Depeche Mode
München, Olympiastadion, 1. Juni 2013
Support: Trentemöller
Natürlich könnte man die Frage einfach weitergeben – an jene, welche schon die 100 oder gar 200 vollgemacht haben. Vergangenen Sonntag hat Bruce Springsteen an der gleichen Stelle einen Typen auf die Bühne geholt, dessen Kinder ein Plakat hochhielten: „Daddy‘s 100. Show“ – der müsste es doch wissen. Warum also, warum tut man sich das an, Jahr um Jahr, selbst bei 10 Grad und einer Regenwahrscheinlichkeit von 100%? In einem Stadion, dessen Akkustik schon früher dafür berüchtigt war, aus Fußball- im Handumdrehen Trauerspiele zu machen? Die Setlist kann es kaum sein, denn außer den aktuellen Stücken, diesmal ausnahmsweise auch von einer neuen Platte, die mal richtig gut ist, hört man doch immer nur die ewig gleichen Klassiker, etwas aufgebrezelt für den Newbies, die sich vielleicht ins Arena-Rund verirrt haben könnten, aber eben doch: die gleichen.
Warum also? Keine Überraschungen? Nicht die großen, klar, aber auf die hofft der Dauerkartenbesitzer ohnehin nicht mehr, seit die Liedfolge im Netz schon Wochen vorher ausgiebig von hinten nach vorn diskutiert werden darf. Kleinigkeiten sind es, die auch diesen Abend zu einem besonderen machen: Einmal, endlich wieder oder zum ersten Mal „Black Celebration“ ohne Dach überm Kopf zu hören und an eine Initialzündung erinnert zu werden – damals, mit diesem, dem gleichnamigen Album. „Precious“ für sich wiederzuentdecken (samt putzigem Chappi-Clip). Sich die Bestätigung abzuholen, dass „Should Be Higher“ der mit Abstand stärkste Song von „Delta Machine“ bleibt. Mitzulachen, wenn Gahan bei „Soothe My Soul“ im Großformat teuflisch in die Kameras grinst („…like a junkie“) und sich an die eigene Nase fasst – dem Tod von der Schippe, schon klar, verstanden.
Warum? Weil man weiß, dass einen die drei eigentlich nicht enttäuschen können. Kickstart mit Ansage: Der Hüftschwung von Gahan sitzt mit 50+ noch immer perfekt, vielleicht sind es ein paar Pirouetten weniger geworden, einen Schal hätte er sich, ausgewiesene Rampensau die er ist, früher auch nicht umgewickelt – was soll‘s, man selbst wäre ja vor zwanzig Jahren auch nicht in einem so dusseligen Regencape in seiner Show erschienen. Auch vertraut – Gore als (sichtlich gealterter) fallen angel, weich, verletzlich, anrührend, der Stücke wie „Home“ und „When The Body Speaks“ mit einem Zauber (jawohl) versieht, der seines Gleichen sucht und die Umgebungstemperatur gleich um einige Grad in die Höhe drückt. Apropos Umgebung: Die Jungs scheinen noch immer einen guten Draht zum mutmaßlichen Devotee Nummer 1 ganz oben zu haben, schließlich war bis kurz vor Schluss, bis zur letzten Zugabe („Never Let Me Down…“, Kornfeld, you know!?) nichts zu spüren von der befürchteten Sturzflut biblischen Ausmaßes. Ein paar Tropfen – what’s up, hier hätte „But Not Tonight“ (es war ja mal kurz im Programm) tatsächlich bestens gepasst: „Oh god, it’s raining, but I’m not complaining…“
Warum also noch mal? Weil man sie, die einen seit Jahrzehnten treu begleiten, die nicht müde werden und Gottseiddank auch nicht peinlich, weil man sie jetzt irgendwie nicht allein lassen will und kann, weil diese Treue irgendwie verpflichtend ist. Als Dank für die Jahre also, da sie den Soundtrack zur Pubertät und dem, was danach auch nicht unbedingt einfacher wurde, so grandios bespielt haben, mit diesen Songs, die heute vielleicht ein wenig anders klingen mögen, aber für einen selbst doch immer die gleichen bleiben. Der Vergleich mit der kirchlichen Liturgie ist deshalb auch nicht ganz so weit hergeholt (und das bleiben sie ja, die Konzerte – schwarze Messen): Es sind die sich immer auf’s Neue wiederholenden Gesänge und Gesten, gleichsam die feste Abfolge von Kyrie, Sanktus, Credo und Gloria, welche sich einprägt, den Ritus bestimmt und die Gemeinde unablässig dabeibleiben läßt. Nur dass bei Depeche Mode der Spaß mit Sicherheit einen etwas höheren Stellenwert einnimmt. In diesem Sinne: „Just can’t get enough.“
München, Olympiastadion, 1. Juni 2013
Support: Trentemöller
Natürlich könnte man die Frage einfach weitergeben – an jene, welche schon die 100 oder gar 200 vollgemacht haben. Vergangenen Sonntag hat Bruce Springsteen an der gleichen Stelle einen Typen auf die Bühne geholt, dessen Kinder ein Plakat hochhielten: „Daddy‘s 100. Show“ – der müsste es doch wissen. Warum also, warum tut man sich das an, Jahr um Jahr, selbst bei 10 Grad und einer Regenwahrscheinlichkeit von 100%? In einem Stadion, dessen Akkustik schon früher dafür berüchtigt war, aus Fußball- im Handumdrehen Trauerspiele zu machen? Die Setlist kann es kaum sein, denn außer den aktuellen Stücken, diesmal ausnahmsweise auch von einer neuen Platte, die mal richtig gut ist, hört man doch immer nur die ewig gleichen Klassiker, etwas aufgebrezelt für den Newbies, die sich vielleicht ins Arena-Rund verirrt haben könnten, aber eben doch: die gleichen.
Warum also? Keine Überraschungen? Nicht die großen, klar, aber auf die hofft der Dauerkartenbesitzer ohnehin nicht mehr, seit die Liedfolge im Netz schon Wochen vorher ausgiebig von hinten nach vorn diskutiert werden darf. Kleinigkeiten sind es, die auch diesen Abend zu einem besonderen machen: Einmal, endlich wieder oder zum ersten Mal „Black Celebration“ ohne Dach überm Kopf zu hören und an eine Initialzündung erinnert zu werden – damals, mit diesem, dem gleichnamigen Album. „Precious“ für sich wiederzuentdecken (samt putzigem Chappi-Clip). Sich die Bestätigung abzuholen, dass „Should Be Higher“ der mit Abstand stärkste Song von „Delta Machine“ bleibt. Mitzulachen, wenn Gahan bei „Soothe My Soul“ im Großformat teuflisch in die Kameras grinst („…like a junkie“) und sich an die eigene Nase fasst – dem Tod von der Schippe, schon klar, verstanden.
Warum? Weil man weiß, dass einen die drei eigentlich nicht enttäuschen können. Kickstart mit Ansage: Der Hüftschwung von Gahan sitzt mit 50+ noch immer perfekt, vielleicht sind es ein paar Pirouetten weniger geworden, einen Schal hätte er sich, ausgewiesene Rampensau die er ist, früher auch nicht umgewickelt – was soll‘s, man selbst wäre ja vor zwanzig Jahren auch nicht in einem so dusseligen Regencape in seiner Show erschienen. Auch vertraut – Gore als (sichtlich gealterter) fallen angel, weich, verletzlich, anrührend, der Stücke wie „Home“ und „When The Body Speaks“ mit einem Zauber (jawohl) versieht, der seines Gleichen sucht und die Umgebungstemperatur gleich um einige Grad in die Höhe drückt. Apropos Umgebung: Die Jungs scheinen noch immer einen guten Draht zum mutmaßlichen Devotee Nummer 1 ganz oben zu haben, schließlich war bis kurz vor Schluss, bis zur letzten Zugabe („Never Let Me Down…“, Kornfeld, you know!?) nichts zu spüren von der befürchteten Sturzflut biblischen Ausmaßes. Ein paar Tropfen – what’s up, hier hätte „But Not Tonight“ (es war ja mal kurz im Programm) tatsächlich bestens gepasst: „Oh god, it’s raining, but I’m not complaining…“
Warum also noch mal? Weil man sie, die einen seit Jahrzehnten treu begleiten, die nicht müde werden und Gottseiddank auch nicht peinlich, weil man sie jetzt irgendwie nicht allein lassen will und kann, weil diese Treue irgendwie verpflichtend ist. Als Dank für die Jahre also, da sie den Soundtrack zur Pubertät und dem, was danach auch nicht unbedingt einfacher wurde, so grandios bespielt haben, mit diesen Songs, die heute vielleicht ein wenig anders klingen mögen, aber für einen selbst doch immer die gleichen bleiben. Der Vergleich mit der kirchlichen Liturgie ist deshalb auch nicht ganz so weit hergeholt (und das bleiben sie ja, die Konzerte – schwarze Messen): Es sind die sich immer auf’s Neue wiederholenden Gesänge und Gesten, gleichsam die feste Abfolge von Kyrie, Sanktus, Credo und Gloria, welche sich einprägt, den Ritus bestimmt und die Gemeinde unablässig dabeibleiben läßt. Nur dass bei Depeche Mode der Spaß mit Sicherheit einen etwas höheren Stellenwert einnimmt. In diesem Sinne: „Just can’t get enough.“