Gesagt getan. Natürlich habe ich befürchtet, dass es nur funktioniert, weil er das versprochen hat. Aber es war wieder lustig, es war wieder interessant, es machte einfach nur Spaß. So viel Spaß, dass man nicht gemerkt hatte, wie die Zeit vergeht, als man nachts telefoniert hat bis 2 – 2:30 Uhr. Worüber man sich alles unterhalten hat. Mitunter fand ich am faszinierendsten die Unterhaltung, was denn unser jeweiliges Lieblingsobst ist. Wenn man sich über so etwas unterhalten kann, dann kann man doch daran ablesen, dass es wohl nichts gibt, worüber man sich nicht unterhalten könnte. Und ich war wieder tagsüber nicht müde, natürlich war ich müde, aber ich merkte es nicht. Und wenn dann im Büro jemand mal reinkam, der nicht so gute Laune gehabt hat, und wo man sonst immer dachte „Das war‘s jetzt, der Tag ist gelaufen“, so war es jetzt, dass ich nicht zu merken schien, dass es so etwas wie schlechte Laune geben kann. Und siehe da, nicht nur, dass nichts mehr meine gute Laune trüben konnte. Nein, sogar bei den launischsten und grummeligsten konnte meine gute Laune überschwappen. Und spätestens mittags waren diese dann gut drauf. Auch die, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie überhaupt gute Laune bekommen, als ob ihnen ein Gen fehlen würde, oder so.
So wie eine Droge, so ein Aufputschmittel nur besser. Aber auch hier gab es dann Nebenwirkungen, irgendwann musste ich dann widerwillig einlenken. Da bekam ich dann Kopfschmerzen. Es war schwierig sich zusammen zu reißen und die längeren Telefonate nur noch auf das Wochenende zu verlegen. Das Highlight des Tages wurde zum Amuse-Gueule degradiert. Was ich damit sagen will, appetitanregend, aber nicht sättigend. Oder anders gesagt, deprimierend. Nur das Nötigste und da machte ich mir natürlich Sorgen. Ich weiß, ich wollte mit der ganzen Sache locker umgehen, aber irgendwann ist es nicht mehr locker. Und irgendwie war mir doch immer klar, dass es zu Ende gehen muss. Trotz der mehrfachen Aufforderung am Anfang, würde ich niemals in der Lage sein, ihn in Gambia aufzusuchen. Wozu denn auch? Ich sah immer noch keinen Bedarf. Also wollte ich abwarten bis es endgültig zu Ende war. Die kleinen Häppchen könnten ja auf Dauer nicht ausreichen, wenn man nicht verhungern wollte. Und es wurde nicht schöner als man sich so auf die Wochenenden gefreut hat, wo man die ganze Nacht wie gewohnt telefoniert hätte, und dann gab es keinen Strom, an dem man hätte den Akku laden können, oder die Verbindung war so schlecht, dass kein Gespräch zustande kam, oder ich hatte Termine, und und und. Natürlich ich hätte jetzt zickig sein können, aber es ist ja nicht ernst.
Und schließlich stand da auch noch ein Urlaub wieder mal an und traditioneller Weise denke ich, wenn ich weniger Möglichkeiten habe ins Internet zu gehen, weil kein Computer, kein WLAN, wird sich das sowieso erledigen. Ich weiß, ich bin äußerst romantisch und positiv eingestellt. Vor allem bin ich geizig, ich dachte mir, wenn ich nur 7 Tage einen Tarif haben kann im Ausland, warum denn schon am ersten Tag buchen, warum nicht erst später? 500MB werde ich doch nie und nimmer aufbrauchen, warum das Ganze denn zwei Mal buchen? Das geht schon, wenn ich mal im Café bin, wo es WLAN gibt, dann checke ich meine Nachrichten, das wird vollkommen genügen, der weiß ja, dass ich im Urlaub bin und das Internet rar ist. Erster Tag überstanden, zweiter Tag weniger, dritter Tag entwickelte sich zu einer Katastrophe. Jetzt könnte man fast meinen, meine Entzugserscheinungen hätten mich dahin gerafft, aber das stimmt nicht. Entzugserscheinungen ja, mich nicht. Man habe ich einen Ärger bekommen und hatte ich Nachrichten, das hätte ich nicht gedacht. Was für Vorwürfe mir gemacht wurden, warum ich denn kein Internet einkaufen würde, das wäre ja nicht so teuer, er täte es ja auch, wie enttäuscht er wäre, wäre es mir denn nicht wichtig. Ich konnte ihn kaum beruhigen. Also buchte ich den Auslandstarif, hätte ich jetzt sowieso gemacht. Aber es war doch sehr überraschend, weil ich dachte dieses ganze Verständnis, dass ich ja auch mal schlafen müsste, wäre im Grunde nur fadenscheinig und man wäre selbst froh gewesen, dass der Kontakt zum Erliegen kommt. Vielleicht kann ich auch Texte leichter deuten als Menschen. Vielleicht es auch so, dass ich mir da keine Hoffnungen machen möchte. Vielleicht ist es aber auch etwas ganz Neues, mit dem ich nicht umgehen kann.
Irgendwann kriegte er sich dann doch wieder ein, irgendwann war er mir nicht mehr böse und schmollte nicht mehr. Und siehe da, wenn man Zeit hat, dann verfliegt auch die Befürchtung, dass man sich nichts mehr zu sagen hätte. Dank des Auslandstarifs haben wir wieder miteinander sprechen können, auch unabhängig von den Orten, die ich aufgesucht habe. So kam es, dass ich an einem Morgen vier Stunden telefoniert hab und länger. Und es lag nicht daran, dass wir uns nichts mehr zu sagen hätten. Nein, sein Guthaben war leer. Und es war Zeit um 13 Uhr fürs Frühstück.
(Foto: Lichttunnel Martina Taylor / pixelio.de)
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