Namaste!
(Ich grüße das Göttliche in dir!)
Eine Begrüßung mit Tiefgang, in Nepal so allgegenwärtig wie Armut, Lächeln und Gebetsfahnen. Egal wo man hinkommt, egal mit wem man spricht. Ein freundliches Namaste sowie die Handflächen zu einer kurzen Begrüßungsgeste gefalten sind fast immer der Beginn von etwas. Zum Beispiel der Beginn eines gewährten Besuchervisums, oder der Beginn eines Simkarten-Kaufs am Flughafen, oder der Beginn einer Taxifahrt vom Flughafen in die Stadt. Im Besten Fall der Beginn einer Entdeckungsreise durch ein Land dessen Schönheit beeindruckt, und deren Schicksal ihrer Menschen einem unter die Haut geht. Mit Tiefgang.
In unseren ersten Stunden in Nepal wurden wir das Gefühl nicht los, dass dieses wunderbare Wort „Namaste“ fast etwas inflationär verwendet wird – aber eigentlich spiegelt es genau das wieder was die Menschen in Nepal ausmacht: Mit Hingabe und Ausdauer das Land zu präsentieren und sich bestmöglich um den fremden Besucher zu kümmern. Dabei sein eigenes Schicksal zu respektieren und mit Würde, Stolz und festem Glauben das eigene, harte Leben zu bewältigen. Mit Hilfe der Familie und Buddha. Und dies geschieht hier in einer natürlichen Art und Weise, wie man sie nicht oft und schon gar nicht täglich erlebt.
Ist Nepal jetzt das heilige Touristenland? Hmmm… nicht ganz.
Besonders in Kathmandu, und hier speziell im Stadtteil Thamel findet man genauso Keiler, „Was-brauchst-Du-Verkäufer“ und andere Abzocker wie überall anders auch. Manchmal ist es wirklich schwer gelassen zu bleiben und Verständnis zu zeigen. Aber die Menschen, die hier in den unzähligen Restaurants, Klamottenläden und diversen anderen Krims-Krams-Ständen arbeiten hat vor einiger Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit die Armut aus den abgelegenen Bergdörfern in die große Stadt Kathmandu getrieben um hier das große Glück zu versuchen. In der eigentlichen Heimat warten oft ganze Familien auf das verdiente Geld aus der großen Stadt, welches oft die einzige Ernährungsgrundlage darstellt.Man kann sich vorstellen unter welchen Druck hier viele Familienväter stehen.
Es wird in Thamel alles geboten was der westliche Tourist erwartet. Unzählige Hotels, tolle Restaurants, Coffee Shops, Trekking Läden, Reisebüros. Hier fühlt sich der Tourist wohl, hier gibt er Geld aus. Thamel, die Komfortzone in Kathmandu. Aber dennoch können mehrere Tage hintereinander hier in diesem Stadtteil auch nerv tötend sein ;). Ich habe zu diesem Thema den ganz tollen Kurzbeitrag „Ablehnung – Über die fehlende Lust, zu essen, zu trinken, Taxi zu fahren und zu kaufen“ aus dem Buch „Falsch Reisen“ gefunden, dieser spiegelt das Gefühl während eines Spaziergangs durch Thamel eigentlich perfekt wieder! Sollte man lesen
Die Straßen von Kathmandu
Ist man nun nicht nur Tourist, sondern auch ein wenig Reisender, wird man den Stadtteil Thamel schnell hinter sich lassen und in das eigentliche nepalesische Leben in Kathmandu eintauchen. Und hier beginnt die Reise. Das Leben pulsiert und zeigt den Alltag der Menschen ungeschönt und mit allen Facetten. Wir schlendern nach Süden und passieren unzählige kleiner Geschäfte. Wenn ich hier von kleinen Geschäften schreibe, meine ich wirklich KLEINE Geschäfte. Oft findet sich eine Fleischerei auf guten 4qm wieder, der Eingang so hoch, dass selbst ein zierlicher Mann sich noch bücken muss um in das Innere zu gelangen. Zu zweit sind die Räumlichkeiten dann auch schon ausgefüllt. Bei 2 Kunden gleichzeitig mit Verkäufer muss sich der Eigentümer überlegen wegen Überfüllung zu schließen. Und doch schaffen es die Menschen auf engsten Raum alles Nötige unterzubringen und sich tadellos zu organisieren. Zwei Schritte weiter eine kleine Schneiderei, vier Schritte weiter ein Handarbeitsladen mit selbstgefilzten Kleidungsstücken und Handtaschen.
Man fühlt sich zurückversetzt in eine Zeit die wir so nie kennengelernt haben. Kurze 30 Jahre reichen da nicht aus. Und doch zieht in Kathmandu immer mehr der Gegensatz ein. Der Lebensstandard für die Masse ist wirklich weit, weit entfernt von dem was wir unter „Wohlstand“ verstehen. So ist es völlig normal, dass Handelsgüter von billigen Arbeitskräften durch die Straßen getragen werden, die Ziege angebunden vor der Mini-Metzgerei auf die Schlachtung wartet und dazwischen ein Mann im Anzug, Gucci Sonnenbrille und neuem Iphone über die ungeteerte Straßen stolpert. Auch wenn dies eher noch selten ist, sieht man doch, dass der Tourismus für einige wenige, besonders in der Geldbörse, Spuren hinterlassen hat.
Wir spazieren langsam weiter und entdecken immer mehr kleinere Innenhöfe die oft von religiösen Stupas (Halbkreisförmige, buddhistische Gebetsstätten) ausgefüllt werden.
Man darf ohne Probleme in diese Innenhöfe eintreten. Gläubige drehen im Uhrzeigersinn ihre Runden um die Stupa und bewegen dabei mit der Rechten Hand die Gebetsmühlen. In Kutten gekleidete Mönche haben die Augen geschlossen, murmeln Mantras und wiegen den Oberkörper leicht im Takt. Immer wieder immer weiter ohne Ende. Der Geruch von Räucherstäbchen und Kerzenöl liegt in der Luft. Jemand tritt vor die Götterstatue und läutet im Takt eine Glocke, dessen Läuten seine Gebete begleitet. Dazwischen spielen Kinder in den Höfen, lachen, kichern und ihre ungeschönte Fröhlichkeit verschmilzt mit den Gebeten der Gläubigen.
Wir stehen abseits und beobachten die Menschen. Plötzlich hat uns eines der Kinder entdeckt, kommt uns sofort begeistert entgegengelaufen, bleibt knapp vor uns stehen, lächelt uns an und begrüßt uns mit einem kichernden „Namaste“ um gleich darauf wieder lachend abzuzischen um schnell weiterzuspielen. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass von den Kindern Nepals etwas Magisches ausgeht. So arm sie auch sind, oft Barfuß unterwegs mit verfilzten Haaren und bescheidener Kleidung, eine gewisse Lebensfreude ist ihnen nicht zu nehmen. Die Fröhlichkeit und Unbeschwertheit die sie verbreiten ist faszinierend. Besonders wenn man sich die vielen tragischen Schicksale vor Augen führt, welche die Kinder in Nepal heute noch ertragen müssen.
Nicht selten werden Kinder aus den armen Dörfern Nepals „Schleppern“ anvertraut welche vorgeben den Kleinen gegen Bezahlung eines kleinen Vermögens eine bessere Zukunft und Ausbildung in Kathmandu zu bieten. Und diese Menschen werden bezahlt, im Vertrauen und guten Glauben an eine bessere Zukunft für die Kinder. Aber dies tritt selten ein. Normalerweise werden diese dann auf der Straße ausgesetzt oder an wohlhabendere Familien als Hausklaven weiterverkauft. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an privaten Hilfsorganisationen in der Stadt, die mit Hilfe von Spenden aus dem Westen diese Kinder in Heimen aufnehmen und wenn es besonders gut läuft ihnen sogar eine Schulausbildung bieten können. Die Regierung selbst ist noch zu schwach um diesen Kindern zu helfen. Die Korruption zu stark, ein soziales Netz nicht vorhanden.
Und besonders deswegen faszinieren diese wunderbaten Kinder umso mehr. Ein paar Eindrücke eingefangen in den Straßen von Kathmandu möchten wir euch unbedingt zeigen:
Frischluft in Nargakot
Nach einigen Tagen Kathmandu hat man das inständige Gefühl man muss raus aus der Stadt. Zu schmutzig ist die Luft, zu viel Trubel, zu groß die Neugier auf das Nepal außerhalb der Großstadt. Ein wenig Freiraum für die Seele. Wir haben uns entschlossen für ein paar Tage nach Nagarkot zu fahren. Ein kleiner Ort nordöstlich von Kathmandu gelegen. Auf 2200 Metern gibt es frische Luft, eine beeindruckende Hügellandschaft mit saftig grünen Reisterassen und einem atemberaubenden Ausblick auf das Kathamndu Valley sowie das Himalaya-Gebirge. Der Touristenbus fährt täglich von Kathmandu direkt in das kleine Bergdorf.
Nach Nagarkot kommt man aber nicht nur zum Ausspannen, der Ort ist für etwas ganz Besonderes bekannt: Der Sonnenaufgang mit Blick auf die höchsten und schönsten Gipfel des Himalaya Massivs! Ja, das ist etwas für uns! Eine kleine Wiedergutmachung für unseren gecancelten Annapurna Trek, den wir aufgrund des tragischen Unfalls der sich wenige Tage vor unserer Anreise ereignet hatte, nicht angetreten sind. Es sind die höchsten Berge der Welt und wir wollen sie unbedingt sehen, wenn auch aus der Ferne.
Der Wecker klingelt. 4:45h. Draußen ist es noch stockdunkel. Wir schlüpfen in unsere wärmsten Klamotten und laufen los. Immer der Straße entlang bis nach ganz oben. Der View Tower ist unser Ziel und verspricht einen 360Grad Rundumblick bei Sonnenaufgang. Wir sind voll Vorfreude. Als wir nach 40min oben ankommen erwacht langsam der Tag. Wir steigen die letzten Treppen hinauf und … WOW!
Uns sind Berge nicht unbekannt, aber dieser Anblick der höchsten Berge der Welt bei Sonnenaufgang raubt selbst uns den Atem. Langsam hebt sich die Sonne und die ersten Strahlen erhellen die Gipfel die sich am Horizont aneinanderreihen. Der Himmel ist nicht ganz ungetrübt, der Anblick aber dennoch einmalig. Einer dieser Momente wo man sich wünscht seine Augen könnten Fotos machen und für immer abspeichern. Wir genießen diesen Augenblick und freuen uns (wieder einmal) über die Schönheit dieses wunderbaren Landes.
Die übrigen Tage verbringen wir entspannt in unserem kleinen Guesthouse in Nagarkot. Der Besitzer ist einfach unglaublich bemüht uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir treffen viele Trekker und es ergeben sich tolle Abende mit super Gesprächen, Nepali Milk Tea und vielen, vielen Veg Mo:Mos. Auch mit unserem Guesthouse Besitzer der uns viel über Nepal, seine Geschichte und seinen Menschen erzählt verbringen wir sehr viel Zeit genießen jede Minute. Wir fühlen uns trotz vieler Herausforderungen sehr wohl in Nepal und sind wirklich froh dieses Land auf unsere Reiseliste gesetzt zu haben! Aber das war noch lange nicht alles! Für die letzten beiden Wochen werden wir ganz in den Osten Nepals nach Ilam reisen. Die Gegend ist bekannt für den tollen Tee welcher dort angebaut wird und genau das wird auch unser Thema. Zwei Wochen Volunteering auf einer Teefarm in Ilam, ganz in der Nähe von Darjeeling. Wir sind gespannt, und ihr hoffentlich auch ;). Namaste, und bist bald!