(Schmidt mit Mathias Richling)
Von Günter Verdin
In Deutschland bekommt ja mittlerweile fast jeder einen Zapfenstreich: ein Bundespräsident, der der Vorteilnahme nicht abhold war, oder ein Verteidigungsminister, der seine Doktorarbeit zu großen Teilen abgeschrieben hat. Wirklich verdient hat ihn aber nur einer: Harald Schmidt. Zum Opening seiner letzten Late-Night-Show am Donnerstag stand er in voller Traumschiff-Kapitäns-Montur am Deck des langsam untergehenden Schiffs SAT 1 (die meisten Zuseher sind schon in den Rettungsbooten, die anderen schwimmen bald davon) und geniesst die Fanfaren. In SAT 1 wird jetzt Nachtruhe einkehren. Harald Schmidt nimmt den Rausschmiss aus dem „Kuschelsender“ gelassen, aber hämisch hin. "Wir gehen in die Sommerpause. “ sagt er ohne Bedauern. „ Schon im Mai. Ja, die Klimaerwärmung!“ Noch einmal darf Natalie im Off mit französischem Akzent säuselnd nervend die Ansage machen, und noch einmal setzt Schmidt provozierend die Tiefstmarke seines Verständnisses von Unterhaltung mit dem von einem Schauspieler besonders maliziös-seriös interpretierten Herrenwitz. Noch einmal verwandelt Helmut Zerlett mit seiner Band auch den kürzesten Tusch in eine swingende Miniatur . Und noch einmal darf der Entertainer, der neben tagespolitischer Stand-up-Comedy immer auch das Bildungsfernsehen auf die leichte Schulter nahm, seinen guten Geschmack beweisen: die chinesischen Pianistin Yuja Wang improvisiert am Piano virtuos über den Musical-Song „Tea For Two“. Selbst der sonst so spröde Moderator Ulrich Meyer blüht im Talk mit Schmidt in Selbstironie auf. Schließlich holt Olli Dietrich, der sich als Schmidts Sidekick eindrücklich empfiehlt, als „Sommerpause“ im Sonnenkostüm den Entertainer aus dem „Kindergarten“ SAT 1 ab. Niemals geht er so ganz, diesmal fährt er – im von Dietrich gezogenen Handwagen.
Ab 11. 9. ist Dirty Harry übrigens im Bezahlfernsehen zu sehen. Es ändert sich eigentlich nichts. Auch wenn seine Scherze gelegentlich flach gerieten, waren seine Botschaften nicht seit jeher verschlüsselt?