Neuer und Müller kontern die Türkei aus
War es die ekstatische Stimmung im Atatürk-Stadion oder die Tatsache, bereits für die Europameisterschaft 2012 qualifiziert zu sein? Unter solch großen Druck wie in der ersten Halbzeit im EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei war die deutsche Nationalmannschaft in einem Pflichtspiel seit der Weltmeisterschaft in Südafrika nicht mehr geraten. In einer aggressiven, aber fairen Partie im Hexenkessel von Istanbul setzte sich die deutsche Nationalmannschaft gegen die Türkei letztlich verdient mit 3:1 (1:0) durch. So behielt die deutsche Elf ihre weiße Weste in der EM-Qualifikation und steht weiterhin ohne Punktverlust an der Spitze der Gruppe A.
«Wir haben diese drei Punkte gegen die Türkei unbedingt gewollt und wenn wir einige Chancen besser nutzen, können wir hier noch höher gewinnen», sagte Sami Khedira. «Gegen 50.000 Zuschauer und eine hochmotivierte türkische Mannschaft zu gewinnen, ist schon gut. Wir haben uns nicht aus der Ruhe bringen lassen und sind souverän geblieben. Ein paar Torchancen haben wir dabei noch fahrlässig ausgelassen», analysierte Bundestrainer Joachim Löw.
Doch vor allem zu Beginn hatte Löws Team Probleme mit dem Spielaufbau. Weil «Zwischenspieler» Toni Kroos (fiebrige Erkältung) und Spielmacher Mesut Özil (Achillessehnenprobleme) fehlten, bekamen Sami Khedira und Mario Götze die Chance in der Startelf. Beide mühten sich zwar, gehörten jedoch zu den Schlechteren im deutschen Team, in dem der erst in der 90. Minute eingewechselte Marco Reus seinen Länderspieleinstand gab.
Keine Chance in der ersten halben Stunde: Löw schimpft
So trug es sich zu, dass die beim Torefestival gegen Österreich noch so glänzend aufspielende deutsche Elf in den ersten 30 Minuten keine einzige Torchance kreierte. In einem Pflichtspiel war das seit der Niederlage im Halbfinale der Weltmeisterschaft 2010 nicht mehr passiert. Löw schimpfte am Spielfeldrand so wütend, dass es jedem Lippenleser die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.
So war es in der ersten Hälfte der Reaktionsschnelligkeit von Torhüter Manuel Neuer zu verdanken, dass die deutsche Mannschaft nicht bereits nach fünf Minuten in Rückstand geriet. Der in Gelsenkirchen geborene Hamit Altintop vergab nach einem unbedrängten Angriff der Türken völlig freistehend. Selcuk Inan jagte den Ball nach einem tollen Konter der Türken ebenfalls ohne große Gegenwehr der Deutschen auf die Ränge (29.).
Doch wenn diese erste Halbzeit für eines gut war, dann für die Gewissheit, dass die DFB-Elf auch ohne große Torchancen Treffer erzielen kann. Nach dem weiten Abwurf von Manuel Neuer, servierte der starke Thomas Müller seinem Bayern-Kollegen Mario Gomez den Ball auf den Fuß, der weder Abwehr noch Torhüter der Türken eine Chance ließ – 1:0 (35.). So effektiv war Gomez im Nationalteam wohl noch nie, gleichzeitig war eine Führung selten unverdienter.
Das Spiel stand auf der Kippe
In der zweiten Hälfte dann waren die Türken gezwungen noch mehr nach vorn zu spielen, um nicht alle Chancen auf die EM-Teilnahme zu verspielen. Daraus ergaben sich für Gomez und Co. mehr Räume als in der ersten Hälfte. Gomez (55.), Müller (58.) und der für den schwachen Lukas Podolski eingewechselte André Schürrle (64.) hatten gute Gelegenheiten, ehe erneut ein Drei-Stationen-Angriff den zweiten Torerfolg brachte. Wieder schickte Neuer die Kugel zum Konter auf die Reise, diesmal pflückte Götze den Ball herunter und bediente Müller, der trocken zum 2:0 einschob (66.).
Doch da es die deutsche Mannschaft nach dem Treffer zu ruhig angehen ließ, kam die Türkei noch einmal zurück ins Spiel. Hakan Balta traf nach einem Konter – wieder ohne Bedrängnis. Weil es nun noch einmal laut wurde unter den 50.000 im ausverkauften Atatürk-Stadion hätte das Spiel zu diesem Zeitpunkt kippen können. Nun zeigten die Deutschen die Reife – auch das eine Qualität, die für die EM Mut macht -, mit dieser Situation richtig umzugehen. Nach Foul an Thomas Müller im Strafraum machte Bastian Schweinsteiger dann mit seinem Elfmetertreffer alles klar (85.).
Am Ende des Abends hallten die Rufe der mitgereisten deutschen Fans durch das Stadion: «Auswärtssieg». Der starke Torhüter Manuel Neuer blickte bereits auf das abschließende Quali-Spiel gegen voraus: «Wir haben uns das vorgenommen: zehn Spiele, zehn Siege – das wollen wir gegen Belgien vollmachen.»
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