schrei, egal wie fragwürdig er auch sein mag. Die Kamera ist gut, die mitgelieferten Apps ebenso, der Akku hält locker zwei Tage, alles ist solide verarbeitet und das Gerät ist schnell – nichts zu meckern. Ein großes Alleinstellungsmerkmal, das morgen auch die anderen haben, sucht man jedoch vergeblich. Immerhin: Das Aufwachen des Gerätes durch zweimaliges Antippen hat  einen Charme, den wir bei anderen Geräten vermissen werden.

Das Lumia 830 ist nichts für “Early Adopters”. Mit der Zehn-Megapixel-Kamera, LTE-Unterstützung und dem hochauflösenden 5-Zoll-Display bewegt sich das Lumia 830 allerdings funktionell zweifellos in der Liga der Flaggschiffe, so dass Microsoft angesichts des Preises von 399 Euro (vertragsfrei) auch durchaus zurecht mit der Bezeichnung „Das erste bezahlbare Flagship“  wirbt. Die Kamera brillierte im Test vor allem bei den Außenaufnahmen. Im Kunstlicht innen litten dagegen schnell die Schärfe und es stellte sich ein leichtes Bildrauschen ein.

Der Quadcore-Prozessor gibt keinen Grund zur Klage. Der fest eingebaute Speicher ist für ein Flaggschiff mit 16 Gigabyte etwas knapp bemessen, lässt sich aber mit Hilfe einer Micro-SD-Speicherkarte um bis zu 128 Gigabyte erweitern.  Der Micro-USB-Anschluss zum Synchronisieren und Aufladen ist auf der Oberseite zu finden, was gewöhnungsbedürftig ist. Allerdings gibt es als Zubehörteil eine Station zum kabellosen Aufladen, deren Erwerb ohnehin eine Überlegung wert ist.

Was am Nokia Lumia 830 besonders gefällt, sind die lange Akkulaufzeit (trotz normaler Nutzung bis zu drei Tage im Test).

So ist das Nokia Lumia 830 unter dem Strich ein Gerät, das einem vor allem als auffallend und günstig in Erinnerung bleibt. Wer beim Wechsel vom alten Handy zum Smartphone vor allem damit hadert, dass bei vielen Geräten Akkus nicht austauschbar sind und kurze Laufzeiten haben, der sollte das Lumia auf alle Fälle in die engere Auswahl nehmen.

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