Morgenröte in Auroville

Was für ein Ankommen in Auroville! Der Abflug in Frankfurt hatte sich um zwei Stunden verzögert. Technische Gründe. Auf dem Flughafen von Chennai kamen weitere zwei Stunden Verzögerung hinzu, und zwar weil der indische Staat, vertreten durch einen durchaus adretten und freundlichen Beamten, meinen Swiss-Trac nicht einreisen lassen wollten, ohne ihn sicherheitstechnisch zu untersuchen und durch einen monströsen Scanner zu lassen – bei der Einreise nach Indien notabene und nicht beim Verlad in ein Flugzeug … Der Scannvorgang dauert vielleicht zwanzig Sekunden, die Vorbereitung lange zwei Stunden: Entlang der Hierarchiestufen und in Übereinstimmung mit allen Bestimmungen und wohl auch in Übereinstimmung mit einigen ungeschriebenen Gesetzen muss der zuständige Beamte aufgeboten werden. Unmöglich, eine Stufe zu überspringen! Unmöglich, ein Gesetz zu ignorieren, und sei es noch so ungeschrieben!

Zu dumm nur, dass draussen unser Taxi wartet – wenn es denn noch wartet … Es ist drei Uhr morgens, als wir das Flughafengebäude verlassen. Meinem Swiss-Trac wurde schliesslich die Einreise erlaubt. Und es ist kurz vor dem Morgengrauen, als wir im Sharnga Guesthouse, Auroville, ankommen. Ja, Morgengrauen, nicht Morgenröte erwartet uns in Auroville. Dies ist einem Zyklon zu verdanken, der – allerdings sehr viel weiter nördlich – die Bucht von Bengalen durchkreuzt und feuchte Luft an die südlicher gelegene Küste schaufelt.

Alles ist feucht und etwas klamm, die Luft neblig, aber voller Vogelstimmen. An Schlafen ist nicht zu denken. Zu aufgekratzt bin ich. Zudem lockt mich eine ferne Tempelmusik nach draussen: eine jubilierende Frauenstimme, begleitet von Tablas, allerdings wiedergegeben durch Lautsprecher, die sich überschlagen, dafür die ganze Gegend beschallen. Ich folge dem stimmungsvollen Geplärre und lasse mich unter einem Baum mit Blick auf ein weites offenes Gelände nieder. Ich bin ganz Empfindung, ganz auf Empfang gepolt.

Und für einmal ist es nicht der Himmel, der in Morgenrot getaucht ist, sondern die Erde. Der Himmel ist immer noch grau, und unscheinbar geht hinter einem Palmenhain die Sonne auf, wie eine bleiche Mandarine. Aurovilles Boden hingegen leuchtet rot wie zerbrochener Ziegelstein. Mein Morgenrot für heute.

Morgenröte in Auroville


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