Es war halb drei Uhr. Nachts. Ich schlurfte schlaftrunken einmal quer durch die Klinik, um auf Station G in Haus 4, welches diametral entgegengesetzt zu meinem Schlafplatz lag (Murphy’s Law), ein paar Batterien zu wechseln. Ja, so ist das. Da hast du sechs Jahre Medizin studiert, schlägst dich seit über fünf Jahren als Assistenzarzt durch die Facharztausbildung, und dann stehst du um halb drei auf, weil irgendwo auf einer hinterletzten Station ein paar Batterien gewechselt werden müssen. Dafür kriegst auch eigentlich fast kein Geld, denn du bist ja eh im Haus, und da kann man schon mal aufstehen und ein paar Batterien wechseln. Das darf man dann auch nicht so eng sehen. Kann ja auch nicht jeder, in so eine Schmerzpumpe ein paar neue Batterien einlegen.
Darüber dachte ich so nach, als ich über einen dunklen Stationsflur schlurfte. Dabei traf ich einen Kollegen mit Nickelbrille, leicht untersetzt und mit grandioser Fönfrisur. Blickdiagnose: Internist. Sein Namensschild verriet mir, dass es sich um einen Dr. A. Herzlos handelte. Kardiologe, oder vielmehr: in der Weiterbildung zu demselben. Als er mich mit meinen Batterien sah, fing er an zu lachen. “Und dafür hast du jetzt studiert?” fragte er mich. “Bin ich froh, dass ich kein Anästhesist bin! Ihr macht doch meistens total unsinniges Zeug!”
Ich überlegte ernsthaft, ob er betrunken war. Dann sah ich ihn mir genauer an. In seiner Hand hielt er ein Tablett. Ein Tablett für Blutabnahmen. Darauf lagen wahllos verschiedene Nadeln und Röhrchen.
“Und selbst so?” fragte ich. Ich musste innerlich ein wenig grinsen, denn Kollege Herzlos sah nicht so aus, als ob er gerade parallel mit links einen Herzkatheter machte und mit rechts eine IABP einbaute.
“Nun…” Herzlos räusperte sich. “Ich muss noch schnell eine Blutgerinnung kontrollieren… da ist was mit dem Heparin außer Kontrolle geraten…”
“Ach so…” säuselte ich. “Zweistündige Gerinnungskontrollen? Nun ja…”
Mein Lachen war noch über mehrere Stationen hinweg hörbar…
