Mouhanad Khorchide (Foto: Uni MÜnster)
MÜNSTER. (hpd) Die Auseinandersetzungen zwischen den konservativ-orthodoxen Muslimen und den Aleviten sowie liberalen Muslimen haben sich in den letzten Tagen verschärft.Der konservative Koordinationsrat der Muslime (KRM) hat in letzter Zeit den Münsteraner Islamwissenschaftler Khorchide ins Visier genommen, vor allem seit der Veröffentlichung seiner Bücher »Islam ist Barmherzigkeit« und »Scharia - der missverstandene Gott«. Der KRM will den Dozenten, der auch für die Ausbildung islamischer Religionslehrer zuständig ist, von seinem Lehrstuhl entfernen.
In einem von der KRM bestellten »Gutachten« haben vier völlig unbekannte »Islamgelehrte«, die nicht einmal sämtlich Theologen sind, darunter ein »angehender Doktorand« und ein »angehender Islamwissenschaftler« auftragsgemäß festgestellt, dass Khorchide den Koran fehlinterpretiere und dass seine Interpretationen »nicht widerspruchsfrei« und »nicht konsequent« seien. Der KRM lehnt die theologischen Aussagen von Khorchide ab und fordert seine Entlassung.
Dass die Ansichten von Khorchide von renommierten Islam-Gelehrten wie Prof. Dr. Mahmoud Azab, dem Chefberater des Großscheichs der Al-Azhar Universität in Kairo, unterstützt werden, stört die Verbände des KRM nicht. Sie haben lange daran gearbeitet, ihren Einfluss zu stärken und sind kompromissunwillig. Eine »Vielfalt im Islam« steht für sie nicht zur Debatte. Hierauf weist Khorchide hin, nämlich dass eine »Ablehnung der Vielfalt im Islam … ein Verstoß gegen den koranischen Grundsatz (ist), dass Vielfalt von Gott gewollt ist.« Aber eine ernsthafte theologische Auseinandersetzung steht nicht an und ist auch nicht gewollt.
Die Verbände wollen ihren Einfluss und ihre Macht ausbauen und nicht etwa schmälern, indem sie einem Mann Einfluss auf die Ausbildung von Islamlehrern gewähren, der den Glauben nicht als einen Katalog von Regeln ansieht, sondern als eine immer wieder der Zeit anzupassende moralisch-ethische Botschaft. Die Verbände wollen allein bestimmen, welche Auslegung des Islam in Deutschland gelehrt werden darf.