Um den Stuttgarter Schlossgarten rankt sich so mancher Mythos. Einigen dieser ominösen Gerüchte bin ich nachgegangen. An dieser Stelle sei gleich erwähnt, dass die erste Parklampe leider schon wieder leuchtet, wenn man einmal rum mit Lichter austreten ist. Burning ring of fire oder Teufelskreis – so ist es zumindest kaum möglich, jemandem dort das Licht auszublasen.
Womit wir beim zweiten Gerücht wären: Der Park soll nachts gefährlich sein. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft des SSB, in den dunklen Stunden auch mal die U-Bahn anzuheizen und meiner Vorliebe für Nebenjobs, die erst nach Mitternacht in den Feierabend starten, bin ich des Öfteren im nächtlichen Stuttgart unterwegs. Da der Park die Stadt gekonnt in Ost und West unterteilt (kennen wir das nicht irgendwoher?), komme ich nicht umhin, die gefährlichen Gefilde zu kreuzen.
Einige Zeit lang war das einzig Bemerkenswerte ein ungewöhnlich hohes Aufkommen von Hasen – und das mag allenfalls Alice einen kalten Schauer den Rücken hinunter jagen. Doch irgendwann tauchten zwischen den Langohren vereinzelt Männer auf. Dies ist keine Effekthascherei, sondern tatsächlich wahr. Ich wage mich sogar soweit, von einer empirischen Beweisaufnahme zu reden – schließlich war ich über Monate hinweg nachtnächtlich in König Friedrichs Vorgarten unterwegs.
Dieses Phänomen beobachte ich nun schon wieder – scheinbar ist es saisonal bedingt. Wird es wärmer, kommen die Nachtaktiven aus allen Löchern gekrochen. Nur, was machen sie da? Soweit ich sehen kann, stehen sie einfach nur rum, wie Version 2.0 des Gartenzwergs.
Bisher habe ich aber auch noch nie angehalten und gefragt.
Möglicherweise sind sie Teil der Männermasse, die jedes Frühjahr urplötzlich bei den Schachbrettern auftaucht. Genauso wie die Krokusse, die über Nacht den Rasen überschwemmen. Unmöglich, dass diese plötzlich aufgeploppte Blütenpracht natürlichen Ursprungs ist. Bei den Männern hege ich den Verdacht, dass sie von der Stadt importiert werden, um etwas südliches Flair herzubringen. Doch das erklärt kaum die nächtlichen Aktivitäten. Pflanzen sie gar die Krokusse? Sehen die Heinzelmännchen von heute etwa so aus?
Da wird das Public viewing zum Viewing in public. Ich frage mich, ob es sich hier vielleicht auch nur um die verzweifelten Anpassungsversuche der älteren Generation an die facebook-verseuchte heutige Jugend handelt? Vielleicht wollen sie auch die Öffentlichkeit am eigenen Privatleben teilhaben lassen. Der Park wird zur Social Media-Plattform und der Status lautet ganz eindeutig: “Bin im Park.”
Auch nicht spannender als: “OMG! Anne hat heute supersweet Zac Efron in Stuttgart (wtf?) gesehen. *kreisch”
Bleibt schlussendlich nur noch die Frage zu klären, warum ausschließlich Männer im Park stehen. Und: Will ich die Antwort wirklich wissen?