neue möglichkeiten, politische probleme zu lösen

Interview des "prager frühling" mit Leena Simon
"Auch die Piratenpartei legt großen Wert auf innerparteiliche Demokratie. Ihr verfolgt hierzu die Idee der „Liquid Democracy“.
Leena Simon: Liquid Democracy ist der Versuch, mit Hilfe von moderner Software und Vernetzungstechnik eine neue Ebene der Partizipation einzuführen. Dabei haben alle die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie ihre Stimme zu einem bestimmten Sachgebiet selbst nutzen oder an einen anderen Menschen delegieren, dem sie an dieser Stelle mehr Sachverstand zutrauen. Da ich meine Stimme jederzeit entziehen kann, wird von „liquid“, also flüssiger Demokratie gesprochen. Es ist ein Konzept, das noch erprobt werden muss, aber die Politik revolutionieren könnte. Auch der Bundestag interessiert sich schon für „Liquid Feedback“.
pf: Und klappt das Deiner Meinung nach bei den Piraten?
Simon: Das hängt leider nicht von Liquid Feedback ab, sondern davon, ob die Piraten es schaffen, dieses Tool in einem konstruktiven Prozess zu erproben und auszufeilen. Manche Schwierigkeiten tauchen erst im aktiven Umgang auf und die gilt es dann auszuräumen. Da zeigen sich gerade einige Schwierigkeiten. An ihrer sozialen Kompetenz müssen die Piraten noch etwas arbeiten :-).
pf: Kann es sein, dass auch bei der Liquid Democracy bestimmte Herrschaftsmomente nicht aufgehoben werden.
Simon: Natürlich. Liquid Democracy ist kein Allheilmittel. Es enthebt uns nicht unserer politischen Verantwortung. Es bietet neue Möglichkeiten, politische Probleme zu lösen. Wie wir sie lösen, liegt immer noch bei uns. Zu den derzeitigen Bedingungen haben nur in der Theorie alle den gleichen Zugang zu Liquid Feedback. In der Praxis sieht das noch anders aus. Da ist nicht nur das Geschlecht ausschlaggebend, sondern auch Alter, Bildungsstand und Sozialisation. Diese Bedingungen müssen erst verändert werden, damit Liquid Feedback wirklich demokratisch werden kann. Liquid Feedback kann nicht die Bedingungen herstellen, die zu seiner Umsetzung notwendig sind. Das ist jedoch kein Grund, es nicht jetzt schon zu testen und weiterzuentwickeln.
pf: Wären Geschlechterquotierungen mit Liquid Democracy vereinbar?
Simon: Die machtvollen Positionen werden nach wie vor durch geheime Wahlen besetzt. Die andere Frage ist allerdings, ob Quoten das beste Mittel sind, um gleiche Verhältnisse herzustellen. Viele Piraten sind der Meinung, dass bei LD das Gleichgewicht der Geschlechter allein dadurch hergestellt werde, weil in der gemeinsamen Arbeit online das Geschlecht unerheblich sei. Selbst wenn dem so wäre, wird die Piratenpartei nicht umhin kommen, ihr Geschlechterproblem auf der Ämterebene zu lösen. Quoten sind ja keine total an den Haaren herbei gezogene Lösung. Sie reagieren darauf, dass der klassische Aufbau einer Partei mit Posten, eher der männlichen Art zuspielen, da Frauen häufig nicht so scharf darauf sind, sich derart in den Mittelpunkt zu stellen. Man mag Quotierungen für falsch halten. Aber dann muss man diesem Phänomen auf andere Weise begegnen und da sind die Piraten gerade noch sehr phantasielos. Diese Herausforderung darf nicht ignoriert werden, sondern man muss sich ihr stellen.

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