“Nehmen Sie noch Rücksicht, oder leben Sie schon?” ist eine vielleicht provokante Erkenntnis aus verschiedenen Coachings. Rücksichtnahme auf andere Menschen ist ja per se ein schöner Zug, die Welt wäre manchmal wesentlich freundlicher, wenn mehr Rücksichtnahme da wäre. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die so rücksichtsvoll sind, dass es permanent zu ihren Lasten geht. Und sie und ihre Seele dabei zu kurz kommen. Und – vor lauter Rücksichtnahme sind sie schon vorauseilend in Gedanken permanent am Durchspielen, wie sie dem Partner, dem Gegenüber begegnen müssen.
Die Rücksichtnahme wurde erlernt
Die meisten Rücksichtnahme kommt dabei nicht “aus mir selbst” heraus, sondern wurde mir beigebracht. Und meistens von meinen Eltern. Auf die ich Rücksicht nehmen sollte. Weil sie vielleicht Ruhe brauchten. Oder ein aufgewecktes Kind zu anstrengend war. Und schlau wie Kinder nun mal sind, haben die Kinder das sehr schnell gelernt. Und entwickelten einen vorauseilenden 6. Sinn der Rücksichtnahme. Und genau hier fangen die Probleme oft an.
Wer viel Rücksicht nimmt, ist weniger bei sich!
Genau. Wer viel Rücksicht auf andere nimmt, ist weniger bei sich. Weil er versucht per Gedankenlesen die Reaktionen des anderen vorab zu erfassen und schon frühzeitig Rücksicht zu nehmen. Egal, was in einem selbst vorgeht. Das heisst – ich bin mehr beim anderen als bei meinen Emotionen. Das vermeidet natürlich auch Streit, wobei der Streit meistens im eigenen Körper stattfindet, da Empfindungen sich nicht einfach so abstellen lassen.
Und vielleicht überprüfen Sie von Zeit zu Zeit, immer mal wieder, Ihre Verhaltensweisen: Tue ich das jetzt, weil ich das so empfinde – oder nehme ich Rücksicht. Einfach nur wahrnehmen. Und vielleicht ergibt sich ja daraus ein kleines Rücksichtnahme-Tagebuch der Selbsterkenntnis…..
