NEIN!!! Teil 4

Ich möchte mal so viel vorweg nehmen: alles hat sein Gutes. Bei der Geschichte mit Willi ist das Gute, dass ich nie wieder mit ihm zusammenarbeiten muss. Okay, mein Ruf innerhalb der Abteilung hat ein wenig gelitten, aber das gibt sich schon wieder. Und ich hoffe mal, dass Pat und Patterchen nicht noch eine Anzeige wegen Körperverletzung droht, aber der Reihe nach…

Willi kam mit großen Schritten wieder aus dem Waschraum. Ich band ihm voller Verzückung sogar noch den Kittel zu. Am Hals etwas zu eng, aber Willi ist ja auch nicht gerade der Schlankste… nachdem er geschlagene drei Mal die Handschuhe anziehen durfte, weil er es jedes Mal schaffte, sich dabei unsteril zu machen, hatte er es tatsächlich bis an den Tisch geschafft. Ich klatschte eine Runde Applaus. Pat und Patterchen schienen so langsam eine Ahnung davon zu bekommen, auf was sie sich da eingelassen hatten. Jedenfalls schärfte Pat ihm ein, ja nichts anzufassen außer dem Knie, und das auch nur an der dafür vorgesehenen Stelle und auch nur auf Aufforderung. Etwas enttäuscht stand Willi am Tisch und stellte Fragen, die Zweifel daran aufkommen ließen, dass er von der menschlichen Anatomie irgendeine Ahnung hatte. Pat setzte schließlich endlich das Messer an. Während ich mich mal wieder um den Patienten kümmerte und die Narkose hier und da etwas nachjustierte, hörte ich, wie Willi zur Höchstform auflief. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass die geplante OP ein Kniegelenksersatz war.
“Darf ich auch mal?” hörte ich Willis liebliche Stimme und sah aus dem Augenwinkel, wie er Pat das Skalpell aus der Hand nehmen wollte.
“Nein!” schallte es unisono aus zwei Mündern. Drei, genau genommen, der OP-Pfleger fiel in den Chor der Entsetzten mit ein. Ich nicht, ich war nur froh, dass es sich nicht auf irgendwas mit Narkose bezog, was den Patienten am Ende vielleicht umbringen würde. Ich meine, ohne Knie lässt es sich vielleicht leben, aber so ohne Sauerstoff und Blutzirkulation ja irgendwie nicht so gut. Da hänge ich dann doch zu sehr an meiner Approbation.
Willi schmollte. Gelangweilt zupfte er an den sterilen Tüchern, während die OP seinen Gang ging. Dann entdeckte er den Tisch mit den Instrumenten, der vom OP-Pfleger bewacht wurde. Plötzlich grapschte er darauf herum und zog ein Instrument heraus.
“Was ist das?” fragte er.
“Gib das sofort her!” rief der OP-Pfleger und riss ihm die Klemme aus der Hand.
“Ich frag ja nur… ist so langweilig hier… Ich würde lieber wieder Narkose machen.” nölte Willi weiter.
“Hier, halt jetzt das Knie mal so hoch.”  Patterchen griff unter das Knie und zog es ein wenig in die Luft.
“Das ist ja voll schwer!” beklagte sich Willi.
Was dann geschah, kann ich nicht so genau in Worte fassen, weil ich nicht hingesehen habe. Das war vielleicht auch besser so. Ich hörte nur Willi: “Das kann ich doch auch machen!” rufen, dann hörte ich ein paar Schreie und sah etwas, was nach einem Handgemenge aussah. Blut spritzte, im Nachhinein erfuhr ich, dass das die Arteria poplitea war, die da ein kleines Loch abbekommen hatte. Irgendwie hatte sich Willi des Skalpells bemächtigt, um Gott allein weiß was zu tun, und war dabei abgerutscht, hat eine Hauptarterie des Knies verletzt und damit natürlich den Zorn der schneidenden Zunft auf sich gezogen. Pat versuchte, das Skalpell wieder an sich zu reißen, während Patterchen sich bemühte, die Blutung zu stillen. Dies war der Moment, in dem ich rausrannte, um den Blutbank zu sagen, sie sollen doch mal bitte ein paar Konserven hochschicken, und zwar PRONTO. Daher konnte ich das Folgende nicht sehen, sondern nur hören. Ich hörte vor allem einen lauten Schrei, der von Willi kam, und als ich wieder in den Saal stürmte, sah ich das Skalpell – in Willis Hand stecken. Ich bin mir sicher, dass es keine Absicht war, dass das Skalpell jetzt in Willis Hand steckte, sondern wohl eher ein Resultat Willis Ungeschicklichkeit und seines Unwillens, das Skalpell wieder loszulassen. Aber egal wie man es dreht und wendet, für keinen der beteiligten Ärzte kann es je vorteilhaft aussehen, wenn ein Student ein Skalpell in der Hand stecken hat.
Es dauerte etwa zwanzig Minuten, bis wir den Schlamassel wieder beseitigt hatten. Herr Müller hat die OP gut überstanden und Willi wurde in die Notaufnahme verfrachtet, wo man sich um seine Hand kümmerte. Er hat jetzt ein paar Tage frei.

Was ich mir vom Gashahn anhören durfte, könnt ihr Euch ja denken. Das angenehmste war noch, dass ich wohl nie wieder irgendeinem Studenten zu nahe kommen darf. Damit kann ich leben.


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