Als Nagas werden in den asiatischen Mythologien schlangenartige Wesen bezeichnet. Dabei findet man verschiedene Erscheinungen. Manchmal erscheinen sie in vollständiger Schlangengestalt, meist aber werden sie als Wesen mit menschlichem Oberkörper und schlangenartigem Unterleib beschrieben. Besonders beliebt sind jene Schilderungen, wo sie als mehrköpfige Schlangen bzw. mit der mehrköpfigen Schlangenhaube einer Kobra auftauchen.
Nagas haben in Buddhadharma eine bedeutende Funktion. So wurden ihnen die Prajna Paramita Sutras anvertraut und Nagarjuna – der Besieger der Nagas – hat diese dann entdeckt und dargelegt. In den meisten Schilderungen sind sie die Herrscher über die Bodenschätze, über fruchtbare Landstriche und behüten die Flüsse und Seen. Auf Abbildungen sieht man sie daher meist etwas aus dem Wasser ragen und mit einem großen Edelstein in ihren Händen.
In dieser mythologischen Betrachtung der Welt sagt man ihnen auch nach, dass sie hin und wieder ihr Reich verlassen und sich auf der Erde unter die Menschen mischen. In der europäischen Mythologie sind diese Figuren durchaus gut bekannt und werden als Nixen bezeichnet.
Störungen durch Nagas
Grundsätzlich gehören Nagas zum Reich der Tiere. Dabei gibt es zwei Arten von Tieren, von denen eine Art die Menschen quälen kann, die andere Art aber nicht. Haustiere wie beispielsweise Kühe, Hühner etc. lassen den Menschen nicht leiden. Die Nagas hingegen können für Menschen Leiden verursachen. Wenn wir zufällig oder absichtlich Nagas verletzen, dann wird das Krankheit bewirken und Hindernisse schaffen.
Wie können wir nun Nagas verletzen? Ganz einfach indem wir ihren Lebensraum zerstören oder verunreinigen. Wenn Menschen fruchtbare Landstriche, Flüsse, Seen und Gewässer verunreinigen, kann sich das durch Naturkatastrophen, Seuchen etc. zeigen. Beschädigen Menschen durch Grabungen die Behausungen der Nagas, dann äußert sich das durch Erdbeben, Hangrutsch oder ähnliches.
Als Herrscher der Gewässer kommt ihnen ein besonderer Stellenwert zu, da in der analogen Betrachtung des menschlichen Körpers auch das menschliche Flüssigkeitssystem inklusive dem Stoffwechsel regulieren. Ihre archetypische Qualität steht für Feuchtigkeit in der Substanz. Nagas haben mit schleimigen und wässrigen Krankheiten zu tun. Ihr Wirkungsbereich erstreckt sich auf Probleme im Urogenital-Bereich wie auch auf halbseitige Kopfschmerzen. Chronische Gelenksschmerzen, Stoffwechselprobleme, Probleme in Leber und Nieren, bestimmte Augenkrankheiten sowie Hautkrankheiten, Geschwüre und Gewächse sind die klassischen Problemfelder.
Wenn jemand durch Nagas verletzt wird, dann bleibt die betreffende Person krank, ohne dass eine ärztliche Behandlung Heilung bringt. Daher ist es bei den oben genannten chronischen Leiden wichtig, den Nagas mit liebender Güte und Mitgefühl zu begegnen und ihnen entsprechende Opfergaben darzubringen.
Im Allgemeinen können Nagas viele Krankheiten und Hindernisse verursachen. Wir können solche Anzeichen bereits in Träumen wahrnehmen, wenn wir besonders viel von Schlangen träumen oder man kann es auch durch die Befragung eines Orakels feststellen.
Arten der Nagas
Generell gibt es eine Vielzahl an Nagas, aber die acht Naga-Könige sind die Bedeutendsten. Diese sind die acht Machtvollen: 1) Gyalwo; 2) Nyegyalwo; 3) Küngyalwo; 4) Tsuna Rinchen; 5) Thaye; 6) Dhungkyong; 7) Norgye und 8) Zichen. Diese Naga-Könige haben einen menschlichen Oberkörper oder sie sehen oben wie Devas aus und unten werden sie mit schlangenartigem Unterleib beschrieben. Die anderen Arten der Nagas sind Schlangen, aber auch Schildkröten, Fische, Frösche, Schnecken, Würmer etc. werden als eine Art Naga angesehen.
Von den Nagas gibt es zwei Arten – weiße und schwarze. Die schwarzen Nagas werden als die wilden und ungestümen Wesen betrachtet und helfen den Menschen nicht. Hingegen die weißen Nagas helfen den Menschen, ob sie nun Opfergaben bekommen oder nicht, ist egal.
Aufenthaltsorte der Nagas
In den unteren Weltregionen wohnen die verschiedensten Erd- und Wassergeister, die Nagas. Obwohl es eine unendliche Anzahl von ihnen gibt, sind einige wenige wichtig. Acht Naga-Könige fungieren quasi als „Abteilungsleiter“ und ihnen wird geopfert. Sie sind die Könige der Erdgeister der Umgebung. Sie balancieren die Umgebungsenergien und die Oberfläche. Sie herrschen über Nahrungs- und Giftpflanzen. Auch wachen sie über die Heilpflanzen. Eine Anrufung und Befriedung dieser Erdgeister der Umgebung, wird bei Hausbau ebenso verwendet wie um das Wachstum von Pflanzen zu fördern.
Opfergaben an die Nagas
Wenn man also den Nagas Opfergaben darbringt, dann hat man dabei die Absicht, die Verletzung des Nagas bzw. seines Lebensraumes zu heilen. Man bekennt daher das zugefügte Leid und die Störungen, die man verursacht hat.
Als Opfergaben für die Nagas eignen sich besonders Wasser, Milch, Blumen, generell die sogenannten „drei Weißen und die drei Süßen“ – das sind Milch, Butter, Joghurt und Zucker, Honig und Melasse. Zusätzlich kann man noch fünffarbige Stoffe darbringen. Durch diese Opfergaben werden nicht nur Ungleichgewichte ausgeglichen, sondern man fördert Wohlstand und Reichtum, das Aussehen von einem verbessert sich und schließlich erlangt man auch die Verwirklichungen.
In der tantrischen Tradition gibt es drei verschiedene Arten von Naga-Pujas:
1) Lutor: dies ist ein Opferritual, bei dem den Nagas Nahrungsmittel dargebracht werden;
2) Chutor: das ist ein Wasseropfer für die Nagas und
3) Lusang: dabei wird den Nagas Räucherwerk geopfert.
Wenn man von einer massiven Naga-Störung befallen ist, dann sollte das „Ritual des Löwengebrülls“ ausgeführt werden. Dabei wird den Nagas ein himmlischer Palast gemacht und man opfert ihnen am Meer oder zumindest an einem großen Gewässer. Abschließend fordert man sie auf, wieder fortzugehen und bittet sie, für die fühlenden Wesen keine Hindernisse mehr zu erzeugen.
Im nächsten Beitrag erfährt Ihr dann etwas über die Tebs und Doks – die günstigen und ungünstigen Tage für die Opferung an die Nagas. Bleibt also dran!