Mal wieder wird die Gemeinde der Ärzte mit einem neuen Abrechnungsschlüssel geplagt, dem so genannten “Einheitlichen Bewertungsmaßstab“, kurz EBM, hier finden sich die Abrechnungsziffern für die verschiedenen erbrachten Leistungen. In der Zeit meiner Niederlassung ist das jetzt bereits die vierte Nivellierung des EBM – bisher konnte ich keine Verbesserung ausmachen. In der vorletzten Veränderung (war das 2004?) wurden viele viele Einzelleistungen zu Pauschalen vereinheitlicht, um die Abrechnung zu erleichtern, es ergab sich eine Flatline-Behandlung: egal wie oft der Patient im Quartal kommt, es fließt stets das gleiche Geld. Bei einem Auftritt ist das viel, beim fünfzehnten Mal verdammt wenig. Kinder kommen eher häufig zum Arzt.
Der neue EBM ist von den Pauschalen nicht weg gekommen. Aber: Es gibt neue Gesprächsziffern (die 2011 gelöscht worden waren), um die sprechende Medizin wieder mehr zu würdigen. Außerdem gibt es genauere Differenzierungen bei chronischkranken Patienten, denn die müssen ja häufiger zum Arzt, und da darf es ein Plus bei der Quartalspauschale geben. Klingt ja erst einmal gut.
Problem: Es gibt ja nicht mehr Geld im System. Die Krankenkassen haben Überschüsse, die sie jetzt endlich auch mal an die Versicherten zurückgeben, die Ärztegehälter steigen jedes Jahr (wobei ich mich immer frage, wer davon wirklich profitiert – in meiner Jahresbilanz kommt seit Jahren immer weniger pro Patient raus) – also fließt keine neues Geld in den EBM. Da es aber neue Ziffern gibt (eben die Gesprächsziffer), wird auf der anderen Seite wieder bei der Bewertung der Pauschalen gespart.
Bedeutet in der Summe: Alles bleibt beim Alten, nur die Gewichtung ist anders. Wer allerdings vergisst, das zwanzig-Minuten-Gespräch mit Mutter Siebke wegen der toten Katze des Nachbarn und den Auswirkungen auf die Psyche der sechsmonatigen Tochter abzurechnen – Pech.
Im Alltag heißt das zum 1.10.: Update des Arzt-EDV-Programms, Schulung der fMFA, diverse Post-its auf dem Bildschirm (“Hallo, Dummkopf, hier eine Gesprächsziffer ansetzen!”) und penibles Nachrechnen nach zwei Quartalen (denn dann gibts erst die Zahlen), ob sich das alles so gelohnt hat.
Achja: Die GOÄ, die Gebührenordnung für Ärzte, nach der Leistungen für Privatpatienten abgerechnet werden, datiert von 1985 (!), die finanzielle Anpassung ist seit 1996 unverändert, d.h. für eine einzelne Impfung oder ein Gespräch bekommst Du Arzt immer noch das gleiche Geld wie vor siebzehn Jahren – das nenne ich einen konsequenten Inflationsausgleich.